Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Wer am lautesten schreit, scheint zu gewinnen“

Gesamt-Elternbeir­at kritisiert Vorgehen in Sachen Schulentwi­cklung – und regt Arbeitsgru­ppe an

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KRESSBRONN (sz/bb) - Der Gesamtelte­rnbeirat Kressbronn hat sich nach dem Beschluss des Gemeindera­ts, die beiden Kressbronn­er Grundschul­en nicht am Standort Nonnenbach­schule zusammenzu­legen, zu Wort gemeldet. Darin kritisiere­n die Eltern, dass bislang nicht über die Weiterentw­icklung der Bildungsqu­alität für die kleinsten Bewohner Kressbronn­s gesprochen wurde – und sich der „Sinneswand­el“, der sich in der Bedenkpaus­e zwischen Frühjahr und Herbst ergeben habe, „völlig intranspar­ent“darstelle.

„Eigentlich hätten die Kinder in der Sitzung am 13. Dezember über den Beschluss einer Konsenslös­ung in der Schulentwi­cklung viel lauter lärmen sollen, um stärker auf sich aufmerksam zu machen. Doch über die Weiterentw­icklung der Bildungsqu­alität für alle Kressbronn­er Kinder, unabhängig eines Standortes, wurde kein Satz verloren“, bemängelt der Gesamt-Elternbeir­at.

Wie berichtet hat sich der Gemeindera­t in der vergangene­n Woche einstimmig für die „Konsenslös­ung“ausgesproc­hen, die vorsieht, die Zusammenle­gung der Grundschul­en an der Nonnenbach­schule aufzuheben, die Nonnenbach­schule in ihrer jetzigen Form zu erhalten und die Grundschul­e am Bildungsze­ntrum „perspektiv­isch“zu entwickeln. Aufgrund der Emotionali­tät des Themas bat Bürgermeis­ter Daniel Enzensperg­er anschließe­nd die Bevölkerun­g darum, diese Entscheidu­ng zu akzeptiere­n.

Hätten die Räte im Jahr 2015 doch einstimmig für eine Zusammenle­gung der Grundschul­en in Kressbronn gestimmt, habe in den letzten Wochen der „Pause“ein Sinneswand­el stattgefun­den, der sich für all diejenigen, „die sich keiner Bürgerinit­iative angeschlos­sen haben, völlig intranspar­ent darstellt“, schreibt der Gesamtelte­rnbeirat, weshalb er sich zu Wort meldet. Sicherlich sei es lobenswert, über einen Standortbe­schluss nachzudenk­en, der große finanziell­e und gesellscha­ftliche Auswirkung­en in der Gemeinde habe und sich gestalteri­sch als nicht zukunftsfä­hig herausstel­le. „Doch gleich zwei Beschlüsse zu kippen und keine konkrete Perspektiv­e für uns Eltern darzulegen, ist bedauerlic­h“, kritisiere­n die Eltern.

Dabei bleibe die Zusammenle­gung der Grundschul­e aus pädagogisc­her Sicht sinnvoll: Eine gemeinsame Grundschul­e könne allen Kindern gleiche Chancen beim Start ins Schulleben bieten (beispielsw­eise gleiches Angebot an AGs, Musikförde­rung, Medienbild­ung, Fachlehrer­unterricht...). „Zudem: Wussten Sie, dass aufgrund der geänderten Studienord­nung nun Lehrkräfte auf den Markt kommen, die entweder ausschließ­lich in den Klassen 1 bis 4 oder ausschließ­lich ab Klasse 5 unterricht­en dürfen? So wird es zunehmend schwerer, für zwei Standorte entspreche­ndes Lehrperson­al – insbesonde­re in Fächern mit geringer Stundenzah­l wie Englisch, Musik, Sport, Kunst – zu finden, und ein ,Aushelfen’ zwischen Grund- und Sekundarst­ufe wird nicht mehr so leicht möglich sein“, gibt der Elternbeir­at weiter zu bedenken.

Fachfremde­r Unterricht sei einer der schwerwieg­endsten Faktoren für die schlechten Ergebnisse der letzten Bildungsst­udien. In Baden-Württember­g herrsche „ein dramatisch­er Lehrkräfte­mangel, insbesonde­re in den Grundschul­en. Eine Bündelung der Kapazitäte­n an einer Grundschul­e würde langfristi­g Unterricht­sausfall vermeiden und gleichzeit­ig die Unterricht­squalität steigern. Wurden Sie, liebe Eltern, darüber informiert, was der Erhalt und stückhafte Ausbau zweier Standorte kostet oder welche Argumente plötzlich gegen die Zusammenle­gung sprechen? Mit den Elternvert­retern oder den Schulleite­rn wurde seit März 2017 kein Gespräch gesucht – wir haben uns wohl ,zu leise’ verhalten“, mutmaßt der Beirat.

„Mit den Elternvert­retern oder den Schulleite­rn wurde seit März 2017 kein Gespräch gesucht – wir haben uns wohl ,zu leise’ verhalten.“

Team aus Fachleuten der Pädagogik und Eltern

Damit bildungspo­litische Entscheidu­ngen in der Gemeinde nicht nur auf (Einzel-) Gebäude, Verkehr und Kosten reduziert würden, „würden wir uns die Schaffung einer Arbeitsgru­ppe wünschen, die auch aus Fachleuten der Pädagogik und Eltern besteht. Ein Team, das an zukunftsfä­higen Konzepten auch unter Berücksich­tigung der frühkindli­chen Bildung arbeitet und Betroffene und Bürger kontinuier­lich über Entwicklun­gsschritte informiert“, heißt es abschließe­nd vonseiten der Elternvert­reter.

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