Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Bäckerhandwerk leidet an der mangelnden Wertschätzung
Zum Artikel „Die schwäbischste aller schwäbischen Backwaren“(16.11): Nett geschrieben war der Artikel über die Brezel als Wahrzeichen des Bäckerhandwerks. So traditionell wie die Brezel sind auch die allseits bekannten Arbeitsbedingungen: Frühes Aufstehen, Hitze und Zeitdruck. Dies sind die „hard facts“, weshalb es am qualifizierten Nachwuchs in diesem Handwerk mangelt. Wenn es beim Handwerk bleiben soll, kann daran wohl nicht viel geändert werden.
Ein weiterer Grund für den Nachwuchsmangel könnte allerdings die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern sein, die das Handwerk doch noch ausführen. Wenn selbst der passionierte Bäckermeister behauptet, dass man auch „einen Affen aufs Brezelschlingen dressieren könne“, wundert es mich nicht, dass sich Absolventen lieber eine vermeintlich intelligentere Herausforderung suchen.
Martina Rundel,
Mochenwangen
Minderheitsregierung wäre eine reizvolle Angelegenheit
Zum Artikel „Nervenkrieg um Jamaika“(17.11.):
Wir erleben jetzt seit Wochen eine Sondierungsrunde nach der anderen, die das Ziel hat auszuloten, ob eine Jamaika Koalition möglich werden könnte. Mehr oder weniger intelligente Kommentare säumen den Weg. Vor allem aber wird eine durchaus realistische Regierungsmöglichkeit außer Acht gelassen: die Minderheitsregierung! Das Grundgesetz lässt diese ausdrücklich zu. Zwischen CDU/CSU und FDP könnte sehr schnell eine entsprechende Regierung gebildet werden.
Unser Grundgesetz sagt in Artikel 63, dass für die Wahl die absolute Mehrheit erforderlich ist. Aber in einem weiteren Wahlgang reicht auch eine einfache Mehrheit, sofern die absolute Mehrheit nicht im ersten Wahlgang erreicht worden ist. Solch eine Regierung müsste sich ihre Mehrheiten sozusagen „von Fall zu Fall“organisieren. Das wäre sogar eine reizvolle Angelegenheit.
Diese Minderheitenregierung wäre nur zu stürzen, wenn gleichzeitig ein neuer Kanzler gewählt würde. Dieses konstruktive Misstrauensvotum ist wohl einzigartig in der Welt und sichert eben auch bei einer Minderheitenregierung eine Regierungsmöglichkeit für diese. Es fehlt mir nämlich die Phantasie, mir vorstellen zu können, dass die linken Parteien und die AfD zusammen für dieses Misstrauensvotum eine Mehrheit hinbekämen. Das ist wohl eher Theorie. Wer weiß – vielleicht hätten wir vier Jahre eine sehr stabile Regierung. Allerdings setzt solch ein Konstrukt voraus, dass an der Spitze ein/e starke/r Kanzler/in steht.
Viele Deutsche haben unbegründete Sorgen vor einer Minderheitenregierung, da sie falsche Vergleiche mit Weimar ziehen. Weimar ist nicht durch eine fehlende parlamentarische Mehrheit der letzten demokratischen Regierungen zerstört worden, sondern durch eine Fehlentscheidung eines Reichspräsidenten von Hindenburg, der Hitler am 30. Januar 1933 ernannt hat. Die alte Reichsverfassung sah eben nicht die Direktwahl des Reichskanzlers durch das Parlament vor, sondern eine Ernennung durch das Staatsoberhaupt. Darin lag ein Konstruktionsfehler der Verfassung.
Bad Buchau
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