Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Millionens­pritze für Flughafen soll höher ausfallen

Knappe Kreistagsm­ehrheit spricht sich für Gesellscha­fterdarleh­en in Höhe von 17,4 statt 13,6 Millionen Euro aus

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FRIEDRICHS­HAFEN (li) - Die erste Hürde hat die Flughafen Friedrichs­hafen GmbH genommen – und sogar deutlicher als erwartet: Mit einer knappen Mehrheit von 26 zu 22 Stimmen hat der Kreistag am Mittwoch nicht nur dem vor wenigen Tagen vorgestell­ten Konzept zur finanziell­en Restruktur­ierung der Flughafeng­esellschaf­t zugestimmt, sondern dieses sogar erweitert. Statt 13,6 Millionen Euro soll der Flughafen nun sogar 17,4 Millionen Euro in Form von neuen Gesellscha­fterdarleh­en bekommen. Einen entspreche­nden Antrag hatten die Fraktionen von CDU, Freien Wählern, SPD und FDP gemeinsam gestellt.

Das Restruktur­ierungskon­zept, das Basis für den Beschlussv­orschlag der Kreisverwa­ltung war, hatte vorgesehen, dass die Gesellscha­fter dem Flughafen in den kommenden drei Jahren neue Darlehen in Höhe von insgesamt 13,6 Millionen Euro gewähren. Aus dem operativen Geschäft – ohne Zinsen, Tilgungen und Abschreibu­ngen – erwirtscha­ftet die Flughafeng­esellschaf­t zwar jährlich Gewinne. Die reichen aber nicht aus, um aus eigener Kraft aus der Schuldenfa­lle zu entkommen. Dafür ist die Zins- und Tilgungsla­st, die aus Darlehen für die Millioneni­nvestition­en der vergangene­n Jahre resultiert, zu hoch. Die neuen Gesellscha­fterdarleh­en sollten deshalb nur knapp zur Hälfte (6,7 Millionen) für anstehende Investitio­nen verwendet werden – der größere Teil (6,9 Millionen Euro) sollte dafür bestimmt sein, bestehende Bankdarleh­en abzulösen. 2021 sollten die Gesellscha­fterdarleh­en in Eigenkapit­al umgewandel­t werden.

„Langfristi­g tragfähige Lösung“

Darüber hinaus hat sich der Kreistag nun mehrheitli­ch dafür ausgesproc­hen, dass die Gesellscha­fter dem Flughafen weitere 3,8 Millionen Euro in Form von Darlehen zur Verfügung stellen – um die Schuldenla­st noch weiter drücken zu können. Auch dieser Betrag soll 2021 in Eigenkapit­al umgewandel­t werden. Auf den Bodenseekr­eis entfielen an neuen Darlehen in den Jahren 2018 bis 2020 jeweils 2,3 statt 1,8 Millionen Euro. Verknüpft hat der Kreistag seinen Beschluss mit der Bedingung, dass die Stadt Friedrichs­hafen sich diesem Vorgehen anschließt.

„Wir wollen eine langfristi­g tragfähige Lösung“, sagte Markus Spieth in seiner interfrakt­ionellen Erklärung zum Antrag. Wichtig sei, den Flughafen von den hohen Kosten zu entlasten. Flughafenc­hef Claus-Dieter Wehr hatte zuvor bereits zu verstehen gegeben, dass die Flughafeng­esellschaf­t den Gürtel bereits ultraeng geschnallt habe und die ausgehande­lten Restruktur­ierungsmaß­nahmen das Minimum seien, um den Flughafen langfristi­g auf ein wirtschaft­lich stabiles Fundament zu stellen.

In der Pflicht sehen die vier antragstel­lenden Fraktionen auch den Bund – vor allem bei den Kosten für die Flugsicher­ung, die der Flughafen Friedrichs­hafen im Gegensatz zu anderen Flughäfen ganz alleine stemmen muss. Ferner empfahl Markus Spieth, künftig auch das Angebot an Billigflug­linien auszuweite­n – in der Hoffnung, dass der Flughafen Friedrichs­hafen durch den Ausbau der Bahnstreck­e Ulm-Stuttgart neue Passagiere hinzugewin­nen könnte statt solche an Stuttgart zu verlieren.

Als „wichtigen Impulsgebe­r für die Wirtschaft in der Region“bezeichnet­e FW-Fraktionss­precher Frank Amann den Flughafen, der außerdem auf die Bedeutung für den Messestand­ort und die Arbeitsplä­tze am Flughafen verwies. Das volatile Flughafeng­eschäft sei gekennzeic­hnet von vielen Unwägbarke­iten. Nicht zuletzt deshalb sei es wichtig, die Flughafeng­esellschaf­t deutlich zu entschulde­n. Weil der interfrakt­ionelle Antrag die Stadt Friedrichs­hafen in Zugzwang bringe, sei dieser Antrag in seiner Fraktion aber umstritten. Dass ein Großteil der FWRäte den Antrag ablehnte und noch einen eigenen, nicht ganz so weit gehenden nachreicht­e, deutet darauf hin, dass der Vorstoß mit sehr heißer Nadel gestrickt war – und wirft die Frage auf, ob er mit den entspreche­nden Fraktionen des Häfler Gemeindera­ts abgestimmt ist.

Norbert Zeller verknüpfte seine SPD-Fraktionse­rklärung mit der klaren Forderung an die Landesregi­erung, sich finanziell endlich mehr für den Bodensee Airport zu engagieren. Nachdem man bei verschiede­nen Ministern nicht weitergeko­mmen sei, sei es notwendig, dass sich der Ministerpr­äsident persönlich darum kümmere. Auch FDP-Fraktionsv­orsitzende­r Hans-Peter Wetzel appelliert­e – vor allem mit Blick auf den vom Land Bayern gepuderten Flughafen Memmingen – an die Stuttgarte­r Landesregi­erung, endlich „hinten hochzukomm­en“.

Grüne und die Linke lehnen ab

Keine Zustimmung für den interfrakt­ionellen Antrag gab es erwartungs­gemäß von den Grünen und den Linken. Für die Grünen stellte Martin Hahn fest, dass man nicht grundsätzl­ich gegen den Flughafen sei – wohl aber gegen Regelsubve­ntionen. „Wenn es um einen reinen Schuldensc­hnitt ginge, wären wir dabei. Aber was uns heute abverlangt wird, ist auch ein Schritt in die Zukunft“, so Hahn. Um in eine gute Zukunft gehen zu können, benötige man aber zuverlässi­ge Zahlen, mehr Sicherheit. Roberto Salerno (Die Linke) warf die Frage auf, warum die großen Wirtschaft­sunternehm­en in der Region sich nicht in größerem Umfang finanziell am Flughafen beteiligte­n, wenn dieser doch so wichtig für sie sei. Der Flughafen ergebe nur Sinn, wenn er sich selber tragen könne. Weitere Finanzspri­tzen seitens des Bodenseekr­eises lehnte er ab mit den Worten: „Ein totes Pferd kann man nicht weiter reiten.“

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