Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Große Namen, wenig Hoffnung
Messi, Vidal, Robben und Alaba könnten die WM verpassen, Wales und Island frohlocken
RAVENSBURG - Neun Monate sind es noch bis zur WM 2018, dem Höhepunkt im Leben eines jeden Fußballers. Für einige der weltweit größten Protagonisten allerdings könnte es schwer werden mit der Teilnahme, zuvorderst für Lionel Messi, der im Barca-Trikot seit einem Jahrzehnt wirbelt und Gegner austanzt wie ein Schmetterling das hohe Gras, im Trikot der Argentinier allerdings zuweilen wirkt, als habe man ihn in einen Käfig gesperrt. Vize-Weltmeister wurden die Argentinier 2014, allerdings mehr aufgrund ihrer kompakten Verteidigung als innovativen Offensivkunst, und weil sie zu wenig Tore schießen, könnten sie bei der nächsten WM in Russland gänzlich fehlen.
Am Dienstagabend beim 1:1 gegen Schlusslicht Venezuela waren die Argentinier klar überlegen, doch wie beim 2:2 im Hinspiel und beim 0:0 fünf Tage zuvor in Uruguay (trotz 73 Prozent Ballbesitz) wurde der Gegner zum Stolperstein für die Albiceleste. Trainer Jorge Sampaoli war bedient. „Wenn du elf glasklare Torchancen hast, keine davon verwertest und der Gegner gleich eine nutzt, macht sich eine gewisse Unruhe breit“, sagte er.
Fünfter der Südamerika-Gruppe sind die Argentinier nun zwei Runden vor Ende, bliebe es dabei, träfen sie über den Umweg Playoffs auf den Ozeanien-Vertreter Neuseeland. Noch allerdings ist nicht aller Tage Abend: Am 5. Oktober trifft der zweimalige Weltmeister auf den punktgleichen Vierten, die Peruaner, am letzten Spieltag tritt er in Ecuador an. Argentinien und seine Stars, der fünfmalige Weltfußballer Messi, Paul Dybala von Juventus Turin und der Pariser Angel di Maria, haben ihr Schicksal also weiter in der eigenen Hand.
Auch die Goldene Generation des Südamerika-Meisters und ConfedCup-Finalisten Chile steckt in der Bredouille. Lediglich Sechster sind die Chilenen, und Symbol ihres Tiefs ist der Münchner Arturo Vidal. Gerade wehrte sich der 30-Jährige bereits einigermaßen beleidigt gegen die Kritik aus der Heimat, die ebbt allerdings nicht ab. Beim 0:1 in Bolivien unterlief dem Mittelfeldmotor wie beim 0:3Debakel vor Tagen gegen Paraguay ums Haar erneut ein Eigentor (17.), dann vergab Vidal kläglich die Führung (40.). Ein Handspiel des ExHamburgers Marcelo Diaz nutzte Juan Acre (59.) per Strafstoß zum Sieg der Bolivianer.
„Entschuldigung für die beiden Niederlagen! Wir haben alles auf dem Feld gegeben, aber es hat nicht gereicht. Es bleiben mir noch zwei Spiele und die WM. Ich bedanke mich bei euch allen für so viel Liebe in den letzten Jahren“, schrieb Vidal unter ein Mannschaftsbild auf Instagram.
Liebes- und Gefühlsentzug, wenn es mal nicht so läuft, das kennt man von den Fans im Fußball, und das erlebt auch Arjen Robben gerade mit seinen Niederländern. Lediglich Dritter sind sie in ihrer Europagruppe, die restlichen Partien in Weißrussland und gegen die Schweden (die dann aufgrund des direkten Duells überholt würden) müssten gewonnen werden, wollen die Holländer noch in die Playoffs.
Auch ein dritter Bayer hat gerade diverse Probleme, den nächsten beruflichen Lebenstraum zu verwirklichen: Münchens Linksverteidiger David Alaba. Nun gut, könnte man sagen, der ist halt Österreicher, wäre er Skifahrer geworden, dürfte er auch zu einer WM. Allerdings hatten die Österreicher vor der EM noch einen mächtigen Lauf. Für 2018 und Russland stehen die Chancen spätestens nach dem 1:1 gegen Georgien nach 0:1-Rückstand miserabel. Gegen Serbien und in Moldawien bräuchte Austria eigene Siege und derart viel Schützenhilfe, dass selbst geübte Stochastiker berechtigte Zweifel haben.
Gylfi Sigurdsson trifft
Trainer Marcel Koller wird die Krise wohl den Job kosten. „Es zieht sich wie ein roter Faden durch diese Qualifikation. Wir machen einfach zu wenig Tore. Ich möchte nicht direkt nach dem Spiel über meine Zukunft sprechen. Ich möchte ein wenig Abstand gewinnen“, sagte Koller. Alaba, zweimal Österreichs Sportler des Jahres, zeigte im zentralen Mittelfeld eine eher verbesserungswürdige Leistung, ehe der 25-Jährige in der 38. Minute beim Stand von 0:1 wegen einer Verletzung am linken Sprunggelenk ausgewechselt wurde.
Profiteure könnten die Waliser um Real-Star Gareth Bale werden. Nach dem 2:0-Sieg in Moldawien stehen die Chancen ganz gut, dass der überraschendste EM-Halbfinalist aller Zeiten auch am Ende hinter Serbien Rang zwei belegt und zumindest in die Playoffs einzieht. Noch bessere Aussichten hat der überraschendste EM-Viertelfinalist aller Zeiten. Die Nordmänner aus Island sind seit Dienstagabend Spitzenreiter in der extrem ausgeglichenen Gruppe I, Garant ihres 2:0Siegs über die Ukraine war der ExHoffenheimer Gylfi Sigurdsson mit zwei Treffern. Der 27-Jährige wechselte gerade für 50 Millionen Euro von Swansea zum FC Everton.
Wenn die großen Namen nicht wollen, finden sich offenbar auch neue, die zur Fußball-WM wollen.