Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Höchste Zeit, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen“
BERLIN - Vor einer möglichen Jamaika-Koalition positioniert sich die FDP. Im Gespräch mit Tobias Schmidt rät der FDP-Bundestagsabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff der CSU in der Flüchtlingsfrage, sich nicht auf eine Obergrenze festzulegen, die „vom Bundesverfassungsgericht wieder kassiert werden würde“.
In Berlin beginnen die schwierigen Gespräche für eine Regierungsbildung. Was sind für die FDP die Kernbedingungen?
Wir sollten jetzt nicht in Interviews Hürden errichten, die dann die Debatte abwürgen. Unsere Schwerpunkte sind bekannt: konsequente Digitalisierung, ehrgeizige Bildungspolitik und spürbare Steuerentlastungen. 27 Jahre nach der Wiedervereinigung ist es höchste Zeit, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen.
Die CSU will ein Stück nach rechts rücken, die Forderung nach der Obergrenze für Flüchtlinge durchsetzen. Ist das mit der FDP zu machen?
Die CSU kann gerne eine Obergrenze in ihre Papiere schreiben und diese Bayernplan nennen. Der Deutschlandplan ist das Grundgesetz und das wird von Karlsruhe überwacht. Ich rate der CSU, sich nicht auf ein Ziel festzulegen, das vom Bundesverfassungsgericht wieder kassiert werden würde. Ich selbst lehne eine Obergrenze aus Gründen der Humanität ab. Wenn Menschen politisch verfolgt werden, genießen sie Asylrecht. Viel wichtiger ist es, legale Wege der Einwanderung zu schaffen, um den verbreiteten Missbrauch des Asylrechts zu stoppen.
Die AfD zieht als drittstärkste Partei in den Bundestag ein. Sollten die übrigen Parteien gemeinsam vereinbaren, nicht auf jede Provokation zu reagieren?
Wir dürfen nicht bei jedem Rülpser der AfD in Hysterie verfallen. Die Erfahrungen mit Rechtsextremen im EU-Parlament lehren: Wichtig ist, die Geschäftsordnung korrekt anzuwenden, damit sich die Populisten nicht als Märtyrer in Szene setzen können. Aber wenn rassistische, volksverhetzende oder beleidigende Aussagen getroffen werden, können Sanktionen gegen die Abgeordneten verhängt werden. Das reicht völlig aus. Absprachen unter den übrigen Parteien halte ich nicht für notwendig.