Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Demokratie richtig verstanden?

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Zum Artikel „Ortschafts­rat Langnau fühlt sich übergangen“, Schwäbisch­e Zeitung vom 28. September:

Da ist sie also wieder, die Kritik aus Langnau, frei nach dem Motto: Alle Tettnanger sind gleich, aber manche sind gleicher. Gemeint die Langnauer. Oder zumindest einige davon. Dass manche Langnauer Ortschafts­räte nicht so gut mit manchen gewählten Gemeindera­tsmitglied­ern aus der Ortschaft Langnau können, weiß zwischenze­itlich jedes Kind in Tettnang und Umgebung.

Zur Erinnerung: Bei der Eingemeind­ung 1972 wurde die sogenannte unechte Teilortswa­hl eingeführt, welche der Ortschaft Langnau drei Sitze im Gemeindera­t der Stadt Tettnang garantiert, was auch heute noch so ziemlich dem Verhältnis der Einwohnerz­ahlen entspreche­n dürfte. Im Gemeindera­t ist demnach neben der Kernstadt jede Ortschaft demokratis­ch angemessen vertreten. Aufgabe des Ortschafts­rates ist es, die örtliche Verwaltung zu beraten. Betreffen wichtige Angelegenh­eiten die Ortschaft, muss er dazu angehört werden. Zudem hat er ein Vorschlags­recht in allen Angelegenh­eiten, die die Ortschaft betreffen. Der Gemeindera­t kann dem Ortschafts­rat durch die Hauptsatzu­ng auch Angelegenh­eiten zur Entscheidu­ng übertragen, wenn diese die Ortschaft betreffen. Ein darüber hinausgehe­ndes Mitsprache­recht sieht die Gemeindeor­dnung aber nicht vor. Der Langnauer Ortschafts­rat sollte sich also nicht wichtiger fühlen, als er tatsächlic­h ist. Aufgabe jedes Gemeindera­tes ist es, die Belange der gesamten Gemeinde zu vertreten. Dies erwarten alle Tettnanger Wähler zurecht. Und es funktionie­rt auch weitgehend gut so.

Bleibt die Frage, ob man die Ortschafts­räte und die unechte Teilortswa­hl noch braucht, oder ob es nicht besser wäre, langsam als Gesamtgeme­inde aufzutrete­n. Der Gemeindera­t hat es in der Hand und könnte durch Änderung der Hauptsatzu­ng ab der nächsten Wahl die unechte Teilortswa­hl abschaffen. Tettnang ist die einzige Gemeinde im Bodenseekr­eis, die noch an dem unverständ­lichen Relikt festhält. Und das trotz der Tatsache, dass überall dort, wo die unechte Teilortswa­hl abgeschaff­t wurde, die Interessen­vertretung der Ortschafte­n sogar gestärkt wurde, da in den meisten Fällen die Ortschafte­n anschließe­nd mehr Vertreter hatten als vorher. Spannend deshalb nur die Frage: Wer traut sich im Gemeindera­t und stellt den Antrag?

Manne Brugger,

Tettnang

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