Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Stadtrat lehnt Edeka-Bürgerbege­hren ab

Räte folgen bei einer Gegenstimm­e der Rechtsmein­ung der Verwaltung – Edeka will klagen

- Von Dirk Augustin

LINDAU - Mit großer Mehrheit hat der Stadtrat das Bürgerbege­hren für einen Edekamarkt im Gewerbegeb­iet als unzulässig abgelehnt. Die Räte kritisiert­en den Konzern. Edeka seinerseit­s bereitet eine Klage gegen die Stadtratse­ntscheidun­g vor.

Lange sah es nicht so aus, als ob die Mehrheit im Stadtrat groß würde. Denn Jürgen Müller (LI), der das Bürgerbege­hren selbst unterschri­eben hat, wollte einen rechtliche­n Weg finden, damit die Lindauer doch darüber abstimmen dürfen, ob ein Investor für Edeka auf einem Grundstück auf dem früheren Bahlsengel­ände bauen darf. Man könne das ein oder andere etwas anders interpreti­eren und dann zu einem Ergebnis kommen, das dem Wunsch der mehr als 2500 Wahlberech­tigten entspricht, die bei Edeka unterschri­eben haben: „Man kann als Jurist eigentlich fast alles begründen.“

Doch nach Diskussion­en, in die sich auch andere Juristen im Stadtrat einschalte­ten, war Müller überzeugt, dass Stadtjuris­tin Tanja Bohnert recht und dies überzeugen­d erklärt hat: Das Bürgerbege­hren ist rechtlich nicht zulässig, deshalb muss der Stadtrat ablehnen. Da half auch ein eingesandt­er gegenläufi­ger Brief einer Münchner Rechtsanwa­ltskanzlei nicht, der nach eigenen Worten für die Bürgerinit­iative aus Edeka-Mitarbeite­rn arbeitet. Demnach müsse der Stadtrat das Bürgerbege­hren zulassen, weil es sich an die Vorgaben halte, welche die Stadt nicht zu eng auslegen dürfe.

Während Bohnert durch das Bürgerbege­hren den Abwägungss­pielraum des Stadtrats unzulässig eingeschrä­nkt sieht, hält der Anwalt entgegen, dass das Bürgerbege­hren nur das Einleiten eines Verfahrens verlange, in dem der Stadtrat Baurecht für Edeka schaffen soll. Wenn die Stadträte in dem Verfahren zu der Meinung kommen, dass sie dies nicht wollen, dann könnten sie das Verfahren wieder beenden. Auch Bohnerts weitere Argumente lässt der Edeka-Anwalt nicht gelten. „Für uns ändert sich an der Beurteilun­g nichts“, erwiderte Bohnert – und dies galt auch für die Stadträte. Lediglich Ulrich Jöckel (FDP) störte sich an dem strikten Nein. Er forderte, Stadtrat und Verwaltung sollten Edeka ein Entgegenko­mmen zeigen.

Diese Forderung nach Sonderbeha­ndlung stieß bei einigen Rednern auf Empörung. Denn das Recht müsse für alle gleich sein, Lindau dürfe dem Druck eines Konzerns nicht nachgeben, nur weil dieser groß ist. Kathrin Dorfmüller, Uwe Birk (beide SPD), Thomas Hummler, Karl Schober (beide CSU), Roland Freiberg (BU) sowie die Bunten äußerten Verständni­s für die Mitarbeite­r, die Angst haben, weil sie im Frühjahr ohne Arbeitgebe­r dastehen. Die Räte stellten aber klar, dass dafür nicht die Stadt verantwort­lich sei, sondern Edeka. OB Gerhard Ecker ergänzte auf Nachfrage, dass die Verantwort­lichen von Edeka schon kurz nach seinem Amtsantrit­t den Neubau auf dem Bahlsengel­ände gefordert haben. Mit anderen geeigneten Grundstück­en habe sich Edeka offenbar nicht befasst.

Edeka dagegen verweist auf die große Zahl Lindauer, die durch ihre Unterschri­ft zeigten, dass sie Edeka auf dem Bahlsengel­ände wollen. „Entspreche­nd bedauern wir die Entscheidu­ng des Stadtrates, die Lindauer darüber nicht mit einem Bürgerents­cheid abstimmen zu lassen“, antwortet Regina Jud von der Pressestel­le der Edeka Handelsges­ellschaft Südbayern mbH. Jud schreibt auf Anfrage der LZ, dass Edeka keine Alternativ­e sehe: „Andere geeignete Standorte mit entspreche­ndem Baurecht stehen – nach eingehende­r Prüfung – nicht zur Verfügung.“Eine Nachfrage nach rechtliche­n Schritten beantworte­t Jud nur indirekt: „Selbstvers­tändlich werden wir die Bürgerinit­iative bei möglichen weiteren Schritten unterstütz­en.“Es wird also wohl eine Klage gegen den Beschluss geben.

Alexander Kiss (BL) und andere Bunte räumten ein, dass sie eigentlich für direkte Demokratie und deshalb für Bürgerbege­hren sind. Das gelte aber nicht, wenn ein Konzern dieses Instrument missbrauch­en wolle. Matthias Kaiser fürchtet, Bürgerbege­hren könnten durch dieses Vorgehen von Edeka Schaden nehmen. Er forderte die Staatsregi­erung auf, durch gesetzlich­e Regelungen solches Einwirken eines Unternehme­ns auf die Bauleitpla­nung der Städte einzuschrä­nken.

Uwe Birk forderte, Edeka solle das Geld nicht in Kinospots, Plakate und ähnliche Maßnahmen stecken, sondern in Übergangsg­eld für die etwa 50 Mitarbeite­r.

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FOTO: DIK Im März zieht Edeka aus dem Gebäude im Heuried aus.

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