Schwäbische Zeitung (Tettnang)
DRK soll Flüchtlinge nicht mehr betreuen
Stadt und Kreis trennen sich von Hilfsorganisation – Kreis benennt Differenzen
FRIEDRICHSHAFEN (ras) - Der Landkreis und die Stadt Friedrichshafen beenden die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Roten Kreuz bei der Flüchtlingsbetreuung. Das DRK hofft auf weitere Gespräche zum Thema, die der Landrat aber angeblich strikt ablehnt. Als Grund werden unterschiedliche Auffassungen über die Aufgaben angegeben.
Das Deutsche Rote Kreuz sowie die Johanniter Unfallhilfe und die Diakonie haben im Auftrag des Landkreises die Betreuung von Flüchtlingen übernommen.
Landrat Lothar Wölfle hat in der Kreistagssitzung am Mittwoch nicht-öffentlich die Frage eines Kreistagsmitgliedes beantwortet, warum die Verträge mit dem DRK zum Frühjahr beendet worden seien. Wölfle habe Differenzen in der Aufgabenverteilung genannt. Hintergrund sei, dass das DRK vom Landkreis gebeten worden sei, Daten über Fragebögen zu erheben oder Vaterschaftsbestimmungen vorzunehmen. Das DRK aber habe darauf verwiesen, dass es sich dabei um hoheitliche, weil datenschutzrelevante, Aufgaben handele, die das Rote Kreuz gar nicht übernehmen dürfe.
Johanniter Unfallhilfe und Diakonie, mit denen der Landkreis ebenfalls Verträge über die Flüchtlingsbetreuung unterhält, würden diese Aufgaben jedoch wahrnehmen, ist im Landratsamt zwischen den Türen zu hören. Offiziell gibt es dazu lediglich die Aussage von Kreissprecher Robert Schwarz, der mehrere Gespräche erwähnt, in denen man keine Lösung für vorhandene Probleme in der Aufgabenbearbeitung gefunden habe. Außerdem seien die Verträge 2018 ohnehin ausgelaufen, nach Auffassung des Bodenseekreises im Juni, nach Auffassung des DRK Ende des Jahres 2018.
Der Geschäftsführer des DRKKreisverbandes, Jörg Kuon, äußert sich gar nicht mehr am Telefon zu diesem Thema, er teilt via E-Mail mit: „Wir haben die schriftliche Kündigung am vergangenen Montag erhalten. Daraus ergibt sich Gesprächsbedarf, den wir zu Beginn des nächsten Jahres mit dem Landkreis führen werden. Im Übrigen geben wir mit Rücksicht auf unsere Mitarbeiter derzeit keine weitere Stellungnahme ab. Dafür bitten wir um Verständnis.“
Gespräche wollen auch andere DRK-Verantwortliche führen, jetzt aber wolle man zunächst in Ruhe über die Vorgehensweise nachdenken, heißt es. Auch DRK-Ehrenpräsident Wolfgang Sigg strebt ein Gespräch mit dem Landrat an, will aber zu Inhalt und Motivation nichts sagen, weil das zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch viel zu früh sei. In der Sitzung des Kreistags soll Lothar Wölfle jedoch weitere Gespräche zu diesem Thema strikt abgelehnt haben. Eine Stellungnahme des Bodenseekreises gibt es dazu keine.
Neue Konzepte vorzubereiten
Robert Schwarz kündigt in diesem Zusammenhang aber heute schon an, dass der Landkreis neue Konzepte für die Flüchtlingsbetreuung vorbereite. Die Zahlen seien deutlich zurückgegangen und im Laufe des kommenden Jahres müsse daher die Flüchtlingsarbeit generell überarbeitet werden, auch was die Zusammenarbeit mit den Johannitern und der Diakonie angehe. Das Argument, das Personal von DRK, