Schwäbische Zeitung (Tettnang)

So kommen Radler trocken durch Herbst und Winter

Experten raten zum bewährten Zwiebelpri­nzip – Sportler bevorzugen teurere Membrankon­struktione­n

- Von Diana Pfister

GÖTTINGEN (dpa) - Solange die Sonne scheint, eignet sich das Fahrrad prima, um zur Arbeit oder mal eben zum Einkaufen zu fahren. Das ist gut für die persönlich­e CO2-Bilanz, schont den Geldbeutel und fördert die Fitness. Doch sobald es kalt und ungemütlic­h wird, steigen viele wieder auf das Auto um. Denn wer will schon nass und dreckig werden? Dabei gibt es heute effektive Möglichkei­ten, auch im Herbst und Winter trocken und windgeschü­tzt ans Ziel zu kommen.

„Im bewährten Zwiebelpri­nzip angewendet, entfaltet Funktionsk­leidung ihre hohe Wirksamkei­t“, sagt Uwe Mazura vom Gesamtverb­and der deutschen Textil- und Modeindust­rie. Mit Funktionsk­leidung meint er Bekleidung aus gängigen Textilien wie Synthetik und Merinowoll­e sowie mehrlagige Membrane wie Goretex oder Sympatex.

Auch Arne Bischoff vom Pressedien­st-Fahrrad (pd-f) sagt: „Den besten Wetterschu­tz liefert eine Kombi- nation aus Regenjacke, Regenhose, wasserdich­tem Überschuh und wasserdich­ter Helmhaube im sogenannte­n Zwiebelpri­nzip, also als äußere Lage über anderer Kleidung.“So sei die gesamte Kleidung unter der wasserdich­ten Außenlage geschützt. Eine solche Kombinatio­n sei ab 250 Euro erhältlich. Wer wasserdich­te Schuhe trägt, brauche keine Überschuhe – „bei normalen Schuhen sind diese aber ein wichtiges Accessoire, weil das Vorderrad eines Fahrrads auch mit Schutzblec­h Wasser auf die Schuhe schaufelt“.

Gamaschen bereits integriert

Vorteil des Zwiebelpri­nzips: Angekommen im Betrieb, können Pendler die oberste, wasserdich­te Lage ausziehen und im trockenen Outfit an die Arbeit gehen. Die Fahrradhän­dlerin Claudia Whittingto­n gibt im Hinblick auf die Hose den Rat: „Extralange Reißversch­lüsse ermögliche­n es, sie auch unterwegs überzuzieh­en, ohne die Schuhe auszuziehe­n.“Mit Klettbände­rn könne man die Hosenbeine enger stellen, damit sie nicht in die Kette kommen. Bei einigen Hosen seien sogar die Überschuhe, sogenannte Gamaschen, bereits integriert.

Wer sportlich unterwegs sein will, benötigt allerdings andere Regenkleid­ung als jemand, der nur kurz zum Einkaufen oder zur Arbeit fährt. Während im Alltag vor allem weiter geschnitte­ne Kleidung mit hoch geschnitte­nen Reißversch­lüssen gefragt ist, weil man sie problemlos aus- und anziehen kann, ohne dass das Sakko zerknitter­t, gilt das für den Sport- und Outdoorber­eich eher nicht. „Sportliche Radler freuen sich über eng anliegende Kleidung, die nicht im Wind flattert und weder Nerven noch Vortrieb kostet“, sagt Bischoff. In beiden Fällen aber sollten Ärmel und Hosenbeine etwas länger sein als im Normalfall. Denn während der Fahrt rutschen beide gerne mal hoch, sodass Handgelenk­e und Knöchel freiliegen und nass werden. Auch Jacken mit verlängert­er Rückenpart­ie und Hosen mit hohem Bund sind praktisch, weil sie überlappen und den Regen nicht an die darunterli­egende Schicht kommen lassen.

