Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Im Kreishaushalt klafft ein 9,2-Millionen-Euro-Loch
Landrat Wölfle kann erstmals keinen ausgeglichenen Haushalt einbringen – Kreisumlage soll steigen
FRIEDRICHSHAFEN - Im Haushaltsplan des Bodenseekreises für 2018 klafft ein Loch von 9,2 Millionen Euro. Erstmals in seiner zehnjährigen Amtszeit kann Landrat Lothar Wölfle keinen ausgeglichenen Entwurf in den Kreistag einbringen. Um das Defizit auszugleichen, hat der Landrat dem Kreistag am Mittwoch in der öffentlichen Sitzung die Anhebung der Kreisumlage von 32 auf 34 Prozent sowie einen Stopp der Schuldenreduzierung vorgeschlagen. Der Ergebnishaushalt erhöht sich dank der gestiegenen Steuerkraft um über zehn Millionen Euro von 308,4 auf rund 319 Millionen Euro.
Die Erhöhung des Hebesatzes dürfte noch für ordentliche Kontroversen sorgen, müssten doch dann die Gemeinden des Kreises das Loch im Etat stopfen. Für jeden Prozentpunkt mehr an Kreisumlage rechnet Wölfle mit 3 Millionen Euro mehr in der Kasse. 2012 lag der Hebesatz im Kreis sogar bei 35 Prozent, das war der höchste Wert bisher. 2017 wurde er von 33,4 auf 32 Prozent abgesenkt. Durchschnittlich liegt er bei 31,5 Prozent im Land (2017). Eine erneute Anhebung ist laut Landrat jedoch die letzte Möglichkeit, an die man rangehe, wenn man den Haushalt mit Sparen nicht ausgleichen könne.
Auch im neuen Haushalt können die Einnahmen aus der Kreisumlage (auf der Basis 32 Prozent) die Sozialausgaben nicht decken, was sie laut einer Faustformel aber sollten. 95 Millionen Euro bringt die Kreisumlage, rund 106,5 Millionen Euro ist der sogenannte Nettoressourcenbedarf im Teilhaushalt Soziales, macht ein Minus von 11,5 Millionen Euro. Es fließt also in diesem Bereich vom Kreis deutlich mehr Geld an die Bürger der Gemeinden zurück, als der Kreis von den Kommunen einnimmt.
„Nullrunde“beim Schuldenabbau
Um weitere 2,6 Millionen Euro könnte der Kreishaushalt entlastet werden, wenn man die für 2018 als Schuldentilgung geplante Summe gleich wieder als Kredit aufnimmt. Der Schuldenstand wäre durch die „Nullrunde“ (Wölfle) weiter bei 24,1 Millionen Euro. Eine zusätzliche Verschuldung kommt für den Landrat erst mal nicht infrage. Seit 2008 ist der Schuldenstand des Kreises von 54,1 Millionen Euro auf 24,1 Millonen Euro (2017) gesunken. Für 2018 steht derzeit noch die Reduzierung um weitere 2,6 Millionen Euro auf 21,5 Millionen Euro im Plan. „Wir wollen hier ungern das Rad zurückdrehen“, sagte Wölfe bereits vorab in einem Pressegespräch, eine neue Verschuldung gebe es nur, „wenn alle Stricke reißen“.
Die Ursachen für den Fehlbetrag sieht Wölfe zum einen in den gestiegenen Ausgaben im sozialen Bereich (von 173 auf 179 Millionen Euro). Aufgrund des neuen Unterhaltsvorschuss-Gesetzes kommen 2018 etwa 2 Millionen Euro an Mehrkosten auf den Kreis zu. Zum anderen sind dringend nötige Investitionen in die Infrastruktur geplant. Wölfle nannte hier etwa den Bereich Breitbandausbau (für 2018 nur 100 000 Euro, aber bis zu 25 Millionen Euro bis 2021) oder Sanierungen von kreiseigenen Gebäuden. Hier gebe es Nachholbedarf, in den vergangenen Jahren seien Investitionen aufgeschoben worden. Ins Gebäude in der Friedrichshafener Albrechtstraße 75 (neben dem neuen Landratsamtsgebäude) muss der Kreis 700 000 Euro stecken (Dachsanierung), die Droste-Hülshoffund die Hugo-Eckener-Schule werden mit insgesamt 1,8 Millionen Euro renoviert.
