Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Wartezeit des Advents mit Sinn erfüllen
In den Kirchen ist Advent auch die Zeit der Rorate-Messen
DIETMANNSWEILER - Und wieder ist mit dem Beginn des Advents – früher eine stille Zeit der Vorbereitung auf Weihnachten – die Zeit der „Rorate-Messen“gekommen.
„Rorate caeli desuper et nubes pluant justum“lautet der namensgebende Text aus dem Buch Jesaja – im vertrauten Adventslied finden wir die Übersetzung: „Tauet, Himmel, den Gerechten, Wolken regnet ihn herab.“Der gleiche Gedanke steht hinter dem ergreifenden Lied „Oh Heiland, reiß die Himmel auf“, dessen Text dem Jesuiten Friedrich Spee (1591-1635) zugeschrieben wird.
Gedanken, die sehr im Gegensatz zur Alltagswirklichkeit stehen, denn da ist Beschleunigung statt Entschleunigung: Weihnachtsfeiern in Betrieben und Vereinen, Weihnachtsmärkte und Weihnachtskonzerte, Weihnachtsbäckerei und Einkäufe, Hektik.
Dagegen steht die Tradition der Rorate-Gottesdienste – wenn man sie ganz echt will, dann morgens um sechs Uhr, bei Kerzenlicht in den noch dunklen Kirchen. Es lohnt sich, diese kleine Auszeit zu nehmen, vor dem Weg in den Alltag eine Messe zu besuchen, die an die Kindheit erinnert. Kalt ist es da noch, die Wege sind noch nicht unbedingt gerichtet, doch drinnen erwartet die Menschen Wärme.
Rorate-Besuche nehmen zu
In vielen Gesprächen war zu erfahren, dass die Zahl der Rorate-Besuche deutlich zugenommen hat, und dazu sind trotz Priestermangels viele Möglichkeiten gegeben. Heimelig macht das Kerzenlicht die großen Kirchenräume, ebenso die kleinen Kapellen, in denen man eng zusammenrücken muss. Viele kennen sich, man genießt das gemeinsame Erleben, freut sich, dass man sich frühmorgens zum Aufstehen überwunden hat, und geht zufrieden und gelassener als sonst in den Tag. Wer noch Zeit hat, bleibt gerne zum gemeinsamen Frühstück, zu dem jeder seinen Teil beiträgt. Die Besinnung in der Stille hat jeden ein wenig verändert, und das ist gut so.
Weihnachtssinn neu erfassen
So war es auch am Donnerstagmorgen in der kleinen Georgskapelle bei der Schöre in Dietmannsweiler, wo Dekan Reinhard Hangst vor knapp fünfzig Gläubigen die Messe gehalten und auf den Advent als Wartezeit hingewiesen hat: „Gott kommt, wir sind eingeladen, uns darauf einzulassen.“Und er fragte: „Wie gestalten wir die Wartezeit des Advents? Was feiern wir an Weihnachten? Uns selber oder die Geburt Jesu? Wissen wir noch, was wir glauben? Oder ist Religion nur Deko?“Es gelte, den Sinn der Weihnacht neu zu erfassen, auf Gott zu hoffen, zu spüren, wo Gott wirkt, sein Kommen als Bereicherung zu erkennen: „Sicher ist, dass Gott kommt.“
Die nächste Gelegenheit, ein Rorate am frühen Morgen zu besuchen, ist am Dienstag, 12. Dezember, um 6 Uhr in St. Gallus in Tettnang.