Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Kontaktladen für Suchtkranke startet neu
Kreistag beschließt neues Konzept – Stadt Ravensburg will Immobilie kaufen
RAVENSBURG (knf) - Der Kontaktladen für Drogenabhängige in der Ravensburger Rosmarinstraße soll erhalten bleiben. Der Kreistag hat beschlossen, die Weiterführung zunächst fünf Jahre lang zu finanzieren. Dem Kontaktladen hatte die Schließung gedroht, weil sich die Trägergesellschaft Suchthilfe gGmbH aufgelöst hatte. Nun soll ein neuer Träger gesucht werden.
Der Kontaktladen wurde 1996 eröffnet und versteht sich als niederschwelliges Angebot für drogenabhängige Suchtkranke. Betroffene sollen eine Anlaufstelle für hygienische Grundversorgung und Spritzentausch haben. Auch Kleider aus der Kleiderkammer werden ausgegeben, So soll soziale und gesundheitliche Verelendung verhindert werden. Mitarbeiter vermitteln Suchtkranke außerdem an andere Hilfseinrichtungen und versuchen, den Ausstieg aus der Drogenszene zu fördern. Träger waren bislang die Anode, das ZfP, der Landkreis, der Evangelische Kirchenbezirk, die Zieglerschen und die Caritas. Die Statistik des Kontaktladens weist für 2015 einen durchschnittlichen Besuch von 28 Personen pro Tag aus, seit 2011 ist diese Tendenz steigend. Nachdem zum Jahresende 2016 die Auflösung der Trägergesellschaft Suchthilfe gGmbH beschlossen worden war, drohte dem Kontaktladen das Aus. Ehemalige Gesellschafter einigten sich aber, ein Mindestangebot aufrechtzuerhalten, sodass der Kontaktladen an bestimmten Tagen geöffnet werden konnte. Der Leiter der Kriminalpolizei, Uwe Stürmer, hatte eindringlich vor der Schließung des Kontaktladens gewarnt. Dies führe wieder zu einer verstärkten Bildung einer offenen Drogenszene in Ravensburg und einem erhöhten Gesundheitsrisiko durch verunreinigte Spritzen.
Neuer Träger gesucht
Auch der Landkreis Ravensburg wolle weiterhin für drogenabhängige Menschen ein Angebot bereitstellen, die in Not sind und keine Lobby haben, heißt es vonseiten der Kreisverwaltung. Deshalb wurde eine neue Konzeption erarbeitet. Die Kreisverwaltung schlägt vor, künftig einen freien Träger zu beauftragen, um den organisatorischen Aufwand möglichst gering zu halten. Dieser sei in der bisherigen Rechtsform einer GmbH recht hoch gewesen. Allerdings sieht sich der Landkreis nicht allein in der Verantwortung. Auch die Städte und Gemeinden, vor allem die Stadt Ravensburg, würden davon profitieren, wenn Suchtkranke mit dem Kontaktladen eine Anlaufstelle hätten und nicht auf der Straße stehen, so die Argumentation. Die Kommunen werden deshalb um finanzielle Unterstützung gebeten. Die Stadt Ravensburg will die Immobilie in der Rosmarinstraße kaufen, in der sich der Kontaktladen befindet, da es sehr schwierig sein dürfte, alternative Räumlichkeiten in zentraler Lage zu finden. Dieses Angebot wird von der Kreisverwaltung gelobt – dennoch werde mit Blick auf die Bedeutung des Kontaktladens für die Stadt mittelfristig ein höheres Engagement erwartet: Kreis und Stadt sollen sich den Zuschussbedarf hälftig teilen. Innerhalb von drei Jahren soll die Kostenbeteiligung der Stadt Ravensburg aber neu verhandelt werden.
Förderverein geplant
Mit dem Betrieb des Kontaktladens soll ein freier Träger beauftragt werden, hierzu gibt es eine Ausschreibung. Die Verwaltung will zudem einen Förderverein zur Unterstützung des Kontaktladens ins Leben rufen. Für die Betreuung der Suchtkranken sollen zwei pädagogische Fachkräfte angestellt werden, mit je einer 70Prozent-Stelle. Zudem soll ein Streetworker eingesetzt werden. Die Räte stimmten der Neukonzeption zu – vorbehaltlich, das Land bewilligt den beantragten Zuschuss für die Personalkosten. Im Kreishaushalt werden für die Umsetzung des Angebots ab 2018 jährlich 65 000 Euro bereitgestellt.