Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Gedämpfte Stimmung
Bayern gewinnt auch Spiel neun unter Heynckes, muss aber lange auf Thiago verzichten
ANDERLECHT (dpa/SID) - Die Kameraden auf dem Rasen mühten sich noch ab, um das letztlich sehr glückliche 2:1 (0:0) des FC Bayern München bei RSC Anderecht in der Champions League – und damit den neunten Sieg im neunten Spiel seit der Rückkehr von Trainer Jupp Heynckes zu erreichen, als Thiago schon mit starrem Blick und auf Krücken in die eisige Nacht von Anderlecht gehumpelt war. Wenig später hetzte auch Bayerns Sportdirektor Hasan Salihamidzic sichtlich genervt aus dem Stadion. „Das ist mir total egal. ich habe gerade andere Probleme“, schimpfte Salihamidzic, als ihm noch schnell eine Frage zum Gruppenfinale am 5. Dezember in Paris gestellt wurde. Er könne jetzt „überhaupt nicht über Paris nachdenken“, so Salihamidzic.
Die Verletzungen von Thiago, der „eine schwere Muskelverletzung“habe und „länger, wahrscheinlich mehrere Monate“ausfalle, und Arjen Robben hatte den Bayern aufs Gemüt geschlagen. „Es ist keine gute Stimmung. Wir wollen hoffen, dass in den nächsten Tagen wieder ein paar Spieler zurückkommen“, sagte Salihamidzic noch.
Thiago hatte sich bei einem Zweikampf unmittelbar vor der Pause verletzt und verließ gestützt vom neuen, alten Mannschaftsarzt HansWilhelm Müller-Wohlfahrt das Spielfeld. Bei Robben war wenig später Schluss. Zwar entpuppte sich die Verletzung des Niederländers gestern als vergleichsweiser harmloser „kleiner Muskelfaserriss im linken Oberschenkel“, doch am Samstag in Mönchengladbach (18.30 Uhr/Sky) wird der Flügelstürmer sicher nicht spielen können. Vier Wochen vor der Winterpause werden die Personalsorgen der Bayern immer größer. Torhüter Manuel Neuer, Franck Ribery und Thomas Müller fehlen schon länger, in Belgien musste Trainer Jupp Heynckes auch auf David Alaba, Rafinha und Kingsley Coman verzichten. „Für den Moment können wir uns keine Ausfälle mehr leisten, die Decke wird immer dünner“, kommentierte der Coach. „Wir müssen uns sortieren und ausruhen. In den nächsten Tagen wissen wir mehr“, sagte Salihamidzic: „Es wäre schön, wenn wir den einen oder anderen Spieler wieder fit bekommen.“
Das ist angesichts der schlechten Leistung in Anderlecht bitter nötig. Zwar trafen Robert Lewandowski (51.) und Corentin Tolisso (77.), doch das waren neben einem ordentlichen Pflichtspieldebüt des jungen österreichischen Linksverteidigers Marco Friedl (19) die einzigen positiven Nachrichten des Abends. Der Sieg war nicht verdient, Neuer-Vertreter Sven Ulreich rettete mehrfach stark. „Wir haben in der ersten Halbzeit sehr schlecht gespielt. Die Mannschaft war nicht wiederzuerkennen“, sagte Heynckes.
Paris im Torrausch
Auf dem traditionellen Mitternachtsbankett der Honoratioren stimmte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge dagegen versöhnlichere Töne an. „Das Spiel wird nicht in die Annalen des Weltfußballs eingehen“, sagte er, „aber das macht nichts. Wichtig ist, dass man solche Spiele gewinnt, das haben wir getan.“
Darum haben die Münchner auch noch zumindest eine kleine Chance auf den Gruppensieg. „Es geht darum, Erster zu werden“, sagte Verteidiger Mats Hummels etwa forsch. Doch auch der Weltmeister weiß, dass dazu beim Spiel bei Paris SaintGermain in zwei Wochen ein Sieg mit mindestens vier Toren Differenz folgen muss. Ein kleines Wunder also. Na und, meinte Hummels: „Wir haben da ein Spiel, in dem wir nichts verlieren können. Das gibt es als Bayern München ganz selten. Das genießen wir auf jeden Fall.“
Die Pariser Neymar, Mbappé, Cavani, Draxler und Co. haben Celtic Glasgow am Mittwoch übrigens 7:1 abgefertigt. Und mit insgesamt 24 Toren hat die Bling-Bling-Truppe schon jetzt die Vorrunden-Bestmarke von Borussia Dortmund mit 21 Treffern aus der vergangenen Saison überboten.