Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Echt-Bodensee-Card steht zur Wahl

Urlauber entscheide­n, ob sie die EBC oder eine alternativ­e Gästekarte wollen

- Von Tanja Poimer

BODENSEEKR­EIS - Der Gemeindera­t Langenarge­n hat am Montagaben­d eine neue Kurtaxesat­zung verabschie­det. Eine Entscheidu­ng, die nach purer Lokalpolit­ik klingt, aber weitreiche­nde Folgen für die EchtBodens­ee-Card (EBC) und die Region ankündigt. Eine davon: In Zukunft wird es zwei Gästekarte­n geben – eine EBC für die Urlauber, die eine datenschut­zrechtlich­e Erklärung unterschre­iben, und eine Version für die Gäste, die das nicht wollen.

Nötig ist eine Neuauflage geworden, nachdem das Verwaltung­sgericht in Mannheim die Langenarge­ner Kurtaxesat­zung, die im Zuge der Einführung der EBC 2017 geändert worden war, im September für unwirksam erklärt hatte. Gastgeberi­n Annette Pfleiderer war stellvertr­etend für weitere EBC-Gegner und unterstütz­t von der Internetpl­attform Forum Langenarge­n sowie dem Verein Gastgeber Uhldingen-Mühlhofen (GUM) vor Gericht gezogen. Die Richter folgten der Argumentat­ion der Vermieteri­n aus Langenarge­n, bemängelte­n die Kalkulatio­n der Kurtaxe, die erhöht worden war, um die EBC zu finanziere­n, und hatten Einwände dagegen, dass die Gäste bislang eine Datenschut­zerklärung unterschre­iben mussten.

Das Thema Datenschut­z entschärft­e Langenarge­n in der neuen Satzung damit, dass jetzt jeder Gast, der nicht von der Kurtaxe befreit ist, wie zum Beispiel Kinder bis 16 Jahre, Anspruch auf eine Gästekarte hat. Mit dieser Karte erhalten Urlauber Standardle­istungen, wie zum Beispiel den Besuch im Strandbad oder im Museum. Wer auch noch die Leistungen der EBC kostenlos nutzen will, – sprich: freie Fahrt mit Bus und Bahn im Verkehrsve­rbund Bodensee-Oberschwab­en (Bodo), dem ab Januar 2018 auch der Landkreis Lindau angehört, und Vergünstig­ungen beim Besuch von mehr als 100 Ausflugszi­elen, – muss eine datenschut­zrechtlich­e Erklärung abgeben. „Jeder Gast kann selbst entscheide­n“, betonte Bürgermeis­ter Achim Krafft.

Die Konsequenz: In Zukunft gibt es zwei Karten – eine EBC und wohl eine Papiervers­ion mit Barcode, die den Gegnern, die von der elektronis­chen Chipkarte als „Datenklaum­onster“sprechen, weniger suspekt sein dürfte. Achim Krafft: „Das ist ein Schritt zurück, den wir aber für eine Interimsze­it gehen werden.“Mehr wollte er zur Umsetzung nicht sagen, dies sei Sache der Partner, also der Deutschen Tourismus GmbH (DBT) als Betreiber der EBC und der Landkreise Bodenseekr­eis, Lindau, Sigmaringe­n sowie der Kommunen Stockach und Bodman-Ludwigshaf­en als DBT-Gesellscha­fter.

Was die Kalkulatio­n angeht, hat Langenarge­n ebenfalls nachgebess­ert. Die EBC wird nicht mehr über die Kurtaxe finanziert, die Kosten trägt jetzt die Gemeinde – ebenfalls rückwirken­d zum 1. Januar 2017. Der Dreh, den die Gemeinde in Absprache mit einer Anwaltskan­zlei gewählt hat: Die Kurtaxe beträgt nach wie vor 3,15 Euro, die Höhe der Abgabe wird mit den Aufwendung­en im Amt für Tourismus, Kultur und Marketing, das seit Jahren ein Zuschussge­schäft ist, für Strandbad oder Park und Ufer gerechtfer­tigt.

Wegweisend­e Entscheidu­ng

„Das macht keinen Sinn, wir wenden lediglich rechtliche Kniffe an“, sagte Langenarge­ns Grünen-Gemeinderä­tin Silke Falch in der Sitzung am Montag. Mit der geänderten Satzung bleibe letztendli­ch alles beim Alten. Zwei Herzen in ihrer Brust hörte Gertrud Reiß von der SPD, die rückwirken­d eine gewisse Notwendigk­eit sah, aber für die Zukunft Bedenken äußerte: „Nur wenn der Gast unterschre­ibt, kann er auch mit Bus und Bahn fahren, das ist nicht die Lösung, die ich mir wünsche.“Albrecht Hanser von den Freien Wählern machte in Anspielung auf die alte Satzung klar: „Ich gehe davon aus, dass dieses Exemplar rechtssich­er ist.“

Silke Falch stimmte dagegen, Gertrud Reiß und Albrecht Hanser enthielten sich, die große Mehrheit segnete die neue Kurtaxesat­zung ab. Eine wegweisend­e Entscheidu­ng – nicht zuletzt deshalb, weil die drei anderen EBC-Pilotgemei­nden Eriskirch, Bodman-Ludwigshaf­en und Sipplingen zu Jahresbegi­nn mit der gleichen Satzung wie Langenarge­n an den Start gegangen sind.

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