Höhere Kosten im Bereich Asyl
Auch die gestiegenen Aufwendungen im Bereich Asyl macht Wölfle für die Schieflage des Haushalts verantwortlich. Insgesamt bleiben laut Landrat 2018 9,3 Millionen Euro (2017 4,6 Millionen) beim Landkreis hängen. Eine Ursache dafür ist laut Wölfle auch, dass rund zwei Drittel der Kreisgemeinden ihrer Verpflichtung bei der Anschlussunterbringung nicht nachkommen würden. Für rund 250 bis 350 geflüchtete Menschen mit Bleiberecht müsse der Kreis derzeit aufkommen, obwohl er keinen Kostenersatz dafür bekomme. Daraus resultiert bereits ein Minus von 3,9 Millionen Euro. Derzeit kommen im Bodenseekreis jeden Monat rund 25 bis 30 Flüchtlinge an, also in etwa so viele wie in den Jahren 2013 oder 2014. „Die Lage hat sich deutlich entspannt“, sagte Wölfe. Der Landrat verurteilte in seiner Haushaltsrede den Brandanschlag auf die Asylbewerberunterkunft in Tettnang: „Leute, die so etwas machen, sind krank“, sagte er.
Im Ergebnishaushalt (laufende Ausgaben) erreicht der Haushaltsentwurf ein positives Ergebnis (plus 500 000 Euro). 319,4 Millionen Erträgen stehen 318,9 Millionen Euro Aufwendungen gegenüber. Dank der gestiegenen Steuerkraft steigt der Etat also um rund 10,5 Millionen Euro zu 2017 (ordentliche Aufwendungen). Die größten Brocken bei den Aufwendungen entfallen auf die Bereiche Soziales (179,4 Millionen Euro), Personal (55,9 Millionen) sowie Sach- und Dienstaleistungen (50,1 Millionen). Die Personalkosten wurden zwar per Kreistagsbeschluss auf 50 Millionen Euro gedeckelt, ausgenommen davon sind jedoch die tarifliche Dynamisierung der Gehälter (2,8 Millionen Euro) und die Personalkosten im Bereich Asyl (rund 3,15 Millionen Euro).
„Was wir aber nicht schaffen, sind die Investitionen“, sagte Wölfle. Ein weiteres Aufschieben sei hier keine Option, da für alle Ausgaben Kreistagsbeschlüsse vorlägen. Einen kleineren Betrag könne man durch Kürzungen von freiwilligen Leistungen erreichen, jedoch würden sich hier Entscheidungen aufgrund längerfristiger Verträge erst später auswirken. Im geplanten Finanzhaushalt (Investitionen) sind die größten anstehenden Aufgaben der Straßenund Radwegebau (10,4 Millionen Euro) sowie vom Kreis gewährte Darlehen (5,3 Millionen Euro). Die Kredite betreffen laut dem Entwurf das Technologietransferzentrum Ritz (1,65 Millionen Euro), die Bodensee Tourismus GmbH (825 000 Euro) und den Airport Friedrichshafen (2,8 Millionen Euro). Die größte Investition im Straßenbau ist die Südumfahrung Kehlen, die mit 7,5 Millionen Euro zu Buche schlägt.
Drei Sparrunden durchgeführt
Bei den ersten Plänen im Sommer habe der Plan noch ein Defizit von 30 Millionen Euro ausgewiesen, sagte Wölfle, in drei Sparrunden habe man es auf 9,2 Millionen Euro reduziert. Der Haushaltsplanentwurf wird jetzt in den verschiedenen Ausschüssen diskutiert, am 20. Dezember wird er im Kreistag verabschiedet. Bis dahin muss das 9,2-Millionen-Euro-Loch gestopft sein, ansonsten drohen Probleme mit dem Regierungspräsidium.