Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Stromleitung Grünkraut-Wangen wird ausgebaut
Immer mehr Strom muss über das Netz transportiert werden – Mastenfrage im Gemeinderat
GRÜNKRAUT/NEUKIRCH/TETTNANG - Es ist das Thema Strom, das die Gemeinde Grünkraut immer und immer wieder beschäftigt, weil über die Gemeinde eine wichtige 110-kVHochspannungsleitung verläuft. Früher gab es schon Aufregung wegen des Brummtons, der die Anwohner störte, jetzt ist der Netzausbau aktuell. Denn die Netzagentur Netze BW, ein Tochterunternehmen des Energieversorgers EnBW, rüstet ihr Stromnetz auf und macht es zukunftsfähig. In der jüngsten Gemeinderatssitzung hat Daniel Zirke von der Netze BW die Pläne vorgestellt.
Konkret geht es um die 18 Kilometer lange Hochspannungsleitung zwischen den Umspannwerken Grünkraut und Wangen. Die Kabel der Leitung verlaufen dabei über die Gemeinden Achberg, Bodnegg, Grünkraut, Neukirch, Tettnang und Wangen. Im weiteren Verlauf wird auch die 29 Kilometer lange Leitung zwischen den Umspannwerken Wangen und Leutkirch erneuert. Insgesamt sind es zwischen Grünkraut und Leutkirch 172 Strommasten.
Neue Masten werden bis zu vier Meter höher als die alten
Der Grund für den Ausbau ist auf der einen Seite der gestiegene Bedarf an Strom, aber auch der Ausbau von regenerativen Energien. „Früher wurde der Strom von oben nach unten zum Verbraucher geliefert. Heute kommt er auch von unten“, erklärte Daniel Zirke, bei der Netze BW zuständig für die Projektkommunikation. „Gerade in Ihrem Bereich gibt es viel Photovoltaikanlagen, die Strom ins Netz einspeisen“, sagte Zirke in der Gemeinderatssitzung.
Doch was bedeutet der Netzausbau konkret? Das machte Zirke deutlich: Alle Masten der Hochspannungsleitung stammen aus dem Jahr 1955 und müssen Stück für Stück abund die neuen aufgebaut werden. Das Ganze geschieht trassengleich – es gibt also keine Abweichung zur bestehenden Stromtrasse. Damit die neuen Leitungen mehr Strom transportieren können, „werden die Leiterseile um wenige Millimeter“dicker. Und damit die Masten stabiler werden, werde mehr Stahl verbaut. Sie werden „maximal vier Meter“höher. Außerdem würden die Fundamente leicht erweitert werden müssen. Zirke versprach: Das werde in der Landschaft nicht auffallen. Die Spannung werde nicht erhöht.
Netze BW schlägt Bau von Stahlgittermasten vor
Momentan favorisiert die Netze BW, die alten Masten durch neue Stahlgittermasten zu ersetzen, weil man Erfahrung mit diesen habe, sie leicht zu warten seien und zudem praktische Vorteile hätten. Sie seien außerdem sehr leicht auszutauschen. Dann brachte Grünkrauts Bürgermeister Holger Lehr das Thema Kompaktmasten in die Diskussion ein. Der Bundesverband Kompaktleitungen aus Berlin habe darüber informiert, dass die sogenannten Kompaktmasten landschafts- und naturschonender seien. Mit diesen Vollwandmasten könnten die Auswirkungen der Freileitungen durch elektrische und magnetische Felder auf Anwohner „deutlich reduziert werden“, erklärt der Verband.
Kompaktmasten werden unter anderem bereits vom Allgäuer Überlandwerk (Kempten) im Allgäu eingesetzt. Sie seien sowohl technisch als auch wirtschaftlich mit den Stahlgittermasten gleichauf und seien bei 380-kV-Leitungen in den Niederlanden mittlerweile gesetzlich verpflichtend, sagt der Verbandsvorsitzende Klaus Denzinger. Dem Bundesverband gehören unter anderem Masthersteller, Universitäten, Trassierungsfirmen, Kabelhersteller und Bauunternehmen an. Er finanziert sich aus den Mitgliedsbeiträgen.
Kompaktmasten hätten zwar den Vorteil, dass sie schmaler sind und weniger Fläche verbrauchen, allerdings seien sie gleich hoch, hieß es in der Sitzung. Außerdem, so Daniel Zirke, sei es durch die kürzeren Traversen schwierig, Wartungsarbeiten unter Strom durchzuführen, weswegen man den Strom abstellen müsste. „Die Netze BW nutzt die Kompaktmasten nur, wenn es technisch und rechtlich zwingend ist.“
Vollwandmasten – wie es bei Kompaktmasten der Fall ist – seien zudem bei widrigem Wetter schwieriger zu besteigen, so Zirke. Er empfahl allerdings, sich für eine einheitliche Lösung im Landschaftsbild (Gitteroder Vollwandmasten) zu entscheiden, weil die unterschiedlichen Mastarten Unruhe ins Landschaftsbild brächten.
Erdkabel sind deutlich teurer als die überirdische Verlegung
In der Diskussion fragte Gemeinderätin Elena Igel, ob es nicht gar denkbar wäre, die Leitung in die Erde zu verlegen. Laut Zirke sei dies zwar prinzipiell denkbar, allerdings müsste die Gemeinde dann die Differenz der Kosten übernehmen. Die Kosten für einen Kilometer Freileitung betragen seinen Angaben zufolge 400 000 bis 500 000 Euro, die Kosten für einen Kilometer Erdkabel betragen rund 1,3 Millionen Euro.
Momentan sei man laut Daniel Zirke dabei, den Planfeststellungsantrag fertigzustellen, damit dieser Anfang des nächsten Jahres eingereicht werden kann. Der Bau soll dann von 2019 bis 2020 vonstattengehen. Ab 2021 soll auf der neuen Leitung Strom fließen.