Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Die Bahn feiert ihr teures Schmuckstück
Neubaustrecke München-Berlin eingeweiht Im Fernverkehr steigen die Preise
BERLIN - Das achte, letzte und teuerste Verkehrsprojekt Deutsche Einheit (VDE) ist fertiggestellt. Reisende werden nun in weniger als vier Stunden zwischen München und der Hauptstadt unterwegs sein können. Von der Einweihung der Neubaustrecke München-Berlin profitieren Bahnreisende bundesweit. Wer an diesem Samstag noch Tickets bucht, erhält den alten Preis. Ab Sonntag wird Bahnfahren teurer.
„VDE 8 ist ein Projekt der Superlative“, stellt die Bahn fest. Zehn Milliarden Euro kostete die Trasse, die von der Spree über Erfurt durch den Thüringer Wald an die Isar führt. 500 Kilometer Neubaustrecke, 26 Tunnel und 37 Brücken ermöglichen die Hochgeschwindigkeitsreise, die an diesem Sonntag erstmals im regulären Fahrplan angeboten wird. Mit 8,6 Kilometern Länge wird auch die längste Eisenbahnbrücke Deutschlands bei Halle in Betrieb genommen.
Bahnchef Richard Lutz bezeichnete die Eröffnung der Schnellfahrstrecke als „Meilenstein“. Sie sei in jeder Hinsicht ein großer Fortschritt, sagte Lutz bei einem Festakt am Freitag in Nürnberg. Bayerns Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU) sagte mit Blick auf die Entscheidung für das Projekt vor 25 Jahren: „Auch wenn es lange gedauert hat, hat die Bahn es im Schlussspurt geschafft, den Berliner Flughafen zu überholen.“
Wenn ab diesem Sonntag der Winterfahrplan gilt, gibt es auch auf vielen anderen Strecken neue Abfahrtzeiten. Ein Drittel der Fernreisen sind davon betroffen. Vielfach kommen die Fahrgäste nun schneller ans Ziel. „17 Millionen Menschen in Deutschland profitieren von kürzeren Reisezeiten, neuen Direktverbindungen und besseren Anschlüssen“, versicherte Bahnchef Rüdiger Lutz. Denn auch aus der Provinz kommen die Reisenden nun schneller in die großen Städte, weil es zusätzliche Direktverbindungen gibt, zum Beispiel zwischen Leipzig und Mannheim sowie Ulm.
Konkurrenz zum Luftverkehr
Mit dem Fahrplanwechsel kommt auch die neueste Generation des Flaggschiffs der Bahn, der ICE 4, in den Regelbetrieb. Eingesetzt werden die ersten Zugpaare zwischen München und Hamburg sowie Stuttgart und Hamburg. 860 Passagiere finden darin Platz, mehr als bisher. Ab dem 10. Dezember werden Fahrten mit dem Zug allerdings auch teurer. Im Fernverkehr steigen die Preise in der zweiten Klasse um durchschnittlich 1,9 Prozent an, der Aufschlag in der ersten Klasse ist mit 2,9 Prozent deutlich höher.
Das Unternehmen erhofft sich einen deutlichen Schub. „Mit diesem Angebot werden wir mehr Menschen als je zuvor für die Bahn begeistern“, ist sich Vorstandschef Lutz sicher. Auf der Neubaustrecke will er dem Luftverkehr Konkurrenz machen. Drei Millionen Fahrgäste im Jahr sind das Ziel, was einem Marktanteil von 40 Prozent entspräche. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Denn generell gilt in der Branche, dass Kunden bei Reisezeiten von weniger als vier Stunden eher mit dem Zug fahren als fliegen. Der Vorteil der Bahn liegt auf der Hand: Die Stationen liegen zentral in der Innenstadt, die zeitaufwendigen Sicherheitskontrollen am Airport entfallen. Das macht die längere Fahrzeit wieder wett.