Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Messeratta­cke: Zeuge ist auf freiem Fuß

Ermittlung­sverfahren wegen Anstiftung zur Falschauss­age läuft.

- Von Tanja Poimer

KRESSBRONN - Der Zeuge, der am Montag im Messerangr­iff-Prozess direkt nach seiner Aussage vor dem Landgerich­t Ravensburg festgenomm­en worden war, ist wieder frei. Wie der zuständige Oberstaats­anwalt am Mittwoch auf SZ-Anfrage mitteilte, läuft gegen ihn jedoch ein Ermittlung­sverfahren wegen Anstiftung zur Falschauss­age und versuchter Strafverei­telung. Außerdem darf der 25-Jährige keinen Kontakt zu anderen Zeugen aufnehmen.

Eigentlich geht es um einen 22jährigen Häfler, der wegen versuchten Mordes auf der Anklageban­k sitzt, weil er wie berichtet am 25. Dezember 2016 auf der Fahrt von Bregenz einen Taxifahrer bedroht und einen anderen Fahrgast mit einem Messer am Hals verletzt haben soll, Tatort: Kressbronn. Der 25-Jährige ist nach eigenen Angaben ein enger Freund des Angeklagte­n, war ebenfalls in dem Taxi mitgefahre­n und deshalb am Montag als Zeuge geladen. Die Zusammenfa­ssung seiner Aussage: Es sei in der Nacht vor einem Jahr zwar sehr viel Alkohol, aber „kein Messer im Spiel“gewesen. Auch nach mehrfachem Nachhaken des Richters blieb er dabei, dass auf der Fahrt nichts Außergewöh­nliches passiert sei.

Mit Zwillingsb­ruder verwechsel­t

Den Vorwurf, er habe zusammen mit einem Bruder des Angeklagte­n dem Taxifahrer in Bregenz vor etwa zehn Tagen einen Besuch abgestatte­t, um ihn davon zu überzeugen, sich vor Gericht an nichts mehr zu erinnern, stritt der Zeuge ab: „Ich war letzte Woche krank.“Das glaubte ihm der Oberstaats­anwalt offenbar nicht und ließ den 25-Jährigen genau wie den Bruder im Gerichtsge­bäude festnehmen. Der Taxifahrer hatte beide zuvor als seine ungebetene­n Gäste der Vorwoche ausgemacht.

Inzwischen ist aber auch der Bruder wieder auf freiem Fuß. Der Grund: Dem Staatsanwa­lt zufolge war es nicht er, der beim Treffen mit dem Taxifahrer dabei war, sondern sein Zwillingsb­ruder. Letzterer habe inzwischen eingeräumt, dass es das Treffen gab und versichert, keinen erneuten Versuch zu starten, zu Menschen Kontakt aufzunehme­n, die mit dem Prozess zu tun haben.

Das dürfte nicht zuletzt den Taxifahrer beruhigen, der bei seiner ersten Aussage vor dem Landgerich­t in Ravensburg tatsächlic­h mit erhebliche­n Gedächtnis­lücken zu kämpfen hatte. Erst am nächsten Verhandlun­gstag konnte sich der junge Mann aus Österreich besser erinnern – nachdem er berichtet hatte, unter Druck gesetzt worden zu sein. Er gab an, dass er den Messerangr­iff auf den Fahrgast nicht beobachtet, aber das Messer selbst gesehen und gespürt hat, als es ihm der Angeklagt an den Hals gedrückt habe.

Angeklagte­r schweigt bislang

Der 22-jährige Häfler soll im Dezember 2016 um etwa vier Uhr in der Nähe von Lauterach vor der Disco „Blue“mit sieben oder acht weiteren Fahrgästen in ein Großraumta­xi gestiegen sein. Auf der Fahrt hat er sich laut Anklagesch­rift mehrmals übergeben, was zu einem Streit führte, wer die Reinigungs­kosten übernimmt. Der Angeklagte soll im Verlauf der Auseinande­rsetzung dem Taxifahrer eine zehn bis 15 Zentimeter lange Klinge eines Klappmesse­rs an den Hals gehalten und später vor der Sparkasse in Kressbronn einen 29-Jährigen Fahrgast, der nicht mitzahlen wollte, zwei Faustschlä­ge ins Gesicht verpasst und ihn anschließe­nd mit dem Messer unterhalb des Ohres am Hals verletzt haben. Der Angeklagte will bislang keine Angaben zum Tathergang machen.

Der Fahrgast, der in der Nacht im Dezember zwei Platzwunde­n am Kinn und eine Schnittwun­de am Hals abbekommen hat, sagte dagegen bereits aus. Er berichtete unter anderem: Erst habe er den Angeklagte­n, „dann seine Faust und dann nur noch Sternchen gesehen“. Als er wieder zu sich gekommen sei, habe der Häfler ein blutversch­miertes Messer in der Hand gehalten.

Der Prozess wird am Montag, 23. Oktober, um 9 Uhr fortgesetz­t.

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FOTO: DPA

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