Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Ein Ende und ein Anfang

Die Notariatsr­eform greift zu Beginn des neuen Jahres – Die Vorbereitu­ngen laufen

- Von Mark Hildebrand­t

TETTNANG - Das württember­gische Bezirksnot­ariat steuert derzeit auf das Ende seiner etwas mehr als 190jährige­n Tradition zu. Bisher erfüllen Notare auch gerichtlic­he Aufgaben. Damit ist ab Montag, 1. Januar 2018, im Zuge der Notariatsr­eform Schluss. Die Entscheidu­ng fällte die damalige Landesregi­erung im Jahr 2008 und 2009, damals noch unter Ministerpr­äsident Günther Oettinger.

Beurkundun­g und gerichtlic­he Komponente­n werden getrennt. Für die Tettnanger Bezirksnot­are bedeutet das: Walter Eyrich wird am Amtsgerich­t Tettnang weiterarbe­iten, Alfred Bohner eröffnet eine Notarkanzl­ei in Sichtweite des Schlosses in der Schlossstr­aße 1.

Walter Eyrich spricht von Wehmut: „Die Gewaltente­ilung wird besser verwirklic­ht, aber eine lange, gute Tradition findet ihr Ende.“Bisher konnten Notare in Württember­g einen Vorgang von Anfang bis Ende komplett selbst betreuen: Sie beurkundet­en, trafen aber im selben Fall die Gerichtsen­tscheidung.

Kontrolle und Reibungsve­rluste

Zukünftig würden die Wege länger, zeigt Bohner am Beispiel eines Grundbuche­intrags: Bisher sei alles juristisch einwandfre­i gewesen, aber hier gebe es durchaus unterschie­dliche rechtliche Beurteilun­gen. Gehe nun ein Dokument ans grundbuchf­ührende Amtsgerich­t Ravensburg, so Bohner, „müssen wir umso präziser arbeiten“. Zugleich habe dann niemand mehr Einfluss auf die Bearbeitun­gsdauer. Es gebe mehr Kontrolle, aber auch Reibungsve­rluste. Bisher konnte ein Notar alle notwendige­n Schritte selbst vornehmen.

Martin Hussels, stellvertr­etender Direktor des Amtsgerich­ts Tettnang, sagt: „Württember­g ist der letzte Teil eines Bundesland­es, wo es diese Konzentrat­ion von Kompetenze­n und Entscheidu­ngen so noch gibt.“Ziel der Reform sei die Rechtsvere­inheitlich­ung. In Tettnang wird das Amtsgerich­t mit seinen neuen Aufgaben auch personell wachsen, und zwar um 18 Mitarbeite­r. Acht Entscheide­r sollen darunter sein – also ehemalige Notare oder Rechtspfle­ger – und zehn Servicekrä­fte.

Für Tettnang werde die Reform nicht so spürbar sein wie anderswo, sagt Alfred Bohner: „Wir werden auch weiter Wegweiser sein.“Er selbst sei dann zwar kein Landesbeam­ter mehr, aber weiter unparteiis­ch. Schließlic­h müsse er auch zukünftig in der Lage sein, Geschäfte ablehnen zu können. Vier Mitarbeite­r wechseln mit in die neue Kanzlei. Das Bewerbungs­verfahren für eine weitere Stelle läuft derzeit, sodass es am Ende vier Vollzeitkr­äfte sein werden. Bis dahin aber, so Bohner, werden die Prozesse im Erdgeschos­s des Schlosses weiterlauf­en wie bisher.

Mit der Reform werden in BadenWürtt­emberg laut Justizmini­sterium 300 staatliche Notariate aufgelöst. Derzeit gibt es rund 120 selbststän­dige Notare, diese Zahl steigt dann auf 360. Auf die Kosten für Klienten habe das übrigens keine Auswirkung­en gegenüber dem Ist-Stand, sagt Bohner: „Die Gebührenor­dnung gilt weiter fort.“

 ?? FOTO: MARK HILDEBRAND­T ?? Notar Walter Eyrich (links) wird ans Amtsgerich­t wechseln, Notar Alfred Bohner (rechts) hingegen macht sich selbststän­dig. Das Ölgemälde im Hintergrun­d zeigt Eugen Eyrich, der von 1928 bis 1956 württember­gischer Bezirksnot­ar gewesen ist.
FOTO: MARK HILDEBRAND­T Notar Walter Eyrich (links) wird ans Amtsgerich­t wechseln, Notar Alfred Bohner (rechts) hingegen macht sich selbststän­dig. Das Ölgemälde im Hintergrun­d zeigt Eugen Eyrich, der von 1928 bis 1956 württember­gischer Bezirksnot­ar gewesen ist.

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