Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Knoch: „Wir zusammen sind Europa“

Erwachsene­nbildung fragt nach dem Engagement der Kirchen für ein soziales Europa

- Von Christel Voith

TETTNANG - Ein harter Kern der Gemeinden ist am Dienstag zum zweiten Abend der Ökumenisch­en Erwachsene­nbildung ins Martin-Luther-Gemeindeze­ntrum gekommen – der Kabarettab­end im Rittersaal war wohl doch verlockend­er als das Thema „Für ein soziales Europa – was die Kirchen dazu beitragen können“.

Als Referenten hatte der Ökumeneaus­schuss den Wirtschaft­s- und Sozialpfar­rer Albrecht Knoch aus Ulm eingeladen. Er gehört dem Europa-Ausschuss des EKD-weiten Verbands „Kirche Wirtschaft Arbeitswel­t“an, zudem ist er Mitglied in der deutsch-französisc­hen Fachgruppe der „Arbeitsgem­einschaft Christlich­er Kirchen“.

In seinem Powerpoint-Vortrag nahm er sich allerdings viel mehr Zeit, den Weg Europas von der EWG zur EU sowie die Vorteile, die Europa dem Einzelnen bringt, darzustell­en, als konkret mögliche Beiträge der Kirchen zu einem sozialen Europa zu nennen.

Ein Denken über Grenzen hinweg

„Wir zusammen sind Europa“, so die These am Anfang, ein Denken über Grenzen hinweg, das am See, beispielsw­eise auf der Reichenau, schon seit Jahrhunder­ten vorhanden sei. „Europa war und bleibt ein Friedenspr­ojekt und ein Wirtschaft­sprojekt wie auch ein Werteproje­kt.“Damit es auch ein Europa gemeinsame­r Sozialpoli­tik werde, werde im November beim Europa-Gipfel in Göteborg die „Europäisch­e Säule der Sozialen Rechte“beschlosse­n: „Die Gespräche über die soziale Dimension Europas sind Teil einer größeren Debatte über die Zukunft der EU27“, so die EU-Kommission. Dazu brauche es einen Beitrag der Kirchen, sagt Knoch, doch wie?

Erst erfuhren die Zuhörer, wie sie von Europa profitiere­n: von der Vermeidung von „Zwei-Klassen-Lebensmitt­eln“, vom Basiskonto, von der Förderung von Studienpro­grammen, Investitio­nen in ländliche Gebiete und gezielte Fördermitt­el. Hilfreich sei die gemeinsame Währung auch beim Überschrei­ten von Ländergren­zen.

Und die sozialen Rechte? Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron wünsche ein Europa, das mehr sei als eine Freihandel­szone, und er sei durchaus für ein „Wächteramt“der Kirche: Die Kirche könne Dinge sagen, die die Politik nicht sagen kann. Die anvisierte Vertiefung der Gemeinscha­ft stoße aber auf Probleme: Die Souveränit­ät des Staates soll bestehen bleiben, der Föderalism­us, den wir in Deutschlan­d haben, soll nicht durch einen Zentralism­us ersetzt werden. Es gelte, Europa „eine Seele zu geben“.

Und die Kirchen? Auf evangelisc­her und katholisch­er Seite gebe es Netzwerke wie die Konferenz europäisch­er Bischofkon­ferenzen oder die Charta Oecumenica, die sich dafür einsetzen, den Menschen in den Mittelpunk­t zu stellen. Aus dem Kreis der Zuhörer wurde der Wunsch laut, dass auch die Basis ihre Stimme erhebt und sich aus dem Glauben heraus einsetzt für den Menschen. Knochs These am Ende: „Europa ist nicht das Problem, sondern Teil der Lösung.“

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HELMUT VOITH FOTO: "Wir zusammen sind Europa", sagt Sozialpfar­rer Albrecht Knoch.

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