Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Oft sind wir eine kleine Attraktion in den Dörfern“
Die „Drahteselseeradler“Luca Dilger und Adrian Schmidt haben das Schwarze Meer erreicht
MECKENBEUREN/TETTNANG (sz) Die „Drahteselseeradler“Luca Dilger und Adrian Schmidt haben nach 57 Tagen ihr erstes Hauptziel erreicht, das Schwarze Meer. Auf dem Buckel haben sie damit 3210 Kilometer – was einem Tagesschnitt von 57 Kilometern entspricht. Wie die beiden mitteilen, haben sie inzwischen – trotz hügeliger Landschaft – ihren Schnitt je Tag auf 80 bis 100 Kilometer hochgeschraubt – das Training und die Gewohnheit lassen grüßen.
Zu Rumänien teilen sie mit: „wunderschön durch Rückstauseen, vielen nicht bekannt, aber leider oft vermüllt, da hier das Bewusstsein fehlt.“
Die Leute in den östlichen Regionen seien sehr nett und hilfsbereit, obwohl sie oft sehr wenig haben. Weiter: „Sie sind glücklich, aber es mangelt am Geld für Restaurationen, neue Dinge. Wenige Spülmaschinen, Waschbecken im Garten. Viele Häuser haben noch Plumpsklos.“Auf dem Land fehle es an junger Bevölkerung, da diese aus Perspektivlosigkeit nach Deutschland zieht. Oft gebe es „riesige Selbstversorgergärten“mit Weintrauben, Kartoffeln, Paprika etc. Auf das Angebaute und die gute Bioqualität seien die Leute auch sehr stolz. Rakija, also Schnaps, nehme einen anderen traditionellen Stellenwert ein – dazu gebe es oft eingelegte scharfe Paprikas. Wie Essen selbst anders gesehen wird – nicht nur Sattwerden sei, sondern auch für Unabhängigkeit und Tradition stehe.
Flucht vor Hunden als Gewohnheit
Luca und Adrian weiter: „Nach 46 Tagen hatten wir unseren ersten Platten (...). Für uns ist die Gastfreundschaft gerade seelisch sehr wichtig, da wir uns sonst fremd, ungewollt und ausgeschlossen fühlen. Das Zelt und das Fahrrad sind das einzige Zuhause, Heimat und Ritual, das wir haben. Die Strecken überbrücken wir mit Diskussionen, Reden aber auch viel Nachdenken und Träumen. Man passt sich dem Rhytmus der Natur an (12 Stunden Schlaf, da Dunkelheit). Nachdem in Rumänien das Flüchten vor Hunden zur Gewohnheit wurde, ist Bulgarien viel besser. Starker Kontrast zwischen Städten (reicher, westlicher, unfreundlicher) und Dörfern.“
Den Menschen sei es wichtig zu zeigen, „was ihr Land ausmacht und uns von ihrem Land durch Gastfreundschaft zu überzeugen.“Durch die App/Homepage „warmshowers“– hilfreich bei der Unterkunftssuche für Radreisende – seien die beiden „auf die für uns unbekannte deutsche Medizinerstudentengemeinde gestoßen“, was sie extrem gefreut hat.
Zudem teilen Adrian und Luca mit: „Offenheit wird für uns zum wichtigsten Gut, und man lernt, sich durch Zeigen, Zahlen und einzelne Wörter zu unterhalten. Oft sind wir eine kleine Attraktion in den Dörfern, die sonst nur wenig Fremde zu Gesicht bekommen.“
Nicht vergessen wollen sie den Dank an den Sponsor, die Firma Saikls aus Meckenbeuren. Ohne die Ausstattung mit den sehr guten Rädern wäre die Reise so gar nicht möglich, ist ihnen bewusst.
Aus erster Hand zu verfolgen ist die Reise auf Instagram unter die_drahteselseeradler