Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Flammen und kein Ende
Verheerende Waldbrände in Kalifornien noch immer nicht unter Kontrolle
LOS ANGELES (AFP/dpa) - Gegen die verheerenden Waldbrände in Kalifornien ist mittlerweile ein Großaufgebot von mehr als 10 000 Feuerwehrleuten im Einsatz. Aber ein Ende des Infernos war am Wochenende nicht in Sicht. Die Zahl der Todesopfer der tödlichsten Waldbrände in der Geschichte des US-Bundesstaates stieg nach Behördenangaben auf 38. Allein im nördlich von San Francisco gelegenen Bezirk Sonoma starben mindestens 20 Menschen.
Die Feuerwehrleute, die aus mehreren Bundesstaaten zusammengezogen wurden, seien rund um die Uhr im Einsatz und kämpften gegen insgesamt 16 große Brände, teilten die Behörden am Samstag mit. Winde fachten die Feuer an und erschwerten den Einsatz der Helfer.
Nach Angaben der kalifornischen Wald- und Feuerschutzbehörde (Cal Fire) wurden bei den seit einer Woche wütenden Bränden bereits rund 5700 Gebäude auf 864 Quadratkilometern Land zerstört. Rund 100 000 Menschen seien inzwischen vor den Flammen in Sicherheit gebracht worden. Kirchen dienten Feuerwehrleuten und Opfern der Brände als Unterkunft, berichtete die Zeitung „Sacramento Bee“. Der kalifornische Gouverneur Jerry Brown sprach von der womöglich „größten Tragödie“, die Kalifornien je erlebt habe. Zusammen mit der Senatorin des Bundesstaats Kalifornien, Dianne Feinstein, besuchte er das Katastrophengebiet. Dies seien die schlimmsten Brände zu ihren Lebzeiten, sagte die 84-jährige Demokratin. Sie wolle sich in Washington für noch mehr finanzielle Hilfe starkmachen. Brown gab bekannt, das Weiße Haus habe Direkthilfen für Familien in vier Regionen bewilligt. Auch für die zerstörten Weinbauregionen Napa und Sonoma wurden Nothilfen versprochen. „Nichts, was ich in diesem Bundesstaat gesehen habe, war jemals so schlimm“, sagte Brown. Niemand werde die Verzweiflung, den Horror und die Vertreibung vergessen. Und Horror ist das richtige Wort: Täglich werden Geschichten von Menschen bekannt, denen die Flucht nicht gelungen ist. Im Napa County starb vergangene Woche ein Ehepaar, das seit 75 Jahren verheiratet war. Der Mann war 100 Jahre alt, seine Frau 98. Auch für eine ältere Urlauberin aus Südkalifornien endete das Wochenende mit Weintouren in Santa Rosa tödlich. Carmen Berriz und ihr Mann Armando hatten sich in den Pool ihres Ferienhauses gerettet. Um sie herum brannte alles ab, wie der „San Francisco Chronicle“berichtete. Stundenlang harrte das Paar um Luft ringend über Nacht im Wasser aus, doch am Ende sei die 75 Jahre alte Ehefrau in seinen Armen gestorben, wie der Mann seiner Familie erzählte. Sie waren 55 Jahre verheiratet.
Kritik an Donald Trump
Nicht alle Opfer konnten identifiziert werden. Bei den Behörden gingen mehr als 1300 Vermisstenmeldungen ein, allein im Bezirk Sonoma wurden mehr als 200 Menschen vermisst. Die Waldbrände sind die tödlichsten in der Geschichte Kaliforniens. Im Jahr 1933 starben beim „Griffith-Park“-Feuer in der Region von Los Angeles mindestens 29 Menschen, 1991 kamen in den Bränden von „Oakland Hills“25 Menschen ums Leben.
Mitten in der Zerstörung gibt es auch Überlebensgeschichten mit einem Happy End. Ein Video, in dem ein Berner Sennenhund schwanzwedelnd auf einem völlig verkohlten Anwesen auftaucht, wurde auf Facebook in kurzer Zeit mehr als eine Million Mal angeklickt. „Nicht ein versengtes Haar, keine verbrannten Pfoten“, sagt die Kalifornierin Beckyjean Widen über „Izzy“, den Hund ihrer Eltern, der bei der plötzlichen Flucht aus dem Haus in Santa Rosa abhandengekommen war. Haus und Garten seien abgebrannt, doch wie durch ein Wunder habe das Tier überlebt.
Obwohl Washington Hilfen für Kalifornien zugesagt hat, wurde Kritik an US-Präsident Donald Trump laut: Am Samstag konzentrierte sich der Präsident auf seinem TwitterKonto auf die Themen Gesundheitspolitik und den Fernsehauftritt seines Sohnes Eric. Zu den Bränden in Kalifornien schwieg Trump, der ansonsten für seine exzessive TwitterNutzung bekannt ist. In einem Tweet mutmaßte ein Kritiker zu den Gründen von Trumps Schweigen, dass politische Gründe und verletzte Eitelkeit eine Rolle spielen könnten: „Ist das so, weil Millionen in Kalifornien Hillary gewählt haben? Wie kleinkariert.“