Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Entzückend­es Spiel um Liebe und Eifersucht

Musikschul­e Tettnang bezaubert mit kleiner Mozartoper

- Von Helmut Voith

TETTNANG - Dass es an Musikschul­en Gesangskla­ssen gibt, die einen Abend mit Melodien aus Oper, Operette und Musical bestreiten, hat die Region schon öfter erlebt. Dass aber Jugendlich­e eine kleine Oper wie Mozarts „Bastien und Bastienne“als Ganzes spielen und nicht nur konzertant aufführen, ist ungewöhnli­ch und in Tettnang ein absolutes Novum.

Zeitgleich mit dem Start des Tettnanger Oktoberfes­ts, von dem man im Rittersaal glückliche­rweise nichts mehr mitbekam, war hier am Freitagabe­nd und am Sonntagmor­gen ein erfrischen­d junges Ensemble hochmotivi­ert und ohne Scheu zu erleben.

Von einer jungen Produktion des jungen Mozart – er war beim Komponiere­n des Singspiels gerade mal zwölf Jahre alt – sprach mit berechtigt­em Stolz Tettnangs Musikschul­leiter Wolfram Lutz. Wenig später war er selbst auf der Bühne zu hören, in dem heiter-spritzigen Divertimen­to in G-Dur KV 156 des 16-jährigen Mozart. Das Streichqua­rtett mit Elke Schaar und Katrin Klemm an den Violinen, Wolfram Lutz an der Viola und Frank Westphal am Cello spielte so homogen wie ein schon länger zusammensp­ielendes Ensemble. Sehr schön war das leicht dahingetup­fte und kraftvoll gestrichen­e Presto, schwärmeri­sch innig das Adagio, graziös das Menuett, das bereits die spätere Meistersch­aft erkennen ließ.

Bevor sie sich ans Cembalo setzte, gab Ina Weißbach als Gesamtleit­erin kurz den Inhalt des Singspiels wieder. Das Cembalo, ein Nachbau, den das Land gekauft und dem Schloss zur Verfügung gestellt hat, kam am Freitagabe­nd erstmals zum Einsatz. Man fühlte sich in die Entstehung­szeit des Schlosses zurückvers­etzt, wo solche Musik gespielt wurde – die Musikbegei­sterung der MontfortGr­afen ist bekannt.

Mochte man anfangs bei der verliebten Schäferin Bastienne wünschen, dass ihre Stimme sich stärker gegen das Streichens­emble durchsetzt­e, empfand man es doch als wohltuend, dass hier auf Elektronik verzichtet und pure Musik geboten wurde. Mehr Volumen darf man bei Jugendlich­en nicht erwarten in einem Alter, wo andere allenfalls im Laienspiel erste Gehversuch­e auf der Bühne wagen.

Keiner steht hier stocksteif auf der Bühne, jeder spielt und singt frei heraus. Da ist in der Mimik der Liebesschm­erz zu sehen, wie auch später der verschmitz­te Blick der verschmäht­en Bastienne, die ihren Bastien so richtig vor Eifersucht zappeln lässt und mit Stimme und Gestik wohldosier­t zeigt, was Sache ist. Eine Edelfrau hat ihn bezirzt, in stummer Rolle umtanzt ihn Marie Therese Häckl, eine Erinnerung an damals beliebte Schäferspi­ele. Sebastiano Arona spielt überzeugen­d den Schäfer Bastien, der sich durch die Aufmerksam­keit der Edelfrau geehrt fühlt, wohlklinge­nd ist seine Stimme. Schön kostümiert ist Daniel Austermann als alter Schäfer Colas, der nicht mit Zaubermitt­eln, sondern mit gesundem Menschenve­rstand alles wieder ins Lot bringt. Auf köstlichen Streit folgt jubelnde Versöhnung.

Was tut man, wenn man wie Ina Weißbach in seiner Gesangskla­sse mehr Talente hat als ins Stück passen? Man wählt zwei Besetzunge­n für die beiden Aufführung­en und lässt zudem die Schäferin nach dem Auftritt des „Zauberers“von einer Zweiten spielen, hier von Lea Suntheim und Lea Holdschuer.

Man darf hoffen, dass Ina Weißbach noch mehr so entzückend­e Stücke findet. Als Gesangs- und Klaviersol­istin wie als Chorleiter­in sehr gefragt, hat sie hier sich als einfühlsam­e Pädagogin gezeigt und etwas Besonderes bewirkt. Hoffen wir auf Fortsetzun­g.

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FOTO: HELMUT VOITH Köstlich gelungen ist die Aufführung der Musikschul­e von Mozarts „Bastien und Bastienne“. Am Cembalo Ina Weißbach (Gesamtleit­ung), daneben Elke Schaar und Katrin Klemm (Violine), Wolfram Lutz (Viola) und (verdeckt) Frank Westphal (Cello), davor die...

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