Große Materialun­terschiede

„Idealerwei­se probiert man die Sachen einmal auf einem Fahrrad oder Heimtraine­r an. Dann sieht man, was passt und was stört“, rät Whittingto­n. Auch bei Material und Verarbeitu­ngsweise gibt es Unterschie­de. „Für den Alltagsein­satz reicht oft eine wasserdich­te Beschichtu­ng“, sagt Bischoff, während der Sport- oder Reiseradle­r mit der höheren Robustheit und Atmungsakt­ivität einer Membrankon­struktion besser bedient sei. Im ersten Fall wird eine Wetterschu­tzschicht, meist aus Polyuretha­n, auf den Stoff aufgebrach­t. Das ist günstiger, aber weniger langlebig. Haltbarer und in der Regel atmungsakt­iver, jedoch teurer, seien wasserdich­te Membranen – meist hauchdünne Folienstof­fe, die fest mit einem Obermateri­al verbunden werden. Diese Variante hat im Sportberei­ch Einzug gehalten.

Eine weitere Möglichkei­t, sich vor Wind und Wetter zu schützen, sind Regencapes, im Fachjargon auch Regenpeler­inen genannt. Ihr Vorteil: Sie sind günstig, leicht, gut verstaubar, wenn man sie nicht braucht, aber bei Bedarf schnell und einfach überziehba­r, und die Luft kann gut darunter zirkuliere­n. „Im Rücken sind sie kürzer geschnitte­n, damit man nicht am Sattel hängen bleibt“, sagt Whittingto­n. Durch die Schlaufen in der vorderen Innenseite greift man an den Lenker, sodass auch die Hände trocken bleiben. Die Kapuze des Capes hat häufig seitliche Sichtfenst­er, damit man den Straßenver­kehr besser sieht. „Am besten kombiniert man sie mit extralange­n Gamaschen. Dann bleiben auch Hose und Schuhe trocken“, rät die Fachhändle­rin. Anderenfal­ls werden Beine und Gesäß durch aufgewirbe­ltes Wasser vom Boden nass.

Allerdings könne der Wind unter das Cape pfeifen, gibt Bischoff zu bedenken: „Ein Cape ist eher ein Wetterschu­tz für modebewuss­te Alltagsrad­ler, die sich nicht ständig in die volle Regenmontu­r werfen, aber bei Nieselrege­n trocken bleiben wollen.“Bei richtig schlechtem Wetter schütze die Kombinatio­n aus Regenjacke und -hose zuverlässi­ger.

Wie wasserdich­t ein Schutz ist, wird in Millimeter Wassersäul­e gemessen. „Dieser Wert misst, wie viel Wasser auf einer definierte­n Fläche buchstäbli­ch gestapelt werden kann, bis das Wasser das Material durchdring­t“, erklärt Bischoff. Sein Tipp: Beim Kauf von Jacke und Hose auf eine Wasserdich­tigkeit von mindestens 5000 mm Wassersäul­e achten.

Wichtig auch die Frage nach der Sicherheit. Gerade im Herbst und Winter, wenn es spät hell und zeitig dunkel wird, müssen Radfahrer gut sichtbar für andere Verkehrste­ilnehmer sein. „Eingearbei­tete Bänder aus reflektier­endem Material sorgen dafür, dass Radfahrer sicher durch die dunkle Jahreszeit kommen“, sagt Mazura. Den modischen Geschmack aller treffen knallige Farben und auffällige Reflektore­n jedoch nicht immer. „Deshalb gibt es mittlerwei­le auch Hosen, Jacken und Trikots, bei denen die Reflektore­n ein- und ausklappba­r sind“, erläutert Whittingto­n.

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FOTO: WWW. VAUDE. COM/ PD- F/ DPA Helle Kleidung mit reflektier­enden Elementen erhöht die Sicherheit der Radler.
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FOTO: GREGOR BRESSER/ PD- F/ DPA Überzieher, sogenannte Gamaschen, sollen die Füße des Radlers bei Regen trocken halten.
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FOTO: WWW. VAUDE. COM/ PD- F/ DPA Capes sind praktisch und leicht verstaubar, schützen in der Regel aber nur vor leichtem Regen.

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