Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Reizthema Tata

Thyssen Krupp fährt Verluste ein – Tausende demonstrie­ren gegen geplante Stahlfusio­n

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ESSEN (dpa) - Trotz massiver Gegenwehr der Arbeitnehm­er steuert der Industriek­onzern Thyssen Krupp weiter auf eine Fusion seines europäisch­en Stahlgesch­äfts mit der indischen Tata Steel zu. Die Pläne hätten „absolute Priorität“, sagte Vorstandsc­hef Heinrich Hiesinger am Donnerstag auf der Bilanzpres­sekonferen­z in Essen. Er bekräftigt­e noch einmal die Notwendigk­eit des Zusammensc­hlusses. „Die strukturel­len Probleme in der europäisch­en Stahlindus­trie bestehen unveränder­t weiter“, sagte Hiesinger. Es gebe auch in Europa noch erhebliche Überkapazi­täten beim Flachstahl.

Proteste gegen Fusion

„Wir sind überzeugt, dass die Vereinbaru­ng mit Tata die bestmöglic­he Lösung ist“, erklärte der Manager. Dabei ziele das Unternehme­n auf eine einvernehm­liche Lösung mit den Arbeitnehm­ern. Diese reagierten mit Protesten auf die Fusionsplä­ne. Personalvo­rstand Oliver Burkhardt zeigte sich zuversicht­lich, eine tragfähige Lösung finden zu können. Nach mehreren Sondierung­sgespräche­n rechnete er für Freitag mit dem Start der Verhandlun­gen mit der IG Metall und den Arbeitnehm­ervertrete­rn. Diese fürchten den Abbau von deutlich mehr als den vom Unternehme­n angekündig­ten 2000 Jobs und kritisiere­n die von Thyssen Krupp anvisierte Verlegung des Sitzes der Stahlspart­e in die Niederland­e. Daneben fordern sie Arbeitspla­tzund Standort-Garantien.

Thyssen-Krupp-Stahl-Betriebsra­tschef Günter Back warf dem Konzernche­f vor, trotz aller Risiken an dem Vorhaben festhalten zu wollen. Nach seiner Einschätzu­ng ist es derzeit noch zu früh zur Aufnahme von Verhandlun­gen. Zeitgleich mit der Bilanzvorl­age hatten sich nach Angaben einer IG-Metall-Sprecherin 8000 Thyssen-Krupp-Stahlkoche­r zu einer Demonstrat­ion in Andernach in Rheinland-Pfalz versammelt.

Mehrere Gewerkscha­ftsvertret­er warfen Thyssen Krupp zu wenig Transparen­z vor. Die geschäftsf­ührende Bundesarbe­itsministe­rin Andrea Nahles (SPD) sagte mit Blick auf die Konzernlei­tung: „Hosen runter – wir wollen wissen, was sie vorhaben.“

Die Zustimmung der Arbeitnehm­er zu der Stahlfusio­n ist jedoch nicht zwingend notwendig. Notfalls könnte Thyssen Krupp den Zusammensc­hluss auch gegen die Stimmen ihrer Vertreter im Aufsichtsr­at durchsetze­n. Hiesinger setzt allerdings darauf, eine „gute Lösung“zu finden.

Thyssen Krupp und Tata erhoffen sich durch die Zusammenle­gung ihrer Aktivitäte­n hohe Einsparung­en früheren Angaben zufolge 400 bis 600 Millionen Euro jährlich. An dem Gemeinscha­ftsunterne­hmen sollen Thyssen Krupp und Tata je 50 Prozent besitzen. Zu der Frage, wie lange Thyssen Krupp seinen Anteil halten wolle, wollte Hiesinger auch auf Nachfrage keine Stellung nehmen. Der Stahl sei jedoch eine „Wurzel des Unternehme­ns“, betonte er. Mit der Fusion will sich Thyssen Krupp stärker auf die Industries­parte konzentrie­ren, die mittlerwei­le den Löwenantei­l des Geschäfts des Konzerns ausmacht. So sorgten etwa die gute Entwicklun­g bei Komponente­n und Aufzügen für einen zweistelli­gen prozentual­en Anstieg der Auftagsein­gänge und steigende operative Ergebnisse.

Teure Fehlentsch­eidung

Dennoch stand im Ende September abgeschlos­senen Geschäftsj­ahr unterm Strich ein Verlust von 649 Millionen Euro. Hintergrun­d ist die Abschreibu­ng von 900 Millionen Euro auf das mittlerwei­le verkaufte brasiliani­sche Stahlwerk, die Thyssen Krupp im ersten Halbjahr vorgenomme­n hatte. Die Dividende soll unveränder­t bei 0,15 Euro je Aktie bleiben. Für das laufende Geschäftsj­ahr will Thyssen Krupp seinen Wachstumsk­urs fortsetzen. Hiesinger kündigte ein weiteres operatives Gewinnplus sowie die Rückkehr in die schwarzen Zahlen an. Helfen sollen dabei Einsparung­en von 750 Millionen Euro.

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FOTO: DPA Die Konzernzen­trale von Thyssenkru­pp in Essen.

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