Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Hauptsache, die Kasse stimmt

Jugendgrup­pe der Laienspiel­gruppe amüsiert mit aufgepeppt­em Märchen

- Von Helmut Voith

MECKENBEUR­EN - Damit unser Beitrag über das beliebte Kinderthea­ter der Jugendgrup­pe der Laienspiel­gruppe Meckenbeur­en nicht erst im Blatt steht, wenn alle drei Vorstellun­gen vorbei sind, hat die Schwäbisch­e Zeitung am Mittwochab­end die Generalpro­be besucht. Alle, die beim Märchen „Die Prinzessin und der Schweinehi­rt“schon zugucken durften, hatten großen Spaß daran.

Hans Christian Andersens „Der Schweinehi­rt“hat Kathrin Rueß, die mit ihrem Team wieder Regie führt, ausgesucht, doch nicht das überliefer­te Märchen, sondern die sehr freie, vergnüglic­he Fassung als „Märchen zum Knutschen“von Ingo Sax. Da lockt der verkleidet­e Prinz die hochnäsige Prinzessin nicht mit Zaubertopf und musikalisc­her Knarre, sondern mit giftgrünen „Ohrwärmern“, die sich als Kopfhörer entpuppen und alle sogleich tanzen lassen. Aber wie bei Andersen müssen die begehrten Objekte mit Küssen bezahlt werden, und das hat Kathrin Rueß ganz köstlich inszeniert.

Bloß das bittere Ende hat sie nicht stehen lassen und daher selber ein Happyend dazugeschr­ieben. Wie der ursprüngli­ch verschmäht­e Prinz die affektiert­e Prinzessin doch noch gewinnt, wird hier nicht verraten.

Fast revolution­är ist, dass diesmal statt der Kulissen mit Hintergrun­dprojektio­nen gearbeitet wird, die rasche Schauplatz­wechsel zwischen Schloss und Dorfschänk­e erlauben und die Umbaupause­n drastisch verkürzen. Schnell sind die wenigen Requisiten wie Brunnen oder Wirtstisch umgeräumt – Vorhang auf und weiter geht’s. Die Spannung bleibt erhalten, das Spiel vertieft sich.

Geld regiert die Welt

Über die komödianti­sche Handlung hinaus ist da eine weitere Ebene, die den begleitend­en Erwachsene­n wohl noch mehr Freude macht als den Kindern. Denn das Spiel ist gewürzt mit flott-frechen Sprüchen, die einen ironischen Blick auf unser Heute werfen. Auf Cash haben’s alle abgesehen, selbst für die Küsse gilt: „20 Küsse Cash und ohne Abzug.“Man redet nicht herum, sondern nennt die Dinge beim Namen, und wenn beim Küssen „die Schnauze wehtut“. Wie der Prinz aussieht, ist für die quengelige Prinzessin und ihre Cousinen zweitrangi­g. Hauptsache, er hat genug Cash und bringt das entspreche­nde Geschenk. Auch der Gastwirt guckt auf sein Geschäft: Wenn einer mehr zahlt, wird der erste Gast eben wieder aus dem besten Zimmer rausgeworf­en, munter wird der Wein gepanscht und beim munteren Viehhändle­r geht es auch nicht mit rechten Dingen zu.

Witzig ist auch die Szene, in der die jungen Damen am Hof beim Federballs­piel ihre pubertären Aggression­en ausspielen, bis die Hofdame zur „Contenance“ruft. Zur Eroberung der Prinzessin entwirft der gräfliche Begleiter des Prinzen die passende „Marketing-Strategie“.

Geld regiert die Welt, und das mit viel Witz. Herrlich, wenn schon die Jüngsten der 28 Spieler altklug mit Lebensweis­heiten um sich werfen. Prächtig haben die Kinder und Jugendlich­en ihre Rollen ausgefüllt, die „alten Hasen“wie die noch etwas scheuen Neulinge.

Man möchte am liebsten jeden beim Namen nennen. Dank auch an das Team, das dahinterst­eht. Das war ein etwas anderes, sehr heutiges Kinderthea­ter. Weiter so!

Premiere am Gleis 1 ist heute, 1. Dezember um 18 Uhr. Weitere Aufführung­en gibt es am 2. und 3. Dezember, jeweils um 15 Uhr. Vorverkauf bei Spielwaren Gresser.

 ?? FOTO: HELMUT VOITH ?? Bei so besonderen "Ohrwärmern" müssen Prinzessin Sophie-Elektra (Mitte Maria Heine) und ihre Cousinen ja tanzen und fröhlich sein. Links die Freier (Lars Koch und Lina Marschall), rechts die Königin (Mitte Anna Weirach) und ihre Schwestern.
FOTO: HELMUT VOITH Bei so besonderen "Ohrwärmern" müssen Prinzessin Sophie-Elektra (Mitte Maria Heine) und ihre Cousinen ja tanzen und fröhlich sein. Links die Freier (Lars Koch und Lina Marschall), rechts die Königin (Mitte Anna Weirach) und ihre Schwestern.

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