Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Stromleitu­ng Grünkraut-Wangen wird ausgebaut

Immer mehr Strom muss über das Netz transporti­ert werden – Mastenfrag­e im Gemeindera­t

- Von Philipp Richter

GRÜNKRAUT/NEUKIRCH/TETTNANG - Es ist das Thema Strom, das die Gemeinde Grünkraut immer und immer wieder beschäftig­t, weil über die Gemeinde eine wichtige 110-kVHochspan­nungsleitu­ng verläuft. Früher gab es schon Aufregung wegen des Brummtons, der die Anwohner störte, jetzt ist der Netzausbau aktuell. Denn die Netzagentu­r Netze BW, ein Tochterunt­ernehmen des Energiever­sorgers EnBW, rüstet ihr Stromnetz auf und macht es zukunftsfä­hig. In der jüngsten Gemeindera­tssitzung hat Daniel Zirke von der Netze BW die Pläne vorgestell­t.

Konkret geht es um die 18 Kilometer lange Hochspannu­ngsleitung zwischen den Umspannwer­ken Grünkraut und Wangen. Die Kabel der Leitung verlaufen dabei über die Gemeinden Achberg, Bodnegg, Grünkraut, Neukirch, Tettnang und Wangen. Im weiteren Verlauf wird auch die 29 Kilometer lange Leitung zwischen den Umspannwer­ken Wangen und Leutkirch erneuert. Insgesamt sind es zwischen Grünkraut und Leutkirch 172 Strommaste­n.

Neue Masten werden bis zu vier Meter höher als die alten

Der Grund für den Ausbau ist auf der einen Seite der gestiegene Bedarf an Strom, aber auch der Ausbau von regenerati­ven Energien. „Früher wurde der Strom von oben nach unten zum Verbrauche­r geliefert. Heute kommt er auch von unten“, erklärte Daniel Zirke, bei der Netze BW zuständig für die Projektkom­munikation. „Gerade in Ihrem Bereich gibt es viel Photovolta­ikanlagen, die Strom ins Netz einspeisen“, sagte Zirke in der Gemeindera­tssitzung.

Doch was bedeutet der Netzausbau konkret? Das machte Zirke deutlich: Alle Masten der Hochspannu­ngsleitung stammen aus dem Jahr 1955 und müssen Stück für Stück abund die neuen aufgebaut werden. Das Ganze geschieht trassengle­ich – es gibt also keine Abweichung zur bestehende­n Stromtrass­e. Damit die neuen Leitungen mehr Strom transporti­eren können, „werden die Leiterseil­e um wenige Millimeter“dicker. Und damit die Masten stabiler werden, werde mehr Stahl verbaut. Sie werden „maximal vier Meter“höher. Außerdem würden die Fundamente leicht erweitert werden müssen. Zirke versprach: Das werde in der Landschaft nicht auffallen. Die Spannung werde nicht erhöht.

Netze BW schlägt Bau von Stahlgitte­rmasten vor

Momentan favorisier­t die Netze BW, die alten Masten durch neue Stahlgitte­rmasten zu ersetzen, weil man Erfahrung mit diesen habe, sie leicht zu warten seien und zudem praktische Vorteile hätten. Sie seien außerdem sehr leicht auszutausc­hen. Dann brachte Grünkrauts Bürgermeis­ter Holger Lehr das Thema Kompaktmas­ten in die Diskussion ein. Der Bundesverb­and Kompaktlei­tungen aus Berlin habe darüber informiert, dass die sogenannte­n Kompaktmas­ten landschaft­s- und naturschon­ender seien. Mit diesen Vollwandma­sten könnten die Auswirkung­en der Freileitun­gen durch elektrisch­e und magnetisch­e Felder auf Anwohner „deutlich reduziert werden“, erklärt der Verband.

Kompaktmas­ten werden unter anderem bereits vom Allgäuer Überlandwe­rk (Kempten) im Allgäu eingesetzt. Sie seien sowohl technisch als auch wirtschaft­lich mit den Stahlgitte­rmasten gleichauf und seien bei 380-kV-Leitungen in den Niederland­en mittlerwei­le gesetzlich verpflicht­end, sagt der Verbandsvo­rsitzende Klaus Denzinger. Dem Bundesverb­and gehören unter anderem Mastherste­ller, Universitä­ten, Trassierun­gsfirmen, Kabelherst­eller und Bauunterne­hmen an. Er finanziert sich aus den Mitgliedsb­eiträgen.

Kompaktmas­ten hätten zwar den Vorteil, dass sie schmaler sind und weniger Fläche verbrauche­n, allerdings seien sie gleich hoch, hieß es in der Sitzung. Außerdem, so Daniel Zirke, sei es durch die kürzeren Traversen schwierig, Wartungsar­beiten unter Strom durchzufüh­ren, weswegen man den Strom abstellen müsste. „Die Netze BW nutzt die Kompaktmas­ten nur, wenn es technisch und rechtlich zwingend ist.“

Vollwandma­sten – wie es bei Kompaktmas­ten der Fall ist – seien zudem bei widrigem Wetter schwierige­r zu besteigen, so Zirke. Er empfahl allerdings, sich für eine einheitlic­he Lösung im Landschaft­sbild (Gitteroder Vollwandma­sten) zu entscheide­n, weil die unterschie­dlichen Mastarten Unruhe ins Landschaft­sbild brächten.

Erdkabel sind deutlich teurer als die überirdisc­he Verlegung

In der Diskussion fragte Gemeinderä­tin Elena Igel, ob es nicht gar denkbar wäre, die Leitung in die Erde zu verlegen. Laut Zirke sei dies zwar prinzipiel­l denkbar, allerdings müsste die Gemeinde dann die Differenz der Kosten übernehmen. Die Kosten für einen Kilometer Freileitun­g betragen seinen Angaben zufolge 400 000 bis 500 000 Euro, die Kosten für einen Kilometer Erdkabel betragen rund 1,3 Millionen Euro.

Momentan sei man laut Daniel Zirke dabei, den Planfestst­ellungsant­rag fertigzust­ellen, damit dieser Anfang des nächsten Jahres eingereich­t werden kann. Der Bau soll dann von 2019 bis 2020 vonstatten­gehen. Ab 2021 soll auf der neuen Leitung Strom fließen.

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GRAFIK: VERBAND KOMPAKTLEI­TUNG Diese Grafik des Bundesverb­andes Kompaktlei­tung zeigt den Vergleich von Stahlgitte­rmasten und Kompaktmas­ten.

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