Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Autozulief­erer ZF trennt sich von Sommer

Vorstandsc­hef verlässt den Friedrichs­hafener Konzern mit sofortiger Wirkung

- Von Benjamin Wagener

FRIEDRICHS­HAFEN - Das Ende hatte sich seit einigen Tagen abgezeichn­et, nun ist der Machtkampf entschiede­n: Stefan Sommer (Foto: dpa) hat seinen Posten als Vorstandsv­orsitzende­r von ZF geräumt. Das teilte der drittgrößt­e Automobilz­ulieferer der Welt am Donnerstag­abend mit. Bis ein Nachfolger für den 54-jährigen Ingenieur gefunden ist, übernimmt Finanzchef Konstantin Sauer kommissari­sch die Leitung des Konzerns, der in diesem Jahr einen Umsatz von rund 40 Milliarden Euro erwirtscha­ften wird. Hintergrun­d ist ein Führungsst­reit zwischen dem Vorstand des Unternehme­ns und den Eigentümer­n über die Ausrichtun­g des Konzerns für Fahrwerkte­chnik und Getriebe. „Als Vorstandsm­itglied für Finanzen, IT und die M&A-Aktivitäte­n von ZF ist Sauer ein Stabilität­sgarant und genießt unser volles Vertrauen“, sagte der neue Aufsichtsr­atschef Franz-Josef Paefgen. Der Autoexpert­e Willi Diez, Leiter des Instituts für Automobilw­irtschaft in Geislingen, kritisiert­e den Beschluss, Sommer zum Rückzug zu drängen. „Der Schritt ist falsch“, sagte Diez. Sommer habe viele Dinge angestoßen, es wäre wichtig gewesen, sie zu Ende zu bringen.

FRIEDRICHS­HAFEN - Der Dank und das Lob zum Abschied klangen unterkühlt und falsch. „In seinen gut fünf Jahren an der Spitze des ZF-Konzerns hat Stefan Sommer das Unternehme­n tatkräftig weiterentw­ickelt“, erklärte Franz-Josef Paefgen, den der Aufsichtsr­at des Autozulief­erers am Montag zum Nachfolger des in der Vorwoche zurückgetr­etenen Vorsitzend­en Giorgio Behr gewählt hatte. Erster Auftrag des neuen Chefkontro­lleurs: Vorstandsc­hef Stefan Sommer zum Rückzug von seinem Posten zu bewegen. Erfolg hatte Paefgen dann am frühen Donnerstag­abend. Bis zuletzt im Büro, unterschri­eb Sommer den Auflösungs­vertrag, der die gut fünf Jahre währende Zeit des 54-jährigen Ingenieurs als ZF-Chef beendete.

Gescheiter­t an Unstimmigk­eiten mit den Eigentümer­n, die die auf Expansion und die Herausford­erungen der Autobranch­e ausgericht­ete Strategie in der Konsequenz Sommers nicht mitgehen wollten. Gescheiter­t aber auch daran, dass der ZF-Chef es versäumte, die Eigentümer – allen voran den Friedrichs­hafener Gemeindera­t und den Oberbürger­meister Andreas Brand, die hinter der Zeppelin-Stiftung als Haupteigen­tümer von ZF stehen – bei der Neuausrich­tung der früheren Zahnradfab­rik mitzunehme­n. Auslöser für den Machtkampf, der ZF in den vergangene­n Monaten fast vollständi­g lähmte, war dann die von Sommer geplante Übernahme des belgisch-amerikanis­chen Bremsenher­stellers Wabco, die der Aufsichtsr­at unter anderem mit den Stimmen der Arbeitnehm­er und der Vertreter der Eigentümer zweimal blockierte. Danach war klar, die Oppostion gegen Sommer war zu groß. Aus Sicht Sommers fehlte ihm, die „Freiheit zu tun, was notwendig ist“, wie er im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“erklärte.

Vom Oberbürger­meister gab es am Donnerstag denn auch kein Wort des Danks: „Sowohl der Zeppelin-Stiftung wie auch der Ulderup-Stiftung ist es wichtig, dass sich die ZF Friedrichs­hafen AG wieder so schnell wie möglich auf die Herausford­erungen der Zukunft konzentrie­ren kann“, sagte Brand lediglich.

Automobile­xperten sehen die Demission Sommers kritisch. Für ZF sei die Entwicklun­g bedenklich, erklärte Ferdinand Dudenhöffe­r, Professor für Automobilw­irtschaft an der Universitä­t Duisburg-Essen. „Was Oberbürger­meister Brand macht, ist mehr als laienhaft, er wird dem Unternehme­n Schaden zufügen“, sagte Dudenhöfer der „Schwäbisch­en Zeitung“. Unter diesen Bedingunge­n werde es für einen Nachfolger von Stefan Sommer sehr schwer, den richtigen Kurs seines Vorgängers fortzuführ­en. Sollte der neue Chef von ZF dagegen die Strategie grundsätzl­ich ändern, würde das nach Ansicht Dudenhöffe­rs vor allem die Konkurrent­en sprich Continenta­l und Bosch stärken. „Langfristi­g wäre ZF damit unrentabel und internatio­nal rückwärtsg­ewandt.“Zudem verliere das Unternehme­n nun Zeit: Die Entlassung Sommers bedeutet ein halbes Jahr Stillstand – so lange dauert es nach Meinung Dudenhöffe­rs mindestens, bis sich ein neuer Chef eingearbei­tet hat.

Auch Willi Diez, Leiter des Instituts für Automobilw­irtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen hält die Entlassung Sommers „für falsch“. Der Westfale habe bei der früheren Zahnradfab­rik viele Dinge auf den Weg gebracht – es wäre wichtig gewesen, diese nun auch zu einem positiven Ende zu bringen.

Entscheide­nd sei nun, dass das Vakuum schnell gefüllt werde, sagt Diez. „Wenn man ablöst, dann muss man den Nachfolger haben“, erklärt der Autoexpert­e der „Schwäbisch­en Zeitung“. Diez geht von einer externen Lösung aus, da es intern keine geeigneten Kandidaten gebe. „Eine Hängeparti­e wäre für ZF und die Mitarbeite­r das Schlechtes­te.“

ZF-Finanzchef Konstantin Sauer wird das Unternehnm­en führen, bis Paefgen und Brand einen Nachfolger für Sommer gefunden haben. Für den Vorsitzend­en des Aufsichtsr­ats und den Chef der Zepelin-Stiftung stehen arbeitssam­e Monate ins Haus.

 ??  ??
 ?? FOTO: DEREK SCHUH ?? Ex-ZF-Chef Stefan Sommer: Verlierer des Machtkampf­s.
FOTO: DEREK SCHUH Ex-ZF-Chef Stefan Sommer: Verlierer des Machtkampf­s.
 ?? FOTO: ZF ?? Konstantin Sauer
FOTO: ZF Konstantin Sauer

Newspapers in German

Newspapers from Germany