Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Raus aus dem Ruhestand, ab nach Indien
Einst in Bad Saulgau produzierter Claas-Häcksler erlebt eine neue Blüte
BAD SAULGAU - Intensiv war die Reisetätigkeit zwischen Bad Saulgau und Morinda im Nordwesten Indiens in den letzten Monaten des Jahres 2016 und im Frühjahr 2017. Mitarbeiter aus Bad Saulgau, darunter drei wieder eingestellte Ruheständler des Landmaschinenherstellers Claas aus Bad Saulgau, wurden während dieser Zeit im Claas-Werk in der indischen Stadt dringend gebraucht. Dort unterstützten sie ihre indischen Kollegen beim Aufbau einer Produktionslinie für den Häcksler Jaguar 25. Das Besondere daran: Der Häcksler wird seit 1994 in Bad Saulgau nicht mehr gebaut. Umso wertvoller war die Erfahrung von älteren Claas-Mitarbeitern. Drei von ihnen kehrten für dieses Projekt kurzzeitig wieder aus dem Ruhestand zurück.
Was in Deutschland und Europa – den Hauptabsatzmärkten der ClaasMaschinen aus Bad Saulgau – nicht mehr nachgefragt wird, hat andernorts auf der Welt offenbar das Zeug zum Verkaufsschlager. „Wir sind der Meinung, dass wir mit dem Jaguar 25 auf dem indischen Markt gute Absatzchancen haben“, sagt Marc Suchy von der Claas-Unternehmenskommunikation am Hauptsitz des Unternehmens in Harsewinkel. Indien ist zwar der größte Milchproduzent der Welt. Die Technisierung ist dort aber bei Weitem noch nicht so weit fortgeschritten wie in Deutschland. „Der Jaguar 25 hat den Vorteil, dass er sehr preiswert ist“, sagt Marc Suchy.
Zeichnungen digitalisiert
Da der preiswerte Jaguar 25 aber seit rund zwei Jahrzehnten nicht mehr gebaut wird, musste das Know-how gesichert werden. Anton Wicker, der Konstrukteur des Jaguar 25, und Ottmar Buck, der ehemalige Leiter der Schweißerei, kehrten dafür aus dem Ruhestand zurück. Für Theo Gnann, Leiter des Musterbaus, war das Projekt in Indien die „letzte Amtshandlung“vor dem Ruhestand. Auch technisch war das Projekt eine Herausforderung. Konstruktionszeichnungen mussten auf den aktuellen technischen Stand gebracht werden.
Dazu wurden alte Tuschezeichnungen digitalisert. Dann konnte das Projekt starten. Indische Claas-Mitarbeiter kamen für einige Wochen nach Bad Saulgau. Im Herbst 2016 reisten sechs Claas-Mitarbeiter nach Morinda, darunter auch die Ruheständler. Sie unterstützten den Aufbau von Prototypen, trafen Vorbereitungen für die Serienproduktion und schulten Lieferanten. Armin Schmid vom Claas-Qualitätsmanagement, Systemingenieur Vikram Karwal und Projektleiter Johannes Lichtenberger fuhren im April 2017 abermals nach Indien. Sie halfen dort die Produktion einer Vorserie zu starten. Dass dieses Projekt trotz der großen Distanz und der aufwendigen Logistik gelang, wertet das Unternehmen in einer Veröffentlichung in „Claas intern“als großen Erfolg. Es sei „ein Musterbeispiel für die gute internationale und interkulturelle Zusammenarbeit“.