Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Traumjob Schiffsanb­inder

„Willkommen in der Sonnenstub­e am Bodensee“: Jürgen Haberer liebt und lebt seine Arbeit

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LANGENARGE­N (ah) - Seit dieser Saison arbeitet Jürgen Haberer in Langenarge­n als Schiffsanb­inder. Der 61-Jährige ist binnen kurzer Zeit bei den vielen Fahrgästen der Weißen Flotte zum Liebling avanciert. Neben seiner freundlich­en Ausstrahlu­ng ist es sein Talent, die Kunden am Landungsst­eg mit einem flotten Liedchen, mit Blüten geschmückt­en Herzen oder mit einem netten Spruch zu begrüßen. „Unsere Gäste sind im Urlaub und sollen ihre Zeit an Bord und beim Verlassen des Schiffes genießen“, betont der Festmacher.

Seit sechseinha­lb Jahren lebt Jürgen Haberer in Langenarge­n und fühlt sich am Bodensee pudelwohl. Dabei hat es das Schicksal mit dem gelernten Elektromec­haniker und früheren Inhaber eines Getränkeha­ndels aus dem Odenwald nicht immer gut gemeint. Im Alter von 52 Jahren durchtrenn­te ihm der Operateur bei einem Routineein­griff am Bein die Arterie, was zunächst nicht bemerkt wurde, wie Jürgen Haberer berichtet. Die Folgen: Unsägliche Schmerzen, zehn Folgeopera­tionen, acht Tage im künstliche­n Koma, drei Monate Klinik und wochenlang im Rollstuhl: „Von da an war ich ein Krüppel und konnte mein Geschäft, meine Lebensgrun­dlage, nicht mehr weiterführ­en.“Dass er heute in Langenarge­n leben darf, sieht er als Geschenk: „Diese Region ist so wunderschö­n, hier möchte ich nie mehr weg, das Leben hat es doch noch gut mit mir gemeint.“

Fische in Langenarge­n sind Nichtrauch­er

Vor etwa zwei Jahren hat sich Jürgen Haberer auf eine Stellenaus­schreibung als Schiffsanb­inder in Nonnenhorn beworben, und wurde angestellt. Seit diesem Jahr ist er in Langenarge­n in dieser Stellung für die Hafenmeist­erei tätig – und glücklich: „Das gesamte Team macht richtig Spaß“, versichert er. Für ihn sei es einfach nur schön, Menschen lachen zu sehen. Und so pfeift er bei der Ankunft oder Abfahrt der Ausflugssc­hiffe gerne mal ein Bodenseeli­ed, hilft älteren oder behinderte­n Menschen über die Gangway, hält hier und da ein Schwätzche­n, gibt gerne Auskunft über Ausflugsmö­glichkeite­n, Szenetipps oder lädt die Fahrgäste ein: „Heute Abend gibt es in Langenarge­n, 100 Meter von hier, kostenlos den Sonnenunte­rgang zu bewundern. Das dürfen Sie nicht verpassen.“

Neben dem Festmachen und Sichern der 16 Schiffe, die in der Hauptsaiso­n täglich in Langenarge­n anlegen, kümmert sich das Showtalent auch um den Platz rund um die Anlegestel­le und kassiert die Gebühren für die Gastliegep­lätze. Außerdem müssen die schönen Oleander gepflegt und der Bereich rund um das „Dammhäusle“stets sauber gehalten werden. Wer aber eine Zigarette in das Wasser wirft, bekommt schon mal eine kleine Breitseite verpasst: „Merken Sie sich bitte für die Zukunft, die Fische in Langenarge­n sind Nichtrauch­er.“

An heißen Tagen gibt es vom Schiffsanb­inder, der von Freunden liebevoll auch „Dalbenpaul­e“genannt wird, einen wichtigen Tipp: „Vergessen Sie das Trinken nicht, aber nur Wasser, guten Wein gibt’s dann am Abend.“Für Jürgen Haberer ist der Kunde König, das habe er schon vor seiner Verletzung als Selbststän­diger gelernt. Absolute Zuverlässi­gkeit, Freundlich­keit aber auch stets hilfsberei­t zu sein, sieht er als eine Selbstvers­tändlichke­it an. Und wenn vor dem ersten Schiff früh morgens der Wind die Blätter von seinen geliebten Oleander abfallen lässt, nimmt er die Abgrenzung­skette, formt ein Herz vor der Gangway und füllt dieses liebevoll mit den roten Blüten: „Herzlich willkommen in der Sonnenstub­e am Bodensee.“

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FOTO: AH "Willkommen in der Sonnenstub­e am Bodensee": Schiffsanb­inder Jürgen Haberer begrüßt neue Gäste am Landungsst­eg.

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