Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Integration funktioniert über Sprache und Kunst
Kinder aus Flüchtlingsfamilien profitieren vom „Lesewelten“-Projekt der Kinderstiftung Ravensburg
RAVENSBURG (sz/fh) - Integration gelingt am besten über die Sprache. Mit ihrem „Lesewelten“-Projekt „Mit Büchern die Welt entdecken – Flüchtlingskinder begleiten, unterstützen, fördern“, leistet die Kinderstiftung Ravensburg hierzu einen wichtigen Beitrag. Zielgruppe des Projekts sind Kinder aus Flüchtlingsfamilien im Kindergarten- und Grundschulalter. Jetzt ist daraus eine bemerkenswerte Ausstellung entstanden.
„Nehmen Sie sich doch ein herzliches Wort mit auf den Weg“, steht an einem Kästchen zu lesen, in dem Papierherzen mit einzelnen Worten und Texten zum Mitnehmen bereit liegen. Die Wortgeschenke symbolisieren das Thema einer Ausstellung der Kinderstiftung Ravensburg in der Galerie der Caritas. Noch bis 6. Januar werden dort Linoldrucke von Kindern und Jugendlichen aus Vorbereitungsklassen der Grundschule Kuppelnau und des Welfengymnasiums Ravensburg gezeigt, die an einem Kunstprojekt der „Lesewelten“der Kinderstiftung teilgenommen haben.
Neben den sehr persönlichen Werken sind auch Materialien, Farben und Werkzeuge zu sehen, mit denen die Schüler im Atelier und unter der Anleitung von Kunsttherapeutin Monika Schlenker ihre deutschen Lieblingsworte zunächst zeichnerisch auf Papier brachten, sie danach in Linolschnitte umsetzten und schließlich Drucke in verschiedenen Farben fertigten. Entstanden ist eine bunte Vielfalt von Bildern mit Sonne, Mond und Sternen, mit Herzen, Bäumen und Blumen, einem Kleeblatt, einer Eistüte, einer Rakete und Landschaften oder auch nur mit den Worten „Die Liebe“oder „Ich liebe dich von ganzem Herzen“. Die jungen Kunstschaffenden – Grundschüler und Gymnasiasten im Alter von sechs bis elf (Kuppelnau) und elf bis 16 Jahren (Welfengymnasium) – kommen aus unterschiedlichen Ländern und suchen nach Flucht und Vertreibung in Ravensburg eine neue Heimat. Die für sie wichtigen und in Szene gesetzten Lieblingswörter haben die Kinder und Jugendlichen in den wöchentlichen Vorlesestunden an den beiden Schulen gefunden, wo mit ehrenamtlichen Vorleserinnen die Geschichte „Die große Wörterfabrik“von Agnès de Lestrade erarbeitet wurde.
Das Projekt habe sehr viel Spaß gemacht, waren sich die Beteiligten einig. „Ihr habt Begeisterung, Kreativität und Schaffensfreude mitgebracht und Zeit und Raum optimal genutzt – das verdient größten Respekt“, lobte Monika Schlenker die Schüler. Die „Lesewelten“hätten bei dem Projekt erfolgreich als Schnittstelle zwischen Wort und Farbe fungiert. „Die Atmosphäre war einmalig“, waren sich Vorleserinnen, Lehrerinnen, Schüler und Kunsttherapeutin einig.
Die jungen Kunstschaffenden präsentierten bei der Ausstellungseröffnung nicht nur stolz ihre Werke, einige von ihnen stellten auch ihr sprachliches Können mit selbst verfassten Texten rund um das Thema „Liebe“, unter Beweis – unterstützt von Poetry-Slammern aus der zehnten Klasse des Welfengymnasiums.
Versteigerung der Bilder
Begeistert von den sehr persönlichen Linoldrucken und den zum Nachdenken anregenden Texten der Kinder und Jugendlichen war auch Laura Kaister, Projektleiterin der Kinderstiftung Ravensburg. Das Kunstprojekt sei von der Kinderstiftung Ravensburg angeleitet und im Rahmen des „Lesewelten“-Projekts „Mit Büchern die Welt entdecken – Vorlesen für Kinder und Jugendliche mit Fluchthintergrund“finanziert worden, berichtete sie. Spontan erklärten sich sieben Kunstjunioren bei der Vernissage bereit, ihre Bilder für eine Versteigerung zugunsten der Kinderstiftung zur Verfügung zu stellen – „damit es auch weiterhin solche Projekte geben kann“. Welche Wertschätzung die Schüler-Werke genießen, zeigte sich, wie schnell Monika Schlenker sie versteigert hatte. Mit einem Erlös von 77 Euro wurde der Grundstein für ein neues Projekt gelegt.