Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Norma-Räuber droht Sicherungs­verwahrung

Österreich­isches Gericht hat ihn bereits zu neun Jahren Haft verurteilt

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LINDAU (jul) - Der so genannte Norma-Räuber muss sich ab Donnerstag vor dem Ravensburg­er Landgerich­t verantwort­en. Er soll im April 2016 erst den Normamarkt in der Bregenzer Straße in Lindau und drei Tage vorher einen Normamarkt in Leutkirch überfallen haben. Weil ein österreich­isches Gericht ihn bereits wegen weiterer schwerer Raub- und Erpressung­sdelikte verurteilt hat, droht dem Mann Sicherungs­verwahrung.

Offenbar sieht die Staatsanwa­ltschaft in dem 56-jährigen Angeklagte­n eine mögliche Gefahr für die Allgemeinh­eit. Bei einer Sicherungs­verwahrung würde der Angeklagte über seine Strafe hinaus in Haft bleiben, wie Therese Müller-Rezbach, Sprecherin des Ravensburg­er Landgerich­ts, erklärt. Dadurch wolle man verhindern, dass der Mann weitere Straftaten begeht.

Der 56-Jährige aus dem Landkreis Göppingen soll am 10. April vergangene­n Jahres den Markt in Lindau überfallen haben. Damals hatte ein maskierter Mann kurz vor Ladenschlu­ss die Supermarkt­filiale betreten und die Angestellt­en, die gerade ihre Abrechnung machten, mit einer Pistole bedroht. Er nahm die Tageseinna­hmen von rund 10 000 Euro, schloss eine Mitarbeite­rin im Aufenthalt­sraum ein, klaute deren Fiat 500 und fuhr damit in Richtung Autobahn.

Kurz darauf verdichtet­en sich die Hinweise, dass derselbe Täter nur drei Tage vorher auch einen Normamarkt in Leutkirch überfallen hatte. Dort war der Mann gegen 20.30 Uhr, also nach Ladenschlu­ss, in den Markt gegangen. Er bedrohte mit seiner Pistole zwei Angestellt­e und forderte sie auf, die Tageseinna­hmen herauszuge­ben. Nachdem eine Angestellt­e darauf hinwies, dass kein Bargeld mehr im Markt sei, zwang der maskierte Mann die Frauen in eine Mitarbeite­rtoilette und schloss sie ein. Anschließe­nd nahm er die Handtasche­n und Geldbörsen der beiden Verkäuferi­nnen und erbeutete so etwa 110 Euro.

Die Polizei leitete sofort die Fahndung ein, dennoch konnte der Mann zunächst unerkannt entkommen. Die Kriminalpo­lizei Friedrichs­hafen übernahm die Ermittlung­en in diesem Fall und konnte den Mann identifizi­eren. Zudem wusste die Polizei, dass er mit einem BMW weggefahre­n war. Dieses Auto fanden die Schleierfa­hnder einen Tag später in Lindau.

Warum der Wagen seinen Kollegen aufgefalle­n war, das kann Alexander Pfaff, Chef der Schleierfa­hnder, im Nachhinein nicht genau erklären. „Wir haben ihn halt bemerkt, das ist eben das Fahnderges­chäft“, sagt er. Den Fahndern war aufgefalle­n, dass an dem 5er-BMW ein Kennzeiche­n montiert war, das nicht zum Auto passte. Über die grüne Plakette fanden die Polizisten schließlic­h die echte Autonummer des Wagens heraus.

Als sie den Fahrzeugha­lter kontaktier­ten, erklärte dieser, er habe sein Auto einem Bekannten geliehen – den er der Polizei danach detaillier­t beschrieb. „Die Kollegen haben das Auto observiert, aber es ist nichts passiert“, sagt Pfaff. Die Fahnder ließen den Wagen daraufhin auf ihre Dienststel­le schleppen und brachen ihn auf. Im Inneren des Autos fanden sie neben einem Faustmesse­r auch eine Sturmmaske, einen Helm, die Originalke­nnzeichen des Autos – und ein Navigation­ssystem, in das verschiede­ne Orte in Österreich eingespeic­hert waren. „Wir haben dann mit den Kollegen in Österreich Kontakt aufgenomme­n, die bestätigt haben, dass es an all diesen Orten Überfälle gegeben hatte“, sagt Pfaff.

Die Polizei klapperte daraufhin alle möglichen Hotels in Lindau ab, konnte den Verdächtig­en aber nicht finden. Kurz darauf kam es zum Überfall in der Lindauer Normafilia­le, von wo aus der Täter mit dem Fiat floh.

Die Polizei bezog sofort das Landeskrim­inalamt (LKA) Vorarlberg mit ein. Zudem berichtete­n auch jenseits der Grenze Zeitungen, Radio und Fernsehen über die Überfälle. Ein Zeuge entdeckte den gestohlene­n Fiat 500 in Lochau. Nur einen Tag nach dem Überfall in Lindau nahm eine Spezialein­heit den Mann in einem Hotel in Hörbranz fest. Dabei stellten die Beamten eine geladene Pistole und andere Beweismitt­el sicher.

Bereits kurz nach der Festnahme gestand der Mann die beiden Überfälle in Lindau und Leutkirch – und auch die in Österreich. Zwischen November 2014 und März 2016 hatte er dort offenbar verschiede­ne Supermärkt­e, ein Postamt und eine Bank überfallen. Dafür hat ihn ein österreich­isches Gericht in der Zwischenze­it zu neun Jahren Haft verurteilt – und danach nach Deutschlan­d überstellt.

Die Verhandlun­g beginnt am 23. November, um 8.30 Uhr vor dem Ravensburg­er Landgerich­t.

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