Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Hubert Gaupp – ein hellwacher Künstler
Die Geburtstagsausstellung zum Achtzigsten findet im Heilig Geist Spital in Ravensburg statt
MECKENBEUREN - Und schon ist er achtzig geworden, Hubert Gaupp, der Architekt und Künstler. Seit 2007, seit der Übergabe des Architekturbüros Jauss+Gaupp an seinen Sohn Tobias und an Philip Jauss, den Sohn seines verstorbenen Partners Gunther Jauss, ist er nur noch Künstler - und Philosoph. Hellwach, geistig kein bisschen müde, aufgeschlossen für die neueste Technik, sofern sie ihm nützt.
Zusammen mit Gunther Jauss hat er gebaut, das Gesicht der Region entscheidend geprägt. Angefangen mit dem Klinikum, dem Landratsamt, dem Berufsschulzentrum und dem Zeppelin-Museum in Friedrichshafen über Krankenhäuser in Weingarten, Tettnang und Leutkirch bis zu seinem letzten Projekt, dem Umbau des Heilig Geist Spitals, des ehemaligen Krankenhauses in Ravensburg. Dort wird ab 29. September die große Ausstellung zu seinem Geburtstag, den er heute feiert, stattfinden und den Umbau künstlerisch dokumentieren. In dem Haus, das
fast jeder Ravensburger aus eigener Erfahrung kennt, dem Haus, in dem viele geboren sind. Gaupp erzählt spannend von der Geschichte des Spitals, das sich die reiche Handelsstadt Ravensburg leisten konnte.
Geschichte, Philosophie und Religion berühren ihn. Anlässlich des Konstanzer Konzilsjubiläums hat er sich wieder damit auseinandergesetzt. Seine 22 Farbholzschnitte zum Konzil, „in Pappelholz geschnittene Unikate“, waren im August im Kulturschuppen am Gleis 1 zu sehen. Dazu Federzeichnungen zu dem Grundsatztext, den Pfarrerin Christiane Kohler-Weiß für die Evangelische Landeskirche in Württemberg erarbeitet hat. Aktuell, und auch in Ravensburg zu sehen, sind pointierte Aphorismen, die auf direkte oder hintergründige Weise Stellung beziehen, so wie ein mündiger Bürger es in einer Demokratie eigentlich tun sollte. „qualität kommt nicht von qual, aber sie beginnt damit“, steht in markanter Schrift in Kleinbuchstaben über einem grafisch gestalteten Hintergrund, auf dem Zeilen aus lauter kleinen „Q“s übereinanderliegen. Gaupp liebt das Spiel mit Schriften, er nähert sich ihnen an, spielerisch vielleicht und doch ernsthaft. Er sucht, wie er seine Aussage am besten verpacken kann. Das ist eine seiner Seiten. Andere sind beispielsweise Holzskulpturen oder Objekte in Lasertechnik.
Zu bewundern sind auch die Buntstiftzeichnungen, die ausgestellt waren in der Galerie „gaupps art“, für die 2016, nach fünf Jahren, leider Schluss war. Mit 468 Arbeiten von 1960 bis 2016 aus dem Archiv war dort in der letzten Ausstellung die ganze Bandbreite seines Schaffens ausgebreitet, darunter auch Zeichnungen mit Tusche oder Draht.
Hirnschmalz als „Schmiermittel
Gaupp ist Zeichner, Grafiker. Vor einigen Jahren hat er das Tablet für sich entdeckt. Er fotografiert damit, er schreibt darauf, er legt verschiedene Ebenen übereinander. Faszinierend, so wie seine pointierte Aussage über Hirnschmalz als „Schmiermittel, um Denkprozesse ‚reibungslos’ zu ermöglichen“. Das ist Philosophie. Er hat die Aphorismen selbst in einem kleinen Bändchen zusammengefasst.
Natürlich fällt dem Achtzigjährigen das Gehen nicht mehr so leicht, er verrät auch, dass man ihm mehr Bewegung verordnet habe. Sein Geist ist dafür umso beweglicher. Viele Junge können da nicht mithalten, sondern allenfalls hinterherhecheln.