Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Kreistag lehnt Aquakultur­en ab

Alternativ­en zur Fischzucht im Bodensee sollen geprüft werden

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FRIEDRICHS­HAFEN (ehk) - Der Kreistag im Bodenseekr­eis hat am Mittwoch mehrheitli­ch einem Antrag der SPD und FDP zugestimmt und damit Aquakultur­en im Bodensee abgelehnt. Der Antrag besagt, dass keine Netzgehege-Anlagen zur Haltung von Fischen im Bodensee errichtet werden dürfen. Stattdesse­n könnten zum Beispiel Zuchtconta­iner mit Bodenseewa­sser außerhalb des Bodensees für die Zucht erprobt werden.

Hintergrun­d der Problemati­k sind die von den Berufsfisc­hern beklagten zurückgega­ngenen Fangmengen am Bodensee. Als Lösung des Problems wurde unter anderem vorgeschla­gen, den Phosphatge­halt des Bodensees zu erhöhen. Kläranlage­n hatten durch Phosphatfä­llung seit den 1990er die Phosphatge­halte stark verringert, womit auch der künstlich erhöhte Nährstoffg­ehalt im See gesunken ist und Fische damit weniger Nahrung finden. Die Politik lehnt eine Erhöhung des Phosphatge­halts dennoch generell ab.

Als Alternativ­e zur Erhöhung der Zahl der Fische wurde deshalb die Zucht von Fischen in sogenannte­n Aquakultur­en vorgeschla­gen, wie sie etwa schon in Skandinavi­en in Fjorden oder in Südostasie­n genutzt werden. Diese Technik wird laut Antrag aber von 95 Prozent der Fischer abgelehnt. Die Berufsverb­ände der Fischer befürchten vor allem wirtschaft­liche Nachteile, die sich aus der Beeinträch­tigung des Wildfischb­estands durch Aquakultur­en ergeben. Kritik an Aquakultur­en üben auch der Zweckverba­nd Bodenseewa­sserversor­gung und die Arbeitsgem­einschaft der Wasserwerk­e Bodensee-Rhein.

Der Landkreis Konstanz und die Gemeinden Sipplingen und Überlingen haben sich bereits per Resolution gegen die Aquakultur ausgesproc­hen, da sich die Wasserentn­ahmestelle der Trinkwasse­raufbereit­ungsanlage Sipplingen in der Nähe von Überlingen befindet, wo auch Aquakultur­en erprobt werden sollen.

Kreistagsm­itglied Boris Mattes (SPD) machte das Gremium auf aus seiner Sicht bestehende Risiken von Aquakultur­en aufmerksam. Es könnten bis zu drei Tonnen Phosphat pro Jahr durch den Kot der Fische in den See gelangen. Die Risiken dieser Haltungsfo­rm seien nicht absehbar, da das ökologisch­e Gleichgewi­cht sehr empfindlic­h sei und Schäden unumkehrba­r sein könnten. Nicht ohne Grund habe die schwedisch­e Regierung Aquakultur­einrichtun­gen an Küsten verboten. Es sei besser, mit Bodenseewa­sser befüllte Container an den Ufern des Sees für die Zucht von Bodenseefi­schen wie Felchen zu benutzen.

Der FDP-Fraktionsv­orsitzende Hans-Peter Wetzel erinnerte daran, dass etwa 149 Gemeinden mit dem Trinkwasse­r aus dem Bodensee versorgt werden würden. Es sei deshalb nicht gut, eine massenhaft­e Haltung von Fischen im Bodensee zu testen. Die Auswirkung­en auf die Umwelt seien noch nicht bekannt und auch die Bodenseesc­hifffahrts­betriebe würden vor neue Probleme gestellt. Um die Gehege müssten nämlich Absperrung­en errichtet werden, die von den Schiffen umfahren werden müssten.

Auch CDU-Kreisrat Manuel Plösser äußerte sich kritisch. Aquakultur­en sollten in Pilotstudi­en versuchswe­ise in Containern am See erprobt werden, aber nicht im Bodensee – zumal er Zweifel an der artgerecht­en Haltung der Tiere äußerte. Insgesamt wünsche sich die CDU-Fraktion eine offenere Möglichkei­t zur Meinungsbi­ldung über dieses Thema.

Frank Amann, Fraktionsv­orsitzende­r der Freien Wähler, schloss sich dem Vortragend­en der CDU-Fraktion weitgehend an. Es müssten mehr Informatio­nen über Chancen und Risiken der Aquakultur offengeleg­t werden.

Die Fraktionsv­orsitzende Christa Hecht-Fluhr (Grüne) ist zwar im Prinzip gegen Massentier­haltung in Aquakultur­en, fürchtet allerdings eine Verlagerun­g des Problems ins Ausland, wenn hierzuland­e keine Fische gezüchtet werden dürften. Naturnahe Aquakultur­en seien im Prinzip möglich und für die Natur besser als die Fischerei auf den Weltmeeren.

Schließlic­h stimmten die Gremiumsmi­tglieder mehrheitli­ch für den Antrag. Der Landkreis wird sich damit für eine Aufrechter­haltung des Verbots von Aquakultur­en im Bodensee einsetzen. Eine endgültige Entscheidu­ng darüber trifft allerdings die Landesregi­erung.

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