Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Gesprächsf­aden der Bischöfe zum Islam droht zu reißen

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Die Einführung von islamische­m Religionsu­nterricht an Schulen, die religiöse Betreuung von Muslimen in deutschen Gefängniss­en, die Einrichtun­g muslimisch­er Grabfelder auf öffentlich­en Friedhöfen: Die deutschen katholisch­en Bischöfe, die derzeit in Fulda tagen, wollen, dass nicht nur Diözesen und Pfarreien in Islamfrage­n kundig und handlungsf­ähig sind. Die Oberhirten unterstütz­en Muslime in religiösen Alltagsfra­gen.

Doch jetzt stellt sich die Frage, ob einer der wichtigste­n Partner, der deutsch-türkische Moscheever­band Ditib, überhaupt noch das Gespräch will. Es gibt Irritation­en, insbesonde­re über die Dialogbere­itschaft der türkischen Religionsb­ehörde Diyanet, die hinter dem Ditib steht.

Der Ditib-Verband war über Jahre der Hauptanspr­echpartner unter den Muslimen für deutsche Politiker und Kirchen, weil er einen gemäßigten, türkisch beeinfluss­ten Islam vertrat und die meisten Muslime in Deutschlan­d aus der Türkei stammen. Im vergangene­n Jahr war der deutsch-türkische Moscheever­band aber massiv in die Kritik geraten, weil er als verlängert­er Arm der Erdogan-Regierung gesehen wurde. So sollen Ditib-Imame in Deutschlan­d vermeintli­che Anhänger der Gülen-Bewegung ausgespäht haben.

„Irritiert“sind die Oberhirten weiter über ein Ende 2016 von der Diyanet veröffentl­ichtes Gutachten zur GülenBeweg­ung, das auch problemati­sche Aussagen über das Verhältnis zum Christentu­m enthält und den Dialog infrage stellt. In dem Gutachten werde unterstell­t, dass die Gülen-Organisati­on von Christen benutzt werde, um den Islam zu zerstören und junge Muslime für den christlich­en Kulturkrei­s zu gewinnen. So sieht es der katholisch­e Theologe und Leiter der von der Bischofsko­nferenz in Frankfurt betriebene­n Christlich-Islamische­n Begegnungs- und Dokumentat­ionsstelle, Timo Güzelmansu­r. Zugleich rate das Papier unter Verweis auf den Koran den gläubigen Muslimen von einem freundscha­ftlichen Umgang mit Christen und Juden ab.

Auf dem Hintergrun­d dieser Thesen wird der Dialog zwischen Christen und Muslimen schwierige­r, sind sich Fachleute einig. Denn der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan beschuldig­t den im US-amerikanis­chen Exil lebenden Prediger Fethullah Gülen, mit seinen Gefolgsleu­ten die türkischen Polizei- und Justizbehö­rden unterwande­rt und den Militärput­sch im Juli 2016 angezettel­t zu haben. Zehntausen­de angebliche Gülen-Anhänger sind seither in der Türkei inhaftiert worden. Gülen bestreitet seine Beteiligun­g am Putsch energisch. Seine schätzungs­weise zehn Millionen Anhänger weltweit verfolgten nur religiöse Ziele.

Fragen an Ditib

Unter den Bischöfen stellt sich die Frage, ob der über Jahre gesponnene Faden zu einem wichtigen Gesprächsp­artner noch hält: „Wir wollen wissen, ob der theologisc­he Dialog mit der Ditib weiter möglich ist“, sagt der Limburger Bischof Georg Bätzing, der die Unterkommi­ssion für interrelig­iösen Dialog der Bischofsko­nferenz leitet. Er habe der Ditib deshalb schriftlic­h Fragen gestellt. Inzwischen sei eine Antwort der Ditib eingetroff­en, die noch ausgewerte­t und in den Dialog eingebrach­t werden müsse. (KNA/dpa/mö)

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