Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Kreis steigt in die Straßenplanung ein
Kontroverse Debatte, aber klares Ergebnis zum Thema Bundesstraßen im Kreistag
RAVENSBURG - Der Ravensburger Kreistag hat beschlossen, mit mehreren Partnern eine Gesellschaft zu gründen, die den Bau von Bundesstraßen in der Region plant und diese Planung finanziert. Die Entscheidung fiel am Donnerstag mit einer klaren Mehrheit, aber nach einer kontroversen Debatte. „Es ist die schlechteste Lösung, aber ich habe keine bessere“, fasste Eva-Maria Meschenmoser, Stellvertreterin von Landrat Harald Sievers, in Anlehnung an ein Churchill-Zitat das Unbehagen vieler Kreisräte zusammen.
Als Partner stehen bereits der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben und der Landkreis Sigmaringen fest. Der Bodenseekreis wollte ursprünglich im Dezember über die Idee abstimmen, hat aber laut Meschenmoser wegen der „unsicheren Haushaltslage“den Punkt von der Tagesordnung genommen.
Wilfried Franke, Direktor des Regionalverbandes, warb nachdrücklich für das Projekt: „Was wir vorschlagen, machen wir aus der Not heraus, nicht weil wir größenwahnsinnig sind.“Grund für den Vorstoß ist der Personalmangel beim Land. Weil das nicht genügend Straßenplaner hat, befürchten Regionalverband und Kreisverwaltung, dass sich mindestens in den nächsten elf Jahren bei den großen Straßenbauprojekten im Raum Oberschwaben/Bodensee nichts tut. „Wenn das Land seiner Aufgabe nachkäme, bräuchten wir diese Gesellschaft nicht“, so Franke.
Dienstag will das Verkehrsministerium in Stuttgart seine Prioritätenliste vorlegen, nach der in den nächsten Jahren vorgegangen werden soll. „Wir gehen davon aus, dass das Land nicht in der Lage sein wird, den Großteil unserer zwölf Maßnahmen, die im Bundesverkehrswegeplan stehen, zu übernehmen.“Der Weg sei deshalb die Selbsthilfe, so Franke.
Die soll so aussehen, dass die Partner zunächst drei Projekte planen: Den Lückenschluss der B 30 zwischen Baindt und Band Waldsee, den B 31-Abschnitt Waggershausen und die neue B 311/313 zwischen Meßkirch und Mengen. Der Molldietetunnel in Ravensburg ist außen vor, die Initiatoren setzen darauf, dass das Land hier selbst zeitnah startet. Der Kreis Ravensburg rechnet für seinen Part im „Planungsteam Bodensee-Oberschwaben GmbH“mit Kosten in zehn Jahren zwischen 9,3 und 11,5 Millionen Euro. Profitierende Kommunen wie Bad Waldsee sollen die Finanzierung mit stemmen. „Die Frage ist: Wollen wir in einen Bereich einsteigen, für den wir nicht zuständig sind und der uns im Zweifel viel Geld kostet?“, so Franke.
Rudolf Bindig von der SPD-Fraktion sagte dazu eindeutig Nein, stellte aber die Dringlichkeit der Projekte außer Frage. „Aber wir müssen doch über den Weg zum Ziel reden“, so der Fraktionschef. Die SPD will das Land fordern, seinen Aufgaben gerecht zu werden und gleichzeitig Lobbyarbeit betreiben. Bindig würde das Geld lieber in Kreisstraßen, Sozialwohnungen und ökologische Projekte investieren. Zudem sei der Zeitpunkt für eine Abstimmung absurd.
Unterstützung für Bindig gab es von den Grünen und der ÖDP. Liv Pfluger von den Grünen kritisierte, dass Druck aufgebaut würde. Ihr fehlten noch zahlreiche Grundlagen für ein Votum. Siegfried Scharpf von der ÖDP stellte infrage, ob man in Zeiten des Klimawandels überhaupt noch neue Straßen bauen dürfe.
Klare Zustimmung von der CDU. August Schuler sieht im Planungsteam „eine große Chance, unsere Verkehrsinfrastruktur zu stärken.“Die Entscheidung sei ein klares Signal der Geschlossenheit, die Kosten könne der Kreis verkraften. Oliver Spieß (Freie Wähler) gestand den Kritikern einige gute Argumente zu. „Die Situation gefällt uns auch nicht. Aber den Kopf in den Sand zu stecken, bringt nichts.“Die Straßen seien elementar wichtig für die Menschen und die Wirtschaft der Region, deshalb müsse man Tempo machen. Spieß will aber daran arbeiten, dass Geld vom Land zurückfließt. Die FDP stimmte vorbehaltlos zu.
Am Ende standen 41 Ja-Stimmen 16 Nein-Stimmen gegenüber.