Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Schloss Brochenzell erhält 2018 zweiten Rettungsweg
Gemeinderat spricht sich für zwölf Meter hohen Treppenturm an der Nordseite aus
BROCHENZELL - Das Schloss Brochenzell braucht einen zweiten baulichen Rettungsweg. Wie der aussehen soll, darüber hat sich jüngst der Gemeinderat den Kopf zerbrochen und mit zehn zu neun Stimmen eine knappe Entscheidung gefällt. Sie fiel für die Edelstahl-Variante eines zwölf Meter hohen Treppenturms, der im Jahr 2018 hin nach Norden zur Schlossscheuer (Nebengebäude) gebaut werden soll.
Oder besser: „gebaut werden muss“, geht die Thematik doch auf eine Brandschutzschau aus dem Jahr 2015 zurück. Sie hatte in einer baurechtlichen Verfügung des Landratsamts im Dezember 2015 gegipfelt, wonach die Gemeinde als Besitzer (seit 1983) des unter Denkmalschutz stehenden Schlosses in einer bestimmten Frist den Auflagen nachzukommen hat. Zuvorderst dabei: der zweite Rettungsweg – zumindest, wenn das Haus weiter im Obergeschoss als Gaststätte und im zweiten OG als Museum genutzt werden soll. Nicht zu vergessen das Dachgeschoss (derzeit Lagerraum), für das der Gemeinderat ein Nutzungskonzept erstellen wird.
Beauftragt mit dem Brandschutzkonzept ist das Büro Wurm Safeplan Ravensburg, in der Sitzung vertreten durch Frieder Wurm und Daniela Weigel. Es hatte dem Gemeinderat im September eine erste mögliche Variante mit Kosten vorgestellt. Entsprechend dem Wunsch der Räte wurden zwei weitere Varianten erarbeitet – alle ausgehend von einem Treppenturm an der Nordseite – und mit Kosten unterlegt, so dass nun in öffentlicher Sitzung die Entscheidung fallen konnte.
Der Kostenrahmen trat dabei freilich in den Hintergrund, da alle Optionen zwischen 245 000 und 270 000 Euro angesiedelt waren. Variante I sah für den Turm eine Ausführung in Edelstahlmesh vor, samt Strecknetz für das Geländer und Podest beidseitig über die volle Höhe. Anders bei Variante II, die auf eine Cortenstahlverkleidung setzte. Sie entspricht eher einem historisch anmutenden Stil, wirkt aber auch wie eine geschlossene Wand. Ebenfalls in Cortenstahl kam Variante III daher, allerdings mit abgeschrägtem Abschluss.
Soll als Fremdkörper erkennbar sein
Wie Frieder Wurm erläuterte, habe man sich bewusst gegen einen runden Turm entschieden, um zu zeigen: Das hier ist nicht historisch oder historisierend, vielmehr soll der Anbau „als Fremdkörper erkennbar sein“. Im Detail muss eh noch die Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde erfolgen.
Drei Abstimmungen gab es abschließend: Der Grundsatzbeschluss für den zweiten Rettungsweg fiel bei einer Enthaltung von Karl Gälle, der nochmals das Thema Aufzug aufgriff, da er dies in den nächsten Jahren bindend kommen sah. Allerdings blieb das Gremium bei seiner nichtöffentlich gefassten Entscheidung (wohl aus dem Sommer), einen Aufzug auch als Option nicht in Betracht zu ziehen.
Mit dem selben Stimmenverhältnis kam ein abgeschrägter Abschluss zum Zug, wie ihn Sebastian Hanser (SPD) sich auch für die Edelstahl-Variante vorstellen konnte. Dann wurde es knapp: Zehn zu neun fiel das Votum für Edelstahlmesh aus.
Daten
aus der Schlossgeschichte: 1277 wird in Brochenzell ein festes Haus erwähnt – wohl eine Burg. 1447 kaufen die Herren von Humpis die Herrschaft Brochenzell, sie erbauen Mitte des 16. Jahrhunderts an Stelle der Burg ein kleines Schloss. 1624 wird das Humpisschloss grundlegend erneuert, mit Ecktürmen und einem Brunnen.