Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Knoch: „Wir zusammen sind Europa“
Erwachsenenbildung fragt nach dem Engagement der Kirchen für ein soziales Europa
TETTNANG - Ein harter Kern der Gemeinden ist am Dienstag zum zweiten Abend der Ökumenischen Erwachsenenbildung ins Martin-Luther-Gemeindezentrum gekommen – der Kabarettabend im Rittersaal war wohl doch verlockender als das Thema „Für ein soziales Europa – was die Kirchen dazu beitragen können“.
Als Referenten hatte der Ökumeneausschuss den Wirtschafts- und Sozialpfarrer Albrecht Knoch aus Ulm eingeladen. Er gehört dem Europa-Ausschuss des EKD-weiten Verbands „Kirche Wirtschaft Arbeitswelt“an, zudem ist er Mitglied in der deutsch-französischen Fachgruppe der „Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen“.
In seinem Powerpoint-Vortrag nahm er sich allerdings viel mehr Zeit, den Weg Europas von der EWG zur EU sowie die Vorteile, die Europa dem Einzelnen bringt, darzustellen, als konkret mögliche Beiträge der Kirchen zu einem sozialen Europa zu nennen.
Ein Denken über Grenzen hinweg
„Wir zusammen sind Europa“, so die These am Anfang, ein Denken über Grenzen hinweg, das am See, beispielsweise auf der Reichenau, schon seit Jahrhunderten vorhanden sei. „Europa war und bleibt ein Friedensprojekt und ein Wirtschaftsprojekt wie auch ein Werteprojekt.“Damit es auch ein Europa gemeinsamer Sozialpolitik werde, werde im November beim Europa-Gipfel in Göteborg die „Europäische Säule der Sozialen Rechte“beschlossen: „Die Gespräche über die soziale Dimension Europas sind Teil einer größeren Debatte über die Zukunft der EU27“, so die EU-Kommission. Dazu brauche es einen Beitrag der Kirchen, sagt Knoch, doch wie?
Erst erfuhren die Zuhörer, wie sie von Europa profitieren: von der Vermeidung von „Zwei-Klassen-Lebensmitteln“, vom Basiskonto, von der Förderung von Studienprogrammen, Investitionen in ländliche Gebiete und gezielte Fördermittel. Hilfreich sei die gemeinsame Währung auch beim Überschreiten von Ländergrenzen.
Und die sozialen Rechte? Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wünsche ein Europa, das mehr sei als eine Freihandelszone, und er sei durchaus für ein „Wächteramt“der Kirche: Die Kirche könne Dinge sagen, die die Politik nicht sagen kann. Die anvisierte Vertiefung der Gemeinschaft stoße aber auf Probleme: Die Souveränität des Staates soll bestehen bleiben, der Föderalismus, den wir in Deutschland haben, soll nicht durch einen Zentralismus ersetzt werden. Es gelte, Europa „eine Seele zu geben“.
Und die Kirchen? Auf evangelischer und katholischer Seite gebe es Netzwerke wie die Konferenz europäischer Bischofkonferenzen oder die Charta Oecumenica, die sich dafür einsetzen, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Aus dem Kreis der Zuhörer wurde der Wunsch laut, dass auch die Basis ihre Stimme erhebt und sich aus dem Glauben heraus einsetzt für den Menschen. Knochs These am Ende: „Europa ist nicht das Problem, sondern Teil der Lösung.“