Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Tod im Gazastreifen
Heftige Auseinandersetzungen im Streit um Jerusalem
JERUSALEM - Fast im Laufschritt eilen die moslemischen Gläubigen durch die Jerusalemer Altstadtgassen. Immer dichter wird die Menschenmenge. Das Mittagsgebet in der al-Aksa-Moschee scheint sie magnetisch anzuziehen. Weil Präsenz zeigen für viele Palästinenser zugleich Ausdruck des Protests ist. Er richtet sich gegen Donald Trump, der über ihre Köpfe hinweg Jerusalem den Israelis als alleinige Hauptstadt zuerkannt hat. „Wer ist dieser Trump, der unsere Stadt, Al Quds, die ihm nicht gehört, den Juden gibt?“, empört sich Moussa Hijazi, ein Ingenieur. „Meine Vorfahren sind vor über 800 Jahren mit Salah ed-Din gekommen, um Jerusalem von den Kreuzfahrern zu befreien.“
Auch Raeda, eine Palästinenserin, erregt sich über Trump. „Verrückt, dumm und unverantwortlich“, nennt sie ihn. Er führe sich auf „wie ein Ringkämpfer, nicht wie ein Präsident“. Aber seine Entscheidung ändere nichts daran, „dass wir hier verwurzelt sind“. Den Ärger und die Wut auf Trump verhehlt im arabischen Ostteil Jerusalems, Al Quds genannt, keiner. Viele begegnen der Enttäuschung, von Amerika im Stich gelassen worden zu sein, mit Trotz. „Trump wird die Realität in Jerusalem nicht verändern“, meint der Geschäftsmann Fuad al-Imam. „Er hat nur Fake News zu bieten.“
Doch von den Zehntausenden, die erschienen sind, ziehen die meisten nach dem Freitagsgebet auf jenem Heiligtum, das Juden als Tempelberg und Moslems als Haram al-Scharif verehren, friedlich von dannen. Am Jerusalemer Damaskus, wo Dutzende Kamerateams „auf action“warten, kommt es aber zu Zusammenstößen und Festnahmen. Ein großes Polizeiaufgebot steht bereit, aber es bleibt im Hintergrund und übt sich in Deeskalationstaktik. Schon um zu zeigen, dass Israel den Status quo samt dem Recht auf freie Religionsausübung respektiert, haben die Sicherheitsbehörden auch keine Altersbeschränkung beim Zutritt zum Moscheegelände verhängt. Doch in Gaza und dem Westjordanland ist die Eskalation am „Tag des Zorns“, zu dem die Fatah und andere palästinensische Fraktionen aufgerufen haben, programmiert. Zumal er zusammenfällt mit dem Jahrestag der ersten Intifada, ausgelöst durch einen folgenreichen Unfall: Vor 30 Jahren, waren vier Palästinenser gestorben, als ein israelischer Militärlaster versehentlich ihren Wagen rammte.
Rakete aus Gaza abgefangen
Viele junge Palästinenser, die glauben, nichts mehr verlieren zu können, knüpfen daran an. Sie schleudern Molotowcocktails und Steine gegen Militärcheckpoints in der Westbank sowie die Soldatenposten in der Gaza-Grenzzone. US-Flaggen werden verbrannt. Israels Armee feuert scharfe Munition. Ein 30-jähriger Palästinenser stirbt bei Zusammenstößen mit israelischen Sicherheitskräften. Mindestens 760 Menschen sind verletzt, mehr als 260 davon erleiden Schusswunden.
Der Beginn einer „Trump-Intifada“? Viel hängt davon ab, inwieweit die Autonomieführung von Präsident Mahmud Abbas die Kontrolle über die Lage behält. Nach einer Rakete aus Gaza, die in Israel abgefangen wurde, griff am Freitagabend Israel einen Stützpunkt und ein Waffenlager der Hamas im Gazastreifen an, es gab zehn Verletzte.