Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Staatsanwaltschaft erhebt Anklage im Augustinum-Skandal
Vorwurf des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs – Drahtzieher soll verstorbener Anwalt Maccari gewesen sein
RAVENSBURG - Im Fall des spektakulären Immobilienbetrugs zu Lasten des Münchener Sozialkonzerns Augustinum hat die Staatsanwaltschaft München Anklage wegen gewerbsmäßigem Bandenbetrug und Untreue erhoben. Nach mehr als dreijährigen Ermittlungen wird vier Beschuldigten vorgeworfen, das Augustinum, das 23 Seniorenwohnstifte und weitere Einrichtungen im Sozial- und Bildungsbereich betreibt und etwa 4200 Mitarbeiter beschäftigt, bei Immobiliengeschäften betrogen zu haben. Kopf der Bande soll der im Januar 2014 verstorbene, frühere Aufsichtsratschef des Konzerns, Artur Maccari, ein in Oberschwaben bekannter Anwalt aus Biberach, gewesen sein.
Kern der Anklage ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft der Vorwurf, dass Maccari und die Beschuldigten „sich die Zustimmung zum Abschluss von für das Augustinum wirtschaftlich nachteiligen Geschäften erschlichen haben sollen, um sich selbst zu bereichern.“
Das Augustinum hatte 2014 nach der Entdeckung von Unregelmäßigkeiten bei früheren Immobilienverkäufen
selbst Strafanzeige gestellt. „Wir sehen uns heute in diesen Vorwürfen bestätigt“, sagte AugustinumSprecher Matthias Steiner auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Die Geschäfte hätten einen Umfang von rund 700 Millionen Euro gehabt. „In der Bilanz 2014 haben wir einen Fehlbetrag von 32 Millionen Euro eingestellt. Wir glauben, dass wir die wesentlichen Folgen des Immobilienthemas damit abgedeckt haben“, erklärte Steiner.
Im Mittelpunkt des Betrugs steht der Verkauf von elf Immobilien des Augustinums und drei von dem Unternehmen genutzen Häusern an die Firma Nordic Kontor in den Jahren 2011 bis 2013. Nach Auffassung des Augustinums wurden „dabei durch eine zwischengeschaltete Schweizer Treuhandgesellschaft und fingierte Rechnungen Gelder in illegaler Weise transferiert, auch um Artur Maccari und den damaligen kaufmännischen Geschäftsführer zu bestechen“. Angeklagt sind nun der frühere kaufmännische Geschäftsführer von Augustinum, die beiden Betreiber der Firma Nordic Kontor sowie ein Schweizer Geschäftsmann, der die kriminellen Geschäfte vermittelt haben soll. Dabei wurden die Immobilien des Augustinums verkauft, und das Unternehmen musste sie im Anschluss teuer zurückmieten.
Versteckte Provisionen an Maccari
Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft gewährte das Augustinum beim Verkauf der elf Häuser, die im Besitz des Unternehmens waren, Darlehen und für die Begleichung der Nebenkosten Investitionskostenzuschüsse in Höhe von 71,75 Millionen Euro. „Dabei soll verschleiert worden sein, dass diese Vorschüsse zu weit mehr als 50 Prozent zur Bezahlung von Scheinprovisionen an den Vermittler verwendet wurden, der wiederum einen erheblichen Anteil der Gelder an den Aufsichtsratschef sowie den kaufmännischen Geschäftsführer weitergeleitet haben soll“, heißt es bei der Staatsanwaltschaft.
Anonymer Hinweis
Der Biberacher Anwalt soll nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“bereits Mitte 2007 in finanzieller Not gewesen sein und seinen Einfluss beim Augustinum genutzt haben, weit mehr als zehn Millionen Euro auf seine Konten zu schieben. Nach Maccaris Tod im Januar 2014 flog der Betrug auf, als der Aufsichtsrat des Augustinums einen anonymen Hinweis erhielt. Maccari war zu Lebzeiten ein von vielen geachteter Mann mit hoher Reputation. Er war noch in weiteren Aufsichtsräten vertreten, wie im Unternehmensbeirat der Biberacher Firma Handtmann oder auch im Gesellschafterbeirat des Medienhauses Schwäbischer Verlag GmbH & Co. KG.