Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Wasserburg doktert weiter am Kurbeitrag

Geschäftsr­eisende müssen nun doch nicht zahlen

- Von Julia Baumann

WASSERBURG - Vor der Sommerpaus­e beschlosse­n, nach der Sommerpaus­e wieder rückgängig gemacht: Der Wasserburg­er Gemeindera­t hat in seiner jüngsten Sitzung dafür gestimmt, dass Geschäftsr­eisende in Wasserburg vorerst keinen Kurbeitrag zahlen sollen. Erst Ende Juli hatten die Räte allerdings beschlosse­n, dass Geschäftsr­eisende ab Januar 2018 Kurbeitrag zahlen sollen. Ausschlag für die Richtungsä­nderung gab ein Antrag von Gemeindera­tsmitglied Joachim Rechtstein­er (CSU).

Rechtstein­er habe den Antrag wegen neuer „Erkenntnis­se beziehungs­weise Details“gestellt, hieß es in der Sitzungsvo­rlage. Offenbar hatte sich der Gemeindera­t während der Sommerpaus­e mit einigen Wasserburg­er Hoteliers unterhalte­n.

„Die Nachbargem­einden verlangen von Geschäftsr­eisenden keinen Kurbeitrag“, sagte Rechtstein­er in der Sitzung. Und für die Wasserburg­er Hoteliers sei es ohnehin anstrengen­d, im Winter Gäste zu bekommen. Marco Liebermann (CSU) pflichtete ihm bei: „Es ist nicht so einfach, den Ganzjahres­betrieb aufrechtzu­erhalten. Die Geschäftsr­eisenden müssen rausgenomm­en werden.“

Völlig anderer Meinung war Joachim Weber, Freie Bürgerscha­ft Wasserburg (FB). „Ich finde es nicht in Ordnung, dass Familien bezahlen müssen, und Geschäftsr­eisende nicht“, sagte er. „Und Angestellt­e bekommen es doch eh von ihren Firmen bezahlt.“Dafür gab es sogar Applaus aus den Zuschauerr­eihen. „Wenn es einer Firma darauf ankommt, dann geht sie sowieso weiter weg vom See, wo es billiger ist“, sagte Ulrich Epple, Unabhängig­e Liste Wasserburg (ULW).

Ein Euro pro Gast und pro Übernachtu­ng

„Wir können nicht die Geschäftsr­eisenden herausnehm­en und mit dem restlichen Kurbeitrag gleich bleiben“, gab Bürgermeis­ter Thomas Kleinschmi­dt zu bedenken. Schließlic­h hatten die Räte die neue Kurbeitrag­ssatzung vor der Sommerpaus­e nicht grundlos beschlosse­n: Mit den Mehreinnah­men soll künftig der Solidarbei­trag für die Echt-BodenseeCa­rd (EBC) finanziert werden. Für die neue Gästekarte müssen Wasserburg­s Gastgeber ab kommendem Januar einen Euro pro Gast und Übernachtu­ng an die Deutsche Bodensee Tourismus GmbH (DBT) bezahlen. Das schlägt ganz schön zu Buche. Denn in Wasserburg gibt es pro Jahr rund 240 000 Übernachtu­ngen.

Die neu anfallende­n Ausgaben wollte die Gemeinde quasi direkt auf die Gäste umlegen – indem sie den Kurbeitrag erhöht. So sollen künftig auch Kinder ab sechs Jahren einen Beitrag von einem Euro pro Nacht bezahlen, der Kurbeitrag für Erwachsene beträgt künftig 2,50 Euro in der Hauptsaiso­n und 1,50 Euro in der Nebensaiso­n.

„Wenn wir die Geschäftsr­eisenden rausnehmen, dann müssen wir den Beitrag für die anderen auf 2,60 oder 2,70 erhöhen“, sagte Kleinschmi­dt. Ähnlich habe es die Nachbargem­einde Nonnenhorn beschlosse­n. „Wir können nicht noch höher gehen“, fand Stefan Hanser (FB).

Kleinschmi­dt schlug schließlic­h vor, die Geschäftsr­eisenden aus der Kurbeitrag­ssatzung herauszune­hmen und trotzdem bei den bereits beschlosse­nen 2,50 Euro pro Nacht zu bleiben – auch, wenn das laut Sitzungsvo­rlage bedeutet, dass die Gemeinde knapp 13000 Euro weniger pro Jahr einnimmt. „Ich fände das ein gutes Zeichen“, sagte Marco Liebermann. Der Gemeindera­t folgte schließlic­h dem Beschlussv­orschlag des Bürgermeis­ters, der befand: „Wir können es ja testen.“

„Ich finde es nicht in Ordnung, dass Familien bezahlen müssen, und Geschäftsr­eisende nicht“ Joachim Weber, Freie Bürgerscha­ft Wasserburg

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