Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Schnäppchenjagd nach US-Vorbild
Heute ist Black Friday – Handel erwartet mehr Umsatz – Zweifel an langfristigem Nutzen
Der Black Friday und der Cyber Monday versprechen satte Rabatte. Doch manche Angebote sind überteuert, warnen Experten. Kritik kommt auch von so manchem Händler, der um sein Weihnachtsgeschäft bangt.
RAVENSBURG - 1,7 Milliarden Euro mehr Umsatz verspricht sich der deutsche Handel von den anstehenden Schnäppchentagen Black Friday und Cyber Monday – beides Importe aus den Vereinigten Staaten von Amerika. Doch nicht alle Händler machen bei der Rabattschlacht mit, sie befürchten, das schmälere ihr Weihnachtsgeschäft.
In Friedrichshafen, Ravensburg und Lindau beispielsweise gibt es keine großen organisierten Aktionen des lokalen Handels, in Ulm dagegen schon, aus markenrechtlichen Gründen Dark Friday genannt. Michael Klamser, Chef des Ulmer Stadtmarketings sieht den Tag trotzdem kritisch: Zwar wolle man von dem Rummel um den Tag profitieren, „dennoch sollte man auf dem Boden bleiben“, denn die Gefahr besteht, dass durch zu große Rabattaktionen die Glaubwürdigkeit der Händler beim Kunden leidet.
Der schwarze Freitag, Black Friday, fällt traditionell auf den Tag nach dem amerikanischen Feiertag Thanksgiving. Für die Amerikaner ist das ein Brückentag, den sie gerne für Weihnachtsshopping nutzen. Für die Händler signalisiert er den Start in die heiße Phase des Geschenkegeschäfts. Der Cyber Monday, der Internettag, folgt drei Tage später.
Für den Marketingexperten Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU steht fest: „Black Friday und Cyber Monday sind heute schon sehr wichtig für den Handel – und sie werden immer wichtiger. Wir haben gesättigte Märkte in Deutschland. Da braucht man solche Anlässe, damit Leute mehr kaufen.“
Einkaufsverhalten ändert sich
Deshalb sind auch immer mehr Händler in Deutschland bei dem Rabattmarathon dabei – und machen aus den zwei Schnäppchentagen oft eine ganze Woche. Amazon Deutschland etwa startete seine Cyber-Monday-Woche bereits am vergangenen Montag und verspricht den Kunden mehr als 55 000 Angebote. Die Elektronikmarktkette Saturn lockt mit einer „Black Week“und verspricht „die besten Angebote des Jahres“. Auch viele andere bis hin zur Supermarktkette Real und der Warenhauskette Karstadt werben mit Sonderangeboten.
Tatsächlich hat der Rummel um den Black Friday und den Cyber Monday nach einer gemeinsam von Ebay und dem Kölner Handelsforschungsinstitut ECC durchgeführten Analyse schon das Einkaufsverhalten der Bundesbürger verändert. Zumindest wenn es um Online-Shopping geht. „Es findet eine Verschiebung der Umsätze insbesondere von der ersten Dezemberhälfte auf die zweite Novemberhälfte statt“, sagt Eben Sermon, Vizepräsident von Ebay Deutschland.
Angebote genau prüfen
Doch auch wenn viele Händler mit Sonderangeboten locken, raten Verbraucherschützer den Konsumenten, kühlen Kopf zu bewahren und auch im Black-Friday-Trubel nicht auf Preisvergleiche zu verzichten. Stichproben des Preisvergleichsportals Guenstiger.de ergaben im vergangenen Jahr, dass nur jedes zweite getestete Angebot wirklich ein Schnäppchen war. Bei einem Viertel der Sonderangebote zahlten Käufer am Ende mehr als bei konkurrierenden Händlern, ein weiteres Viertel entsprach den üblichen Marktpreisen.
Auch wenn drastische Reduzierungen von 30, 40 oder 50 Prozent angeboten würden, sei dies mit Vorsicht zu genießen, betonen Experten. Denn diese bezögen sich oft auf die unverbindlichen Preisempfehlungen der Hersteller, die in vielen Fällen deutlich über den aktuellen Marktpreisen liegen.
Ungewiss ist trotz der wachsenden Bedeutung des Tages, woher der Name Black Friday eigentlich stammt. Eine Theorie ist, dass der Name auf die Menschenmassen in den Straßen und Einkaufszentren zurückzuführen ist, die an diesem Tag in vielen amerikanischen Metropolen unterwegs sind. Eine andere erklärt den Namen damit, dass die Händler an diesem umsatzstarken Tag die Chance haben, in die Gewinnzone zu kommen – also schwarze Zahlen zu schreiben.
Gefahr fürs Weihnachtsgeschäft
Ungewiss sind in den Augen der Experten aber auch die langfristigen Folgen der Rabattschlacht. Der Marketingexperte Fassnacht warnt: „Solche Rabatttage sind ein zweischneidiges Schwert. Sie sorgen für mehr Verkäufe. Aber solche Aktionen stärken auch den Trend zur DiscountGesellschaft. Rabatte sind eine starke Droge. Es wird dadurch immer schwieriger, Produkte noch zu normalen Preisen zu verkaufen.“
Entsprechend bewertet Eugen Müller vom Wirtschaftsforum Ravensburg die Schnäppchentage: „Wir begrüßen jede Aktion, die Menschen in die Städte und dem Handel Frequenz bringt“, allerdings könne ein platte Rabattaktion auch gefährlich sein und negative Auswirkungen auf das Weihnachtsgeschäft haben.
Ähnlich sieht das Thomas Goldschmidt vom Stadtmarketing Friedrichshafen: „Natürlich gibt es Geschäfte in Friedrichshafen, die Rabattaktionen in diesem Zeitraum haben. Ich schätze so 15 bis 20 Prozent der Geschäfte, meist größere Ketten“. Eine übergreifende Aktion gebe es dennoch nicht, da es „für den inhabergeführten Einzelhandel kontraproduktiv sein kann, so nah am Weihnachtsgeschäft Rabattschlachten zu schlagen.“
Beim Dark Friday in Ulm, erklärt Michael Klamser, gebe es 20 Prozent Rabatt auf den zweiten, günstigeren Artikel. Das sei „ehrlich und betriebswirtschaftlich vertretbar“und somit für den Endverbraucher nachvollziehbar. Besonders kritische sieht Klamser die Praxis, große Rabatte auf künstlich erhöhte Preise anzubieten, wie es in machen Branchen durchaus üblich sei. Durch diese „Augenwischerei“werde auch „die Glaubwürdigkeit des seriösen und lokalen Handels infrage gestellt“.
Vergangenes Jahr hätten 16 Prozent der Verbraucher den Black Friday für reduzierte Einkäufe genutzt, den Cyber Monday 13 Prozent, berichtet der Handelsverband Deutschland. Bei den Pro-Kopf-Ausgaben lag der Black Friday (170 Euro) vor dem Cyber Monday (120 Euro).