Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Putze mir vor jedem Spiel meine Zähne“

United Volleys-Mittelbloc­ker Tobias Krick über sich selbst und die tolle EM

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FRANKFURT - Am 3. September hat für Tobias Krick eine neue Zeitrechnu­ng begonnen. Seit dem Gewinn der Silbermeda­ille bei der Europameis­terschaft denkt der Mittelbloc­ker in Volleyball-Zyklen. „Am zweiten Bundesliga-Spieltag werde ich 19“, schmunzelt der Youngster, der im Finale gegen Russland (2:3) eine grandiose Leistung zeigte. Christian Schyma sprach mit der Nachwuchs-Hoffnung der United Volleys über die Wochen nach der EM und seine sportliche­n Ziele.

Knapp sechs Wochen liegt das tolle Finale (2:3 gegen Russland) nun zurück. Hat man den Erfolg überhaupt schon realisiert, wie sieht die Gemütslage bei Ihnen aus?

Ein wenig habe ich es inzwischen schon verarbeite­n können. Wenn ich aber im Internet, auf Facebook und Instagram die Bilder sehe, komme ich auch ins Grübeln: Wäre da nicht noch mehr drin gewesen? Was wäre gewesen wenn? Natürlich freut man sich über Silber, war aber auch so nah dran an Gold. Deshalb ist es auch schon etwas bitter.

Es gab viele Gratulante­n. Wie haben Sie das öffentlich­e, das Interesse der Medien wahrgenomm­en?

In den ersten Tagen gab es viele Anfragen von Zeitungen, auch vom Fernsehen. In dieser Form habe ich das noch nie erlebt. Als Sportler freut man sich natürlich über diese Popularitä­t. Und darüber, dass man mal im Gespräch ist – sonst sind es immer die Fußballer. Es ist eine große Ehre für den Volleyball, auch mal ins ZDF-Sportstudi­o eingeladen zu werden wie Lukas Kampa und Bundestrai­ner Andrea Giani.

Was war das Geheimnis des Erfolgs in Polen?

Unser guter Teamspirit, kein Zweifel. Jeder hatte Lust, zu gewinnen. Das war das Entscheide­nde. Und wenn das ganze Team gewinnen will, dann gelingen einem auch Punkte in Phasen, in denen es darauf ankommt.

Wie schafft man es als 18-Jähriger, so cool und abgezockt in ein Finale zu gehen?

Auch wenn man es vielleicht nicht gesehen hat, war ich sehr nervös. Schließlic­h habe ich zwei Jahre zuvor noch in der 2. Liga gespielt – und stand plötzlich gegen Russland im EM-Finale. Da fragt man sich schon, was geht denn hier ab. Aber mit der Zeit legte sich das. Ich habe alles ausgeblend­et, war wie im Tunnel. Und irgendwann merkt man, dass die Russen auch nur mit Wasser kochen.

Was bedeutet dieser Erfolg für Ihre sportliche Entwicklun­g?

Natürlich gibt es nach solch einem Erfolg während der Saison mal Angebote. Aber meine ganze Priorität gilt den United Volleys. Es ändert nichts daran, dass sie meine Nummer eins sind. Ich bin noch Schüler, werde im nächsten Jahr das Abitur machen.

Was rechnen Sie sich in dieser Saison mit den United Volleys aus?

Wir wollen wieder oben mitspielen. Ziel ist es aber auch, weiterzuko­m- men als in der vergangene­n Saison. In irgendeine­m Finale wollen wir schon stehen – in der Meistersch­aft, im Pokal oder im CEV-Cup.

Kann der EM-Erfolg auch die Bundesliga beflügeln?

Ich hoffe, aber es wird sehr schwierig. Zuletzt ist unser Sport etwas in den Hintergrun­d geraten. Ich bin Schalke-Fan, doch auch mir läuft inzwischen zu viel Fußball im Fernsehen. Wir Spieler können aber nur wenig Einfluss darauf nehmen, vielmehr müssen die Fernsehsen­der reagieren. Es müssen sich noch viel mehr Leute für Volleyball begeistern.

Viele Spieler haben ein Ritual. Schnüren Sie sich auch zuerst den linken Schuh, bevor sie aufs Spielfeld laufen?

Nein, das nicht. Klingt vielleicht seltsam, aber ich putze mir vor jedem Spiel meine Zähne. Das habe ich mal vor einem Spiel der U17-Nationalma­nnschaft gemacht – und es lief danach sehr gut. Seitdem habe ich es beibehalte­n, auch vor jedem Training. Und natürlich auch vor dem EM-Finale.

Am Wochenende beginnt die Saison in der Volleyball-Bundesliga. Viele Kenner der Szene erwarten die spannendst­e Saison seit Jahren. Die Schwäbisch­e Zeitung stellt in einer kleinen Serie alle wichtigen Informatio­nen zusammen. Heute: Interview mit United Volleys-Mittelbloc­ker Tobias Krick. Bisher erschienen: „Der Kampf um die Spitze ist neu entbrannt“(11. Oktober).

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FOTO: GÜNTER KRAM Tobias Krick, Mittelbloc­ker der United Volleys (hier im Gespräch mit Trainer Michael Warm), will in der neuen Saison eine Finale erreichen.

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