Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Vom Kinderchor auf die Seebühne
Die Kressbronnerin Veronika Vetter war im Chor der Bregenzer Festspiele dabei – auch bei Regen wird gespielt
KRESSBRONN - Einmal zwischen den riesigen Händen mit den überdimensionalen Spielkarten auf dem Bodensee stehen – davon träumen wohl viele. Rund einen Monat lang war die Seebühne in Bregenz der Arbeitsplatz von Veronika Vetter. Als Sängerin im Chor wirkte die Kressbronnerin diesem Sommer in der Oper „Carmen“bei den Bregenzer Festspielen mit.
Dass sie einmal Sängerin werden möchte, sei ihr schon früh klar gewesen, erzählt sie – kein Wunder, die 26Jährige stammt aus einer echten Musikerfamilie. Ihr Vater leitet die Musikschule Kressbronn, ihr Bruder hat ebenfalls ein Musikstudium begonnen. „Meine Mutter hat schon früher viel mit uns gesungen“, erinnert sie sich. Erste Chorerfahrungen sammelte sie später im Kinderchor. Dass sie schon in jungen Jahren an der Kressbronner Musikschule Gesangsunterricht nehmen würde, lag nahe.
Im Alter von 15 Jahren begann sie, zusätzlich einmal pro Woche zum Gesangsunterricht nach Vorarlberg ans Landeskonservatorium Feldkirch zu fahren. Nach dem Abitur studierte sie zunächst Gesangspädagogik, derzeit macht sie an der Musikhochschule in Stuttgart ihren Master in Konzertgesang.
Zum vierten Mal in Bregenz dabei
Auf den Bereichen Kunstlied und Oratorium liegt der Schwerpunkt ihres Studiums, „aber man muss eigentlich alles singen können, auch Opernarien gehören dazu“, erklärt Veronika Vetter. Zwei Semester lang schnupperte sie bei der Chorakademie des SWR Vokalensembles in die Arbeit eines professionellen Chors hinein. „Das war schon eine interessante Zeit“, sagt sie. Eine Erfahrung, für die sie ebenfalls sehr dankbar ist, ist das Mitwirken bei den Bregenzer Festspielen. Bereits 2013 und 2014 stand die Kressbronner Sängerin als Solistin in Mozarts „Zauberflöte“auf der Seebühne. Auch vergangenes Jahr sang sie im Festspielchor, als die Oper „Turandot“im zweiten Jahr aufgeführt wurde. Zuletzt sang sie in diesem Jahr im Chor bei „Carmen“.
„Es ist schon ein Erlebnis, dort dabei zu sein und mit diesen ganzen kreativen Menschen zusammen zu arbeiten“, blickt sie auf die Festspielzeit zurück. Damit Text und Melodie bei den knapp 30 Vorstellungen, die pro Saison im Juli und August auf dem Programm stehen, auch sitzen, ist schon Monate vorher fließiges Proben angesagt. „Im März beginnen in der Regel die ersten Proben, aber die Texte muss man natürlich erstmal für sich auswendig lernen“, erklärt die passionierte Musikerin. Und auch ein wenig schauspielerisches Geschick sei gefragt, denn auch der Chor müsse schließlich auf der Bühne agieren.
Teeküche hinter der Bühne
Vier verschiedene Kostüme trug Veronika Vetter in „Carmen“pro Vorstellung: Mal stand sie als Fabrikarbeiterin, mal als Prostituierte oder Schmugglerin auf der Bühne. „Irgendwann kommt eine Routine, dann ist man nicht mehr wirklich nervös“, sagt sie. Wenn sie gerade nicht Teil einer Szene war, habe sie sich hinter der Bühne aufgehalten, wo sich – für das Publikum nicht sichtbar – unter anderem eine Teeküche sowie Räume für Requisiten und die Maske befinden. Einzigartig an der Seebühne in Bregenz sei vor allem die Kulisse: „Die Sonnenuntergänge machen irgendwann süchtig“, lacht die Studentin. Doch nicht immer spielt das Wetter mit, zweimal musste die Vorstellung in dieser Saison abgebrochen werden, weil eine Gewitterfront im Anmarsch war. „Da geht es nunmal um die Sicherheit“, meint Veronika Vetter. Bei Regen werde trotzdem gespielt, auch wenn das teils nicht sehr angenehm sei: „Für die Leute muss es immer nach Sevilla bei 40 Grad aussehen, das Publikum kommt ja für die Illusion.“