Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Rückkehr zu sich selbst
Neun Tage im Winter (Fr.,
Arte, 20.15 Uhr) - Eigentlich hatte er mit seinen Eltern, dem Bruder, der Kindheit in der Bretagne gebrochen. Doch als die Eltern bei einem Verkehrsunfall ums Leben kommen, muss sich der Autor Aurélien (Robinson Stévenin) der Vergangenheit stellen. Dabei erkennt er, dass seine Sicht der Vergangenheit nicht die einzig richtige ist.
„Neun Tage im Winter“besitzt das, was man das typisch französische Flair nennt: Der Film ist melancholisch und beschwingt zugleich, setzt bedächtig ein und entwickelt dann doch einen Sog. In diesem Fall überzeugt auch der Hauptdarsteller Stévenin als spröder Charakter, der in seiner alten Heimat viel über sich selbst erfährt. Zum einen von Mado (Catherine Hiegel), einer alten Freundin der Familie, eine der wenigen, die Aurélien in seinen autobiografischen Romanen als positive Gestalt dargestellt hat. Mado leidet an Krebs, verplempert keine Zeit mit Höflichkeiten und ist die erste, die ihm vor Augen führt, dass er in seiner Kindheit und Jugend nicht nur Opfer war. Auch er hat Menschen, wie zum Beispiel seinen alten Freund Hervé, seinen Bruder Cyril, seine große Liebe Emma, verletzt und in die Flucht getrieben. Zum anderen ist es wie so oft ein Kind, Emmas Tochter Michelle, die in ihrer Naivität die richtigen Fragen zur richtigen Zeit stellt. Kluge Erkenntnisse vor traumhafter Kulisse – die Rechnung geht auf, nicht nur für Bretagne-Fans.