Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Stadtrat lehnt Edeka-Bürgerbegehren ab
Räte folgen bei einer Gegenstimme der Rechtsmeinung der Verwaltung – Edeka will klagen
LINDAU - Mit großer Mehrheit hat der Stadtrat das Bürgerbegehren für einen Edekamarkt im Gewerbegebiet als unzulässig abgelehnt. Die Räte kritisierten den Konzern. Edeka seinerseits bereitet eine Klage gegen die Stadtratsentscheidung vor.
Lange sah es nicht so aus, als ob die Mehrheit im Stadtrat groß würde. Denn Jürgen Müller (LI), der das Bürgerbegehren selbst unterschrieben hat, wollte einen rechtlichen Weg finden, damit die Lindauer doch darüber abstimmen dürfen, ob ein Investor für Edeka auf einem Grundstück auf dem früheren Bahlsengelände bauen darf. Man könne das ein oder andere etwas anders interpretieren und dann zu einem Ergebnis kommen, das dem Wunsch der mehr als 2500 Wahlberechtigten entspricht, die bei Edeka unterschrieben haben: „Man kann als Jurist eigentlich fast alles begründen.“
Doch nach Diskussionen, in die sich auch andere Juristen im Stadtrat einschalteten, war Müller überzeugt, dass Stadtjuristin Tanja Bohnert recht und dies überzeugend erklärt hat: Das Bürgerbegehren ist rechtlich nicht zulässig, deshalb muss der Stadtrat ablehnen. Da half auch ein eingesandter gegenläufiger Brief einer Münchner Rechtsanwaltskanzlei nicht, der nach eigenen Worten für die Bürgerinitiative aus Edeka-Mitarbeitern arbeitet. Demnach müsse der Stadtrat das Bürgerbegehren zulassen, weil es sich an die Vorgaben halte, welche die Stadt nicht zu eng auslegen dürfe.
Während Bohnert durch das Bürgerbegehren den Abwägungsspielraum des Stadtrats unzulässig eingeschränkt sieht, hält der Anwalt entgegen, dass das Bürgerbegehren nur das Einleiten eines Verfahrens verlange, in dem der Stadtrat Baurecht für Edeka schaffen soll. Wenn die Stadträte in dem Verfahren zu der Meinung kommen, dass sie dies nicht wollen, dann könnten sie das Verfahren wieder beenden. Auch Bohnerts weitere Argumente lässt der Edeka-Anwalt nicht gelten. „Für uns ändert sich an der Beurteilung nichts“, erwiderte Bohnert – und dies galt auch für die Stadträte. Lediglich Ulrich Jöckel (FDP) störte sich an dem strikten Nein. Er forderte, Stadtrat und Verwaltung sollten Edeka ein Entgegenkommen zeigen.
Diese Forderung nach Sonderbehandlung stieß bei einigen Rednern auf Empörung. Denn das Recht müsse für alle gleich sein, Lindau dürfe dem Druck eines Konzerns nicht nachgeben, nur weil dieser groß ist. Kathrin Dorfmüller, Uwe Birk (beide SPD), Thomas Hummler, Karl Schober (beide CSU), Roland Freiberg (BU) sowie die Bunten äußerten Verständnis für die Mitarbeiter, die Angst haben, weil sie im Frühjahr ohne Arbeitgeber dastehen. Die Räte stellten aber klar, dass dafür nicht die Stadt verantwortlich sei, sondern Edeka. OB Gerhard Ecker ergänzte auf Nachfrage, dass die Verantwortlichen von Edeka schon kurz nach seinem Amtsantritt den Neubau auf dem Bahlsengelände gefordert haben. Mit anderen geeigneten Grundstücken habe sich Edeka offenbar nicht befasst.
Edeka dagegen verweist auf die große Zahl Lindauer, die durch ihre Unterschrift zeigten, dass sie Edeka auf dem Bahlsengelände wollen. „Entsprechend bedauern wir die Entscheidung des Stadtrates, die Lindauer darüber nicht mit einem Bürgerentscheid abstimmen zu lassen“, antwortet Regina Jud von der Pressestelle der Edeka Handelsgesellschaft Südbayern mbH. Jud schreibt auf Anfrage der LZ, dass Edeka keine Alternative sehe: „Andere geeignete Standorte mit entsprechendem Baurecht stehen – nach eingehender Prüfung – nicht zur Verfügung.“Eine Nachfrage nach rechtlichen Schritten beantwortet Jud nur indirekt: „Selbstverständlich werden wir die Bürgerinitiative bei möglichen weiteren Schritten unterstützen.“Es wird also wohl eine Klage gegen den Beschluss geben.
Alexander Kiss (BL) und andere Bunte räumten ein, dass sie eigentlich für direkte Demokratie und deshalb für Bürgerbegehren sind. Das gelte aber nicht, wenn ein Konzern dieses Instrument missbrauchen wolle. Matthias Kaiser fürchtet, Bürgerbegehren könnten durch dieses Vorgehen von Edeka Schaden nehmen. Er forderte die Staatsregierung auf, durch gesetzliche Regelungen solches Einwirken eines Unternehmens auf die Bauleitplanung der Städte einzuschränken.
Uwe Birk forderte, Edeka solle das Geld nicht in Kinospots, Plakate und ähnliche Maßnahmen stecken, sondern in Übergangsgeld für die etwa 50 Mitarbeiter.