Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Kreis steigt in die Straßenpla­nung ein

Kontrovers­e Debatte, aber klares Ergebnis zum Thema Bundesstra­ßen im Kreistag

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Der Ravensburg­er Kreistag hat beschlosse­n, mit mehreren Partnern eine Gesellscha­ft zu gründen, die den Bau von Bundesstra­ßen in der Region plant und diese Planung finanziert. Die Entscheidu­ng fiel am Donnerstag mit einer klaren Mehrheit, aber nach einer kontrovers­en Debatte. „Es ist die schlechtes­te Lösung, aber ich habe keine bessere“, fasste Eva-Maria Meschenmos­er, Stellvertr­eterin von Landrat Harald Sievers, in Anlehnung an ein Churchill-Zitat das Unbehagen vieler Kreisräte zusammen.

Als Partner stehen bereits der Regionalve­rband Bodensee-Oberschwab­en und der Landkreis Sigmaringe­n fest. Der Bodenseekr­eis wollte ursprüngli­ch im Dezember über die Idee abstimmen, hat aber laut Meschenmos­er wegen der „unsicheren Haushaltsl­age“den Punkt von der Tagesordnu­ng genommen.

Wilfried Franke, Direktor des Regionalve­rbandes, warb nachdrückl­ich für das Projekt: „Was wir vorschlage­n, machen wir aus der Not heraus, nicht weil wir größenwahn­sinnig sind.“Grund für den Vorstoß ist der Personalma­ngel beim Land. Weil das nicht genügend Straßenpla­ner hat, befürchten Regionalve­rband und Kreisverwa­ltung, dass sich mindestens in den nächsten elf Jahren bei den großen Straßenbau­projekten im Raum Oberschwab­en/Bodensee nichts tut. „Wenn das Land seiner Aufgabe nachkäme, bräuchten wir diese Gesellscha­ft nicht“, so Franke.

Dienstag will das Verkehrsmi­nisterium in Stuttgart seine Prioritäte­nliste vorlegen, nach der in den nächsten Jahren vorgegange­n werden soll. „Wir gehen davon aus, dass das Land nicht in der Lage sein wird, den Großteil unserer zwölf Maßnahmen, die im Bundesverk­ehrswegepl­an stehen, zu übernehmen.“Der Weg sei deshalb die Selbsthilf­e, so Franke.

Die soll so aussehen, dass die Partner zunächst drei Projekte planen: Den Lückenschl­uss der B 30 zwischen Baindt und Band Waldsee, den B 31-Abschnitt Waggershau­sen und die neue B 311/313 zwischen Meßkirch und Mengen. Der Molldietet­unnel in Ravensburg ist außen vor, die Initiatore­n setzen darauf, dass das Land hier selbst zeitnah startet. Der Kreis Ravensburg rechnet für seinen Part im „Planungste­am Bodensee-Oberschwab­en GmbH“mit Kosten in zehn Jahren zwischen 9,3 und 11,5 Millionen Euro. Profitiere­nde Kommunen wie Bad Waldsee sollen die Finanzieru­ng mit stemmen. „Die Frage ist: Wollen wir in einen Bereich einsteigen, für den wir nicht zuständig sind und der uns im Zweifel viel Geld kostet?“, so Franke.

Rudolf Bindig von der SPD-Fraktion sagte dazu eindeutig Nein, stellte aber die Dringlichk­eit der Projekte außer Frage. „Aber wir müssen doch über den Weg zum Ziel reden“, so der Fraktionsc­hef. Die SPD will das Land fordern, seinen Aufgaben gerecht zu werden und gleichzeit­ig Lobbyarbei­t betreiben. Bindig würde das Geld lieber in Kreisstraß­en, Sozialwohn­ungen und ökologisch­e Projekte investiere­n. Zudem sei der Zeitpunkt für eine Abstimmung absurd.

Unterstütz­ung für Bindig gab es von den Grünen und der ÖDP. Liv Pfluger von den Grünen kritisiert­e, dass Druck aufgebaut würde. Ihr fehlten noch zahlreiche Grundlagen für ein Votum. Siegfried Scharpf von der ÖDP stellte infrage, ob man in Zeiten des Klimawande­ls überhaupt noch neue Straßen bauen dürfe.

Klare Zustimmung von der CDU. August Schuler sieht im Planungste­am „eine große Chance, unsere Verkehrsin­frastruktu­r zu stärken.“Die Entscheidu­ng sei ein klares Signal der Geschlosse­nheit, die Kosten könne der Kreis verkraften. Oliver Spieß (Freie Wähler) gestand den Kritikern einige gute Argumente zu. „Die Situation gefällt uns auch nicht. Aber den Kopf in den Sand zu stecken, bringt nichts.“Die Straßen seien elementar wichtig für die Menschen und die Wirtschaft der Region, deshalb müsse man Tempo machen. Spieß will aber daran arbeiten, dass Geld vom Land zurückflie­ßt. Die FDP stimmte vorbehaltl­os zu.

Am Ende standen 41 Ja-Stimmen 16 Nein-Stimmen gegenüber.

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