Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Linksgedreht und rechtsgedreht
Perfekt sein zu wollen ist ja ein guter Vorsatz, wobei sich freilich gleich die Frage erhebt, ob man nun wirklich immer perfekt sein muss. Erlaubt sich doch selbst die Natur hin und wieder ein kleines Späßle. Wie zum Beispiel bei Jeremy. Jeremy war (er war, denn leider hat ihn im Oktober das Zeitliche gesegnet) eine englische Schnecke mit Haus, im Prinzip, könnte man also meinen, eine Schnecke wie alle anderen ihrer Rasse auch. Es gab jedoch einen, allerdings bedeutenden, Unterschied: Jeremy hatte das Pech ein links- statt eines rechtsgedrehten Häuschens zu haben, was bei Schnecken bedeutet, dass sich alle Organe einschließlich der Fortpflanzungsorgane auf der anderen Seite als üblich befinden. Jetzt sind Schnecken ja Zwitter, was das Schneckenleben, so denkt man sich jedenfalls, grundsätzlich erleichtern dürfte, insbesondere was die Fortpflanzung anbelangt, weil ja jede mit jeder Nachwuchs zeugen kann. Da bei Jeremy aber alles seitenverkehrt war, klappte das nicht, weil sich keine andere Schnecke mit linksgedrehtem Häuschen fand. Es gibt ja auch Menschen, bei denen das Herz oder sogar alle inneren Organe seitenverkehrt angelegt sind. Was aber glücklicherweise bei uns Menschen die Fortpflanzung nicht beeinträchtigt. Und ob das Herz nun rechts oder links liegt – wichtig ist doch, man hat es auf dem rechten Fleck! Was nun die Schnecke Jeremy anbelangte, so fanden Genforscher doch noch einen passenden Partner. Die Nachkommen der beiden waren allerdings alle rechtsgedreht. Man wartet nun auf die Enkelgeneration.