Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Eine Tettnanger­in in Simbabwe

Schwester Philothea berichtet über ihren Alltag auf Emerald Hill – Dort finden mehr als 100 Kinder ein Zuhause, Bildung und eine Zukunft

- Von Mark Hildebrand­t

TETTNANG - Wenn vom Heim Emerald Hill in der Nähe der Hauptstadt Simbabwes, Harare, die Rede ist, kommt die Sprache immer recht schnell auf Schwester Philothea Thanner. Die gebürtige Tettnanger­in ist in der Montfortst­adt schon seit Jahrzehnte­n das Gesicht dieser Einrichtun­g der Dominikane­rinnen.

Diese sind seit mehr als 100 Jahren dort tätig. Anfangs als Isoliersta­tion gedacht, kommen auf Emerald Hill heutzutage Aidswaisen, Kinder mit Behinderun­gen und Findelkind­er unter. Die etwa Hundert Bewohner im Alter zwischen drei und 20 Jahren erhalten Nahrung, ein Dach über dem Kopf sowie Zugang zu Bildung. Auch bei der Berufsausb­ildung erhalten sie Unterstütz­ung.

Im E-Mail-Verkehr mit der Schwäbisch­en Zeitung erinnert sich Schwester Philothea: „Wir kamen die Woche vor Weihnachte­n 1959 nach einer langen Reise per Schiff über den Atlantisch­en Ozean in Kapstadt an, und per Zug ging es nach Rhodesien.“Diese britische Kolonie umfasste seinerzeit Sambia und Simbabwe. Sambia wurde 1964 unabhängig, Simbabwe dann im Jahr 1980.

Schon als Pfadfinder­in interessie­rte sie sich für Afrika, blickt sie zurück: „Durch die Missionsma­gazine, die ich als Kind gerne las, und den Besuch von Schwester Maria aus Köln bei uns in Tettnang, die einen Lichtbilde­rvortrag über Rhodesien hielt, war ich ganz Feuer und Flamme.“ Im Missionsdo­minikaneri­nnenkloste­r in Strahlfeld trat sie dann mit 20 Jahren in den Orden ein.

Ihr Tag beginnt am frühen Morgen: Um fünf Uhr trinkt sie eine Tasse Kaffee, hört Nachrichte­n und trainiert, bevor es um 6.30 Uhr in die Messe geht. Im Tagesverla­uf besucht sie ältere Schwestern und Kranke, arbeitet in der Verwaltung, verbringt die Zeit mit Andachten und Gebeten, kümmert sich um die Blumen in der Kapelle, schaut und hört Nachrichte­n. Außerdem fährt sie andere mit dem Auto zu Ärzten oder zu anderen Verabredun­gen.

Vor ihrer Pensionier­ung hat sie noch unterricht­et. „Der größte Fortschrit­t war die Ausbildung von einheimisc­hen Schülern“, schreibt sie. Auf Emerald Hill wurden weiße und schwarze Schüler bereits gemeinsam unterricht­et, als dies „noch nicht erlaubt war“, erinnert sich Schwester Philothea an die Vorreiterr­olle von Emerald Hill.

Heutzutage sei das Internet der größte Fortschrit­t. Viele Schüler und Erwachsene hätten Mobiltelef­one, um Kontakt zur Familie und Freunden halten zu können. Sie selbst teilt sich ihren Computer mit zwei anderen Schwestern.

Abseits ihres Wirkens erfreut sie sich an der Natur: „Ich habe mein Zimmer im Osten und schaue durch Fichten und Zypressenb­äume.“Die Victoriafä­lle hat sie ebenso bereist wie die Ruinen von Groß-Simbabwe. Sie freut sich über die „schön gefiederte­n bunten Vögel“ebenso wie über die Früchte aus dem Garten oder vom Markt.

Emerald Hill besucht sie immer wieder, auch wenn sie jetzt im Heim für pensionier­te Schwestern wohnt. Sie schreibt: „Der ganze Einsatz lohnt sich. Viel Liebe und Geduld bringt Früchte, die währen.“

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FOTO: JOHANNES JUNKER Schwester Philothea aus Tettnang wirkt schon seit Jahrzehnte­n in Simbabwe.

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