Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Vortrag zieht viele Interessierte an
„100 Jahre Erster Weltkrieg“: Auf den Spuren von 130 Langnauer Männern
HILTENSWEILER - Die ehrenamtliche Geschäftsführerin Anja Bohner hat knapp 50 am Thema „Erster Weltkrieg“interessierte Zuhörer im Dorftreff in Hiltensweiler begrüßen können. Sie führte aus, dass diese Lokalität für medientechnisch anspruchsvolle Vorträge, wie dem bevorstehenden, von dem es seit der Eröffnung des Dorfladens im Frühjahr schon mehr als 30 gegeben hat, gut eingerichtet sei und für Besucher kostenfrei zu besuchen ist.
Anja Bohner stellte die vier Argentäler vor, die sich auf die Spuren gefallener und heimgekehrter Kriegsteilnehmer aus den Ortsteilen der früheren Gemeinde Langnau gemacht haben. Maria Weber, Ferdinand Bohner, Alois Holitsch und Stefan Wortmann machten eine Reise in die Vergangenheit an die Kriegsschauplätze des „Völkerkrieges von 1914-18“in Westflandern/Belgien. Unter der Leitung und Organisation von Stefan Wortmann, der auch die Idee zur Tour hatte, machten sie sich auf die elfstündige Reise ins ehemalige Kriegsgebiet.
Jeder Mitreisende hatte „seine“Motivation im Gepäck dabei. So auch Maria Weber, die Spuren von Mathias Schnell dem Bruder ihrer Uroma finden wollte. Als 17-jähriger Kriegsfreiwilliger war er als Krankenträger an der Front in Flandern eingesetzt worden. Maria Webers Recherchen ergaben den Hinweis auf einen Ort, an dem ihr Verwandter zuletzt gesehen wurde. Diesen Ort zu finden und im Gedenken zu verweilen, war ihr wichtig.
Der Vortrag begann mit einem kurzen Film. Und zwar mit der bekannten Weihnachts-Fußball-Szene 1914, welche ein sehr emotionaler Einstieg in die Thematik war: Völkerverbindung für wenige Augenblicke mit einem Weihnachtslied über Schützengräben hinweg. Und Freude bei den Soldaten, die in ein spontanes Fußballspiel mündete. Absurder konnte es nicht sein, dass die Soldaten Stunden später in schrecklicher Gegnerschaft wieder aufeinander schießen mussten.
Auf jedem Quadratmeter Vergangenheit
Diesem und anderen Ereignissen wollten die vier nachspüren. Sie bewegten sich dabei in einem Radius von etwa 15 Kilometern um die Stadt Ypern im Westen Belgiens. Und sie begegneten dort auf jedem Quadratmeter der Vergangenheit. Ein dicht gedrängtes Programm mit Museen, Denkmälern, Kriegsschauplätzen und Soldatenfriedhöfen stand auf ihrem Besuchsprogramm. Immer neue technische Erfindungen waren es, die den Krieg dieser Jahre erstmals zu einem technisch-industriell geführten Krieg machten. Zu den daraus resultierenden Ergebnissen gehörte ein besonderer Schreckensort. Es war der Ort Langemark, an dem in diesem Krieg 1915 erstmals Giftgas verwendet wurde.
Beeindruckend für alle war die Größe der Soldatenfriedhöfe. Verbunden mit der Erkenntnis, wie unterschiedlich das Gedenken an diesen Krieg von den einzelnen Nationen wahrgenommen wurde. Von der Pflege der Gräber bis zu wöchentlichen Gedenkfeiern gab es eine große Bandbreite der Erinnerungskultur.
Zufrieden und sehr betroffen zugleich war Maria Weber, als sie an dem mutmaßlichen Ort stand, an dem ihr Verwandter als Krankenträger im Mai 1915 zuletzt gesehen worden war. Es war eine Bunkeranlage in der unmittelbaren Nähe von großen, jetzt wassergefüllten und idyllisch mit Grün bewachsenen Ufern. Den Bombentrichtern von damals. Damals ein Ort des Grauens, wo sich das Soldatenleben vorwiegend unter der Erde abspielte, weil es „oben“nur noch Kraterlandschaft gab. Maria Weber hat sich bewußt gemacht, was Mathias Schnell in seinem noch jungen Leben hier alles erleben musste.
Dieser eindrucksvolle Vortrag im Dorftreff in Hiltensweiler wird sicher noch lange Gesprächsstoff sein. Um an die 130 Langnauer jungen Männer zu erinnern, die in einem schrecklichen Krieg im Einsatz waren und von denen viele dabei ums Leben kamen. Dank einer erhalten gebliebenen Soldatenchronik konnte an die Langnauer Männer erinnert werden. Und den vier Reisenden ist zu danken, dass sie anlässlich der Erinnerung an „100 Jahre Erster Weltkrieg“und ihrem Vortrag auch daran erinnern, weshalb ein vereintes Europa entstanden und der Zusammenhalt einzelner Nationen heute wichtiger denn je ist.