Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Sie hilft unbürokratisch dort, wo es nötig ist
Die Häflerin Traudel Mara Günther engagiert sich gemeinsam mit ihrer Tochter für „Sinai Desert Kids“in Dahab
FRIEDRICHSHAFEN - Von der Einzelhandelskauffrau zur Heilerziehungspflegerin bei der Stiftung Liebenau zur Leiterin des Jugendzentrums Molke in Friedrichshafen: Traudel Mara Günther – im Ausland wegen der einfacheren Aussprache eher als Mara bekannt – hat ein buntes Berufsleben vorzuweisen. Doch das ist lange nicht alles, was es über sie zu berichten gäbe. Während ihrer hauptamtlichen Tätigkeit als MolkeLeiterin gründete sie ehrenamtlich den Verein „namibiakids“, der bis heute mit seinen rund 70 Mitgliedern junge Menschen in Namibia unterstützt. Ihren Vorstandsposten legte sie 2012 nieder und verließ den Verein krankheitsbedingt.
Ihre Tochter, Tina Porepp, war zu der Zeit bereits seit sechs Jahren – mit Unterbrechungen – in Dahab im Sinai zu Hause.
Günther reiste zu ihr, um sich zu erholen, eigentlich nur zu Besuch. Aus geplanten vier Wochen wurden acht, schon bald folgte ihre nächste Reise – und auch sie blieb. „Entweder man hasst es oder Dahab lässt einen nicht mehr los“, sind sich die beiden einig.
Und dann entstand „Sinai Desert Kids“(SDK): „Ich habe erfahren, dass Kleiderspenden benötigt werden, und habe mich aufgemacht. Als ich mit zwei vollen Tüten unterwegs war, hielt neben mir das Auto von Mo, der zuvor mein Wüstenführer war“, erinnert sich Günther. Er habe sie auf die vielen Kleider angesprochen und erstaunt von der Spendenaktion erfahren. Dann habe er sie wissen lassen, dass er ihr einen Ort zeigen könne, an dem die Menschen wirklich dringend Hilfe benötigten und sie mit in das Wüstendorf genommen, für das sie sich bis heute engagiert.
Dort habe sie dann zunächst angefangen, die Kinder mit Kleidung und alle mit Lebensmitteln zu versorgen. Doch schnell sei klar geworden, dass Medizin noch dringender benötigt werde. „Fast jedes Kind dort hat zerschnittene Füße, oft entzündet sich etwas“, beschreibt sie. Ein Apotheker in Dahab habe sich dann zu Rabatten bereit erklärt und ihr außerdem für jedes Leiden die passende Medizin genannt. Auch sonst sei die Unterstützung der besser situierten Bevölkerung bis heute sehr groß.
„Ich halte das ganz transparent“
Jetzt, da die beiden zurück in Deutschland sind, liegt die Fortführung der Arbeit in den Händen dreier Vertrauenspersonen aus dem Kreis der Beduinen selbst – unter ihnen Mo, der den Anstoß zum Projekt gab. Mit einer gespendeten Kamera werde die Arbeit dokumentiert, ergänzt Günther. Und überhaupt: „Man kann mich alles fragen. Ich halte das ganz transparent.“So unbürokratisch wie möglich solle SDK bleiben, daher sei aus dem Projekt auch nie ein Verein geworden.
Ein bisschen Sinai ist mit nach Friedrichshafen gekommen: Im Laden „mut“im Hinterhof des „Bio am See“an der Metzstraße können von Beduininnen geknüpfte Freundschaftsbändchen erworben werden. Zwei Drittel gehen an SDK, ein Drittel direkt an ihre Macherinnen. Denn auch die Frauen, die kunstvollen Schmuck herstellen, haben kaum mehr Einnahmen, seit die Touristen der Wüste fern bleiben. Durch neue Regelungen ist es nicht mehr möglich, spontan eine Wüstentour zu machen – so ist etwa nur ein ganz bestimmter Autotyp zugelassen, den einige Wüstenführer sich erst anmieten müssen – und viele Reisende verzichten deshalb auf eine solche Tour.