Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Wagner-Fans kommen auf ihre Kosten
Krimi-Autor liest vor dem offiziellen Verkaufsbeginn aus „Sakari lernt durch Wände zu gehen“
KRESSBRONN - Am Samstagabend ist im Haus der Musik in Gattnau zur Vorpremiere des neuesten Werkes von Jan Costin Wagner geladen worden. Der Autor selbst hat aus „Sakari lernt durch Wände zu gehen“gelesen. Damit konnten die Zuhörer schon vor dem offiziellen Verkaufsbeginn Kommissar Kimmo Joentas sechsten Auftritt miterleben.
Mit „Eismond“begann im Jahr 2003 die Reihe um den finnischen Ermittler aus Tukur. Obwohl er ursprünglich nicht als Serienfigur angelegt war, erschien dann 2007 mit „Das Schweigen“die erste Fortsetzung, der noch vier weitere folgten. Wagners Einstieg in das Genre war das allerdings nicht, schon für seinen ersten Krimi „Nachtfahrt“hatte er 2002 den Krimipreis „Marlowe“erhalten.
Die Lesung war Teil der „Kressbronner Krimi-Nächte“, die in diesem Jahr ihre vierte Auflage erfahren. Mit Autorenlesungen, Filmvorführungen und Krimi-Theatern sorgten die Organisatoren auch dieses Jahr wieder für ein abwechslungsreiches Programm. Ulrike Martin vom Kulturbüro Kressbronn hatte Jan Costin Wagner in Zusammenarbeit mit der Buchhandlung Lesb@r für einen Auftritt im Bodensee-Städtchen ausgewählt.
Erschienen ist Wagner im Haus der Musik in Gattnau ganz unprätentiös im grauen Pullover, was auch zu seinem schlichten Lesestil passte. Ohne sonderlich emotional zu werden, trug er verschiedene Episoden aus seinem neuesten Buch vor. Dabei ging er nicht stringent nach deren Reihenfolge vor, denn das Werk folgt keinem gerade durchlaufenden roten Faden. Es ist „mosaikartig zusammengesetzt“.
Wie bei der Mehrzahl der modernen Kriminalromane ist die Suche nach dem Täter nicht das bestimmende Element des Buches, sondern bildet eher den Aufhänger für die eigentliche Handlung. Wagner geht es in seinen Büchern in erster Linie um Verlust und Neubeginn. Das ist auch das Bestimmende im Leben Kimmo Joentas, der im ersten Buch seine junge Ehefrau durch Krebs verliert. Durch das Verarbeiten dieses traumatischen Verlustes entwickelt er allerdings die Kraft, anderen Trauernden beizustehen und wird dadurch mehr ein trauernder Tröster als ein Detektiv.
Diese melancholische Grundstimmung der Romane passt gut in das Untergenre der Skandinavien-Krimis, die sich spätestens seit dem Durchbruch von Henning Mankells Büchern in Deutschland höchster Beliebtheit erfreuen. Es war aber nie Wagners Plan, sich in diese Krimitradition einzureihen, vielmehr wählte er Finnland als Ort der Handlung aus, weil er dieses Land, aus dem auch seine Frau kommt, von Herzen mag und intensiv in sich trägt. Für seinen ersten Joenta-Krimi schien es ihm einfach das passende Umfeld zu sein.
Der Autor setzt das in einer bildhaften Sprache um, die sich ausgeprägt und oft zeitdehnend den spontanen Assoziationen der jeweiligen Protagonisten widmet. Auch vor langen Sätzen schreckt er dabei keineswegs zurück. Das ist sicherlich nicht jedermanns Sache. Seinen Fans aber gefällt es sehr.
Lesung mit Gesang
Eher etwas ungewöhnlich für eine Autorenlesung war, dass er sich zwischen den Leseteilen immer wieder an das Klavier setzte und sein Spiel teilweise auch mit Gesang begleitete. Auch das kam bei den Gästen gut an und bot eine willkommene Auflockerung des Abends.
Nach dem Ende der Lesung lud Wagner die Zuhörer dann noch ein, Fragen zu stellen, ein Angebot, dass diese gerne annahmen, um sich Hintergründe zu seinem Schaffen erläutern zu lassen. Natürlich signierte er auch gerne die Exemplare seines neuen Buches, das hier bereits vorab verkauft wurde. Für Wagner-Fans war es sicherlich ein sehr gelungener Abend bei den „Kressbronner KrimiNächten“.