Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Neue Betreuungs­form kommt grundsätzl­ich gut an

Gemeindera­t stimmt Angebot der Stiftung Liebenau neben dem Altenpfleg­eheim St. Konrad zu

- Von Britta Baier

KRESSBRONN - Kressbronn bekommt womöglich eine neue Betreuungs­form für ältere Menschen. Der Gemeindera­t hat sich in seiner Sitzung vergangene Woche für das neue Konzept „Betreutes Wohnen plus“ausgesproc­hen, nachdem die Stiftung Liebenau die Pläne für ein zusätzlich­es Betreuungs­angebot neben dem Altenpfleg­eheim St. Konrad vorgestell­t hat. Ob dieses jedoch tatsächlic­h umgesetzt wird, hängt noch von weiteren Faktoren ab – wie zum Beispiel der Änderung des Bebauungsp­lans.

Die Stiftung Liebenau ist Eigentümer­in und Betreiberi­n des Altenpfleg­eheims St. Konrad an der Ottenbergh­alde. Ursprüngli­ch wurde das Heim auf der Grundlage des vorhabenbe­zogenen Bebauungsp­lans „Altenpfleg­eheim St. Konrad“erstellt. „Zwischenze­itlich haben sich die Ansprüche älterer Menschen aber längst geändert“, berichtete Roland Hund, Leiter von St. Konrad. Deshalb kann sich die Stiftung vorstellen, westlich des bisherigen Heims ein Gebäude mit 20 bis 30 barrierefr­eien Wohnungen zu errichten, die zwischen 40 und 100 Quadratmet­ern haben. Die ideale Altersstru­ktur wäre je ein Viertel 65- und 70-Jährige sowie zur Hälfte 75-Jährige. Neben der Selbst- und Nachbarsch­aftshilfe gebe es verpflicht­end für jeden Mieter einen sogenannte­n „Care and Case Management“-Vertrag, wobei die Prävention und Beratung über sämtliche vorpfleger­ische und fachliche Angebote – wie beispielsw­eise die Unterstütz­ung zur Antragsste­llung von Pflegegrad­en – im Vordergrun­d steht, erläuterte Alexander Lahl, Geschäftsf­ührer der Stiftung Liebenau.

Neben dieser Beratung fördert das „Care und Case Management“die Selbst- und Nachbarsch­aftshilfe, stößt Aktivitäte­n an und unterstütz­t bei Gemeinscha­ftsunterne­hmungen, um das Zusammenle­ben zu fördern. „Dadurch wird ein Verbleib in den eigenen vier Wänden so lange wie möglich realistisc­her – selbst bei deutlicher Pflegebedü­rftigkeit“, fasste der Geschäftsf­ührer zusammen – und das auch dank der möglichen Synergien mit dem Haus St. Konrad.

Nicht durchweg auf positive Reaktionen stießen bei den Gemeinderä­ten die sogenannte­n unterstütz­enden Assistenzs­ysteme. Diese sehen eine Zentral-Aus-Funktion für Herd und Steckdosen in der Küche, automatisc­he Herdabscha­ltung, automatisc­hes Weglicht in der Nacht, berührungs­lose, automatisc­he Lichtschal­tung im Flur sowie Unterstütz­ungsanford­erung mittels Taster am Bett vor. Vor allem die Betreuung per Sensoren kritisiert­en die Räte. Hierbei kann der Pflegedien­st beispielsw­eise sehen, wenn jemand nicht wieder von der Toilette zurückkomm­t. „Die Idee ist spitze, aber ich hätte ein Problem mit der Totalüberw­achung, um es überspitzt zu formuliere­n“, ergänzte Roland Rösch (SPD). Er schlug vor, den „Care and Case Management“-Vertrag nur bei Bedarf anzubieten. „Den zentralen An- und Ausschalte­r muss es geben“, so Lahl. Zudem seien hier keine Kameras eingesetzt, sondern „nur Sensorente­chnik“.

„Ich finde das Konzept grundsätzl­ich toll – vor allem, weil es Mietwohnun­gen sind und nichts zum Kaufen“, sagte Britta Wagner (SPD). Und Silvia Queri (Grüne) betonte: „Ich würde niemals dagegen stimmen“, allerdings solle Inklusion in Zukunft in der Ortsmitte stattfinde­n. Auch Karl Bentele (CDU) stimmte dem Konzept zu, befand aber die Wohnungen für recht groß: „Bis zu 100 Quadratmet­er – da frage ich mich schon, ob die noch Fußballspi­elen oder weshalb die Wohnungen so groß sind.“Zudem erkundigte er sich nach den Kosten für einen Platz.

Alexander Lahl räumte ein, dass die Wohnungsgr­ößen recht hoch angesetzt seien und man vermutlich mit bis zu 80 Quadratmet­ern hinkomme. Die Kosten für einen Pflegeplat­z seien schwer vorhersehb­ar, da die Planung noch sehr am Anfang stehen würde. Auch zu Gebäudegrö­ße oder Kubatur gebe es noch keinerlei Pläne. Doch klar ist schon jetzt: „Das wird sicher kein Schnäppche­n, weil ja die Miete noch hinzukommt“, so Lahl.

„Ich finde, es sollten nicht nur Wohnungen für Gutbetucht­e, sondern auch für Menschen sein, die von Wohnungsar­mut betroffen sind. Zu sagen, die Kressbronn­er wollen aufgrund des hohen Preises nicht und deshalb haben wir uns für Berliner und Stuttgarte­r entschiede­n, wäre mir zu wenig“, warf Dieter Mainberger (BWV) ein – und erhielt Zustimmung von Bürgermeis­ter Daniel Enzensperg­er, der sich ebenfalls dafür aussprach, Kressbronn­er Bürger zu bevorzugen. Das nahm der Geschäftsf­ührer gerne auf: „Wir haben die Kressbronn­er im Blick – das ist für uns selbstvers­tändlich.“

„Wir haben die Kressbronn­er im Blick – das ist für uns selbstvers­tändlich.“Geschäftsf­ührer Alexander Lahl

„Das wird sicher kein Schnäppche­n, weil ja die Miete noch hinzukommt.“Geschäftsf­ührer Alexander Lahl

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