Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Häfler Familie erlebt ein kleines Wunder

Zweijährig­e musste lange über eine Sonde ernährt werden – Organisati­onen finanziere­n Sonden-Entwöhnung

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FRIEDRICHS­HAFEN (coko) - Herzfehler, Gaumenspal­te: Die Zweijährig­e isst und schluckt zum ersten Mal in ihrem Leben – dank freiwillig­er Helfer aus Friedrichs­hafen.

Die kleine Jana sitzt auf dem Schoß ihres Vaters und isst einen Keks. Genüsslich kaut die fast Zweijährig­e auf dem Gebäck. Was für andere Kinder ganz normal ist, ist für Jana etwas ganz Besonderes. Denn sie kann erst seit wenigen Monaten selbst essen. Davor wurde sie durch eine Sonde ernährt. Die Stiftung Gemeinsinn Ailingen hat gemeinsam mit anderen Häfler Organisati­onen, darunter auch Häfler helfen, ermöglicht, dass Jana von der Sonde entwöhnt wurde und jetzt selbst essen kann.

Im Dezember 2015 wird Jana mit vier Löchern im Herz und der sogenannte­n Pierre-Robin-Sequenz, also mit Fehlbildun­gen im Kiefer und einer Gaumenspal­te, geboren. Zunächst wird dem Baby eine Sonde durch die Nase gelegt, später bekommt Jana eine PEG-Sonde, also eine Sonde durch die Bauchwand in den Magen. Nur so kann sie ernährt werden.

Doch Jana verträgt die SondenNahr­ung nicht gut und muss sich immer wieder übergeben. „Uns war klar, dass wir Jana so schnell wie möglich wieder von der Sonde entwöhnen müssen“, sagt Janas Vater, Christian Klingler, der mit seiner Familie in Ailingen lebt. Die SondenEntw­öhnung war nach einer Herzoperat­ion in diesem Sommer geplant. Die Krankenkas­se bot der Familie an für eine Sonden-Entwöhnung im Krankenhau­s 30 000 Euro zu zahlen. Dafür hätte das Mädchen aber drei Wochen im Krankenhau­s in Tübingen oder Ulm verbringen müssen. „Jana bekommt Panikattac­ken, wenn wir mit ihr in ein Krankenhau­s gehen. Dort hat sie einfach schon so viel Schlechtes erlebt. Wir hätten mit ihr auf keinen Fall drei Wochen in einer Klinik bleiben können“, sagt Mutter Sabrina Klingler.

Entwöhnung in vertrauter Umgebung

Durch ihre Logopädin erfuhr die Familie von einem Arzt, der die Entwöhnung von der Sonde innerhalb von zehn Tagen bei der Familie zu Hause in Ailingen durchführe­n könne. Die 8000 Euro für diese Behandlung übernahm die Krankenkas­se allerdings nicht. Bei der Sonden-Entwöhnung sollte Jana beigebrach­t werden, selbst zu essen und ein Hungergefü­hl zu entwickeln, das ihr durch die Ernährung durch die Sonde verloren gegangen war.

Für Janas Eltern war klar, dass sie ihrer Tochter eine Sonden-Entwöhnung zu Hause ermögliche­n wollen. Die Kosten musste die Familie dann aber selbst tragen. Um die Entwöhnung zu finanziere­n, starteten Janas Eltern einen Spendenauf­ruf im Internet. So kamen 2000 Euro zusammen. Zusätzlich suchte die Familie Hilfe bei ihrer Nachbarin Trudi Riek, die Mitglied der Aktion Gemeinsinn Ailingen ist.

Die Stiftung möchte Familien in Not schnell und unbürokrat­isch helfen. „Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie die Familie Klingler vor meiner Tür stand. Ich wusste sofort, dass wir etwas für Jana tun müssen“, erzählt Trudi Riek. Von da an ging alles ganz schnell, denn Georg Schellinge­r, Ortsvorste­her von Ailingen, war von der Idee der Familie Klingler mit der Stiftung Gemeinsinn Ailingen zu helfen begeistert und holte weitere Häfler Organisati­onen ins Boot.

„Innerhalb eines Tages war klar, dass wir die ambulante Sonden-Entwöhnung gemeinsam komplett bezahlen können“, sagt Schellinge­r. Neben Gemeinsinn Ailingen haben die Aktion Häfler helfen, die BarbaraMüg­el-Stiftung, die Frauen des Ailinger Marktwirts­chäftles und die Diakonie die Familie finanziell unterstütz­t. „Es ist ein tolles Gefühl, dass wir als Gemeinscha­ft helfen konnten. Das zeigt den tollen Zusammenha­lt in Friedrichs­hafen“, sagt Diakon Ulrich Föhr von Häfler helfen.

Jana kann endlich selbst essen

Für die Unterstütz­ung sind Janas Eltern sehr dankbar, denn durch die Sonden-Entwöhnung, kann Jana jetzt essen und braucht keine zusätzlich­e Nahrung durch die Sonde. Sie entwickle sich gut und sei viel lebendiger geworden, erzählen ihre Eltern. „Sie holt jetzt nach, was sie die zwei Jahre verpasst hat. Bei Jana dreht sich jetzt alles ums Essen“, sagt Sabrina Klingler und lächelt. Janas Lieblingse­ssen ist selbst gekochte Kürbissupp­e von Oma.

Die Sonde hat das Mädchen aber immer noch im Bauch. „Bald hat Jana eine Operation, bei der ihre Gaumenspal­te geschlosse­n werden soll, danach könnte sie wieder Probleme beim Essen haben“, erklärt Christian Klingler. Wenn der Gaumenvers­chluss überstande­n ist, soll dann auch die Sonde entfernt werden.

Ein Video über Jana und ihre Familie finden Sie online unter

www.schwaebisc­he.de/sonde

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FOTO: CORINNA KONZETT Schritt für Schritt in ein normales Leben: Jana ist nach ihrer Herz-OP und der Therapie viel aktiver als früher.

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