Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Hinter vorgehalte­ner Hand wird mit weiteren Abgängen gerechnet

Parteivors­itzende Petry kündigt Austritt aus der AfD an – Alexander Gauland und Alice Weidel zu Fraktionsv­orsitzende­n gewählt

- Von Rasmus Buchsteine­r

BERLIN - Ihr Platz bleibt leer. Auf der Anwesenhei­tsliste am Eingang fehlt ihr Name. Während in Berlin erstmals die neue AfD-Fraktion zusammenko­mmt, schafft Frauke Petry in Dresden Klarheit. „Klar ist, dass dieser Schritt erfolgen wird“, bestätigt die Parteivors­itzende, dass sie aus der AfD austreten werde. Sie begründet den Austritt mit der „Radikalisi­erung“in der Partei. Nur den Termin lässt die 42-Jährige offen. Zeitgleich kündigt ihr Ehemann Marcus Pretzell, bislang Fraktions- und Parteichef der AfD in Nordrhein-Westfalen, ebenfalls seinen Parteiaust­ritt an und begründet dies mit einer „pessimisti­schen Einschätzu­ng über den Zustand der Partei“.

Die Nachrichte­n aus Dresden und Düsseldorf platzen in Berlin mitten in die konstituie­rende Sitzung der Bundestags­fraktion der Rechtspopu­listen. Kaum einer, der dem Duo Petry/ Pretzell nachtrauer­n würde.

Die meisten machen einen Bogen um die Kamerateam­s und Reporter, die vor den Türen des „Großen Anhörungss­aals“ warten, in dem die AfD vorübergeh­end Quartier bezogen hat. Außer Petry sind alle gewählten AfDAbgeord­neten anwesend. Aufatmen bei Alexander Gauland und Alice Weidel, die künftig gemeinsam die Fraktion führen werden. Das Spitzenduo erhielt 80 von 93 Stimmen.

Auf den Gängen vor dem Sitzungssa­al, wo die Abgeordnet­en ihr „Starter-Kid“für den Bundestag mit Sitzungska­lender, Parlaments­ausweis und BahnCard erhalten, ist der Eklat um Petry das Topthema. Nicht einmal einen Tag habe Petry der AfD Zeit gegeben, ihren Wahlerfolg zu genießen, so eine verbreitet­e Sichtweise.

Holm geht auf Distanz

„Das war ein Rohrkrepie­rer“, distanzier­t sich Leif-Erik Holm, AfD-Chef aus Mecklenbur­g-Vorpommern, von Petrys Vorgehen. Holm zählte lange zu den Unterstütz­ern der Parteivors­itzenden, unterzeich­nete auch ihren „Zukunftsan­trag“, mit dem sie beim Parteitag in Köln gescheiter­t war.

Hinter vorgehalte­ner Hand wird damit gerechnet, dass sich in den nächsten Tagen und Wochen durchaus noch weitere Mitglieder aus der Fraktion verabschie­den könnten. Aber eine Massenbewe­gung wird nicht erwartet. Die Abgeordnet­en aus Petrys politische­r Heimat Sachsen zählen eher zum ultrarecht­en Flügel der Partei, zu den Anhängern des umstritten­en Björn Höcke.

„Ich bin dankbar, dass sie diesen Weg gegangen ist“, reagiert Gauland am Abend auf Petrys angekündig­ten Parteiaust­ritt und zeigt sich zufrieden, dass dadurch ein Ausschluss­verfahren vermieden werden könne.

Wie die AfD nach den aggressive­n Wahlkampft­önen nun im Parlament auftreten werde, wird Gauland draußen vor den Kameras gefragt. „Der Wahlkampf ist zu Ende. Wir wissen, dass wir eine große Verantwort­ung haben“, antwortet der 76-Jährige und verzichtet auf scharfe Formulieru­ngen. Die Sprache im Wahlkampf sei eine andere als im Parlament.

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FOTO: DPA Raus aus der AfD: Frauke Petry, Ehemann Marcus Pretzell.

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