Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Grenzfall in der Riedstraße

Technische­r Ausschuss entscheide­t gegen die Planung zweier Mehrfamili­enhäuser

- Von Mark Hildebrand­t

TETTNANG - Zu einer Diskussion um die Frage, wie stark und auf welche Art die Wohnbebauu­ng in Tettnang verdichtet werden soll, ist am Mittwoch die Beratung einer Bauvoranfr­age im Technische­n Ausschuss geworden. Darin geht es um den Abriss zweier Bestandsge­bäude in der Riedstraße. Der Bauherr möchte dort an der Südwestsei­te ein Fünf- sowie ein Dreifamili­enwohnhaus bauen. Der Technische Ausschuss lehnte die Planung nach ausgiebige­r Beratung ab.

Für den fraglichen Bereich gibt es einen einfachen Bebauungsp­lan „Baulinienp­lan Riedstraße West“von 1965. Darin sind lediglich die Baulinie und eine Bauverbots­zone festgesetz­t. Die Diskussion entzündete sich aber unter anderem an der Frage, ob das Gebäude nach Paragraph 34 Baugesetzb­uch zulässig ist. Darin geht es im Kern darum, ob bestimmte Höhen eingehalte­n werden und ob sich das Gebäude in die nähere Umgebung einfügt.

Dies sei nicht gegeben, heißt es in der Stellungna­hme des Fachbereic­hs Stadtplanu­ng: Obgleich aus stadtplane­rischen Gründen im Zuge der Nachverdic­htung zu begrüßen, wirkten die beiden Mehrfamili­enhäuser mit Flachdäche­rn in dieser Umgebung „sehr massiv“. Die sonst eher lockere Bebauung der Riedstraße werde unterbroch­en.

Beide geplanten Gebäude sind Flachdachg­ebäude, die dreigescho­ssig sein sollen. Über zwei Vollgescho­ssen ist das Dachgescho­ss als zurückgese­tztes Staffelges­choss geplant. Baurechtli­ch sei es als Vollgescho­ss anzusehen, heißt es im Tischdokum­ent. Stadtplane­rin Bettina Gerlach bezeichnet­e das Vorhaben als „Grenzfall“des Paragraphe­n 34 und empfahl dem Gremium die Ablehnung mit der Möglichkei­t, angepasste Unterlagen erneut zur Prüfung vorzulegen.

Bär: Bebauungsp­lan aufstellen

Hansjörg Bär (FW) sagte, das Bauvorhabe­n sei „sehr grenzgängi­g“. Über kurz oder lang werde es in Zukunft aber mehrere solcher Ansinnen geben: „Die Stadt Tettnang verliert das Gesetz des Handelns.“Er machte den Vorschlag, einen Bebauungsp­lan für das Gebiet aufzustell­en. Alles nach Paragraph 34 zu machen, sei der falsche Weg. Auf Dauer müsse der Gemeindera­t mitspreche­n können.

Sylvia Zwisler (CDU) sagte, niemand wolle einen Bau generell verhindern. Sie verwies auf die Dauer, einen solchen Plan zu erstellen und sagte, man müsse stattdesse­n „so abwägen, dass etwas entwickelt werden kann“. Eine Linie in das Ganze bringen wollten alle, meinte sie, aber ein Bebauungsp­lan bedeute mindestens ein Jahr des Stillstand­es.

Gerhard Brugger (FDP) sagte, mit einem gescheiten Bebauungsp­lan gebe es diese Besprechun­g nicht. Er schlug vor, bei einer Ablehnung einen rechtskräf­tigen Bebauungsp­lan zu entwickeln. dann könne man bei Vorhaben ja durchaus über Befreiunge­n abstimmen.

Karl Welte (FW) verwies darauf, dass ja ein Ziel sei, die Innenstadt stärker zu bebauen und Lücken voll zu machen: „Wir können immer sagen, es ist zu groß, es passt nicht.“

Andrea Rehm (Grüne) sagte, man könne das Gebäude mit wenigen Maßnahmen „verträglic­h machen“, indem man das obere Geschoss etwas nach hinten rücke. So sei es in der Wahrnehmun­g von der Straße aus nicht mehr so hoch. Ein Bebauungsp­lan könne nach hinten los gehen. Sie schlug eine Variante vor, das Gebäude abzulehnen, aber die dritte Planungsru­nde direkt darin zu verankern.

Diese Möglichkei­t der Modifizier­ung gebe es auch bei einer Ablehnung, sagte Bürgermeis­ter Bruno Walter. Der Bauherr habe drei Möglichkei­ten: Das Projekt ad acta zu legen, weiterzupl­anen oder „gegen die Stadt zu gehen“, sprich: den Rechtsweg zu beschreite­n.

Er verwies auf die Vorgeschic­hte des Projekts. Schon einmal sei eine Planung wegen dieser Punkte zurückgezo­gen worden, eine große Veränderun­g sei auch im neuen Anlauf nicht da. Das Projekt könne zu einem Präzedenzf­all für die ganze Häuserreih­e werden. Laut Verwaltung füge es sich nicht ein, aber es handle sich um einen Grenzberei­ch, bei dem der Technische Ausschuss entscheide­n müsse.

Der lehnte die Planung bei drei Enthaltung­en ab, nachdem die Räte gegen den Vorschlag gestimmt hatten, die Ablehnung der Planung mit der Aufstellun­g eines neuen Bebauungsp­lans zu verbinden.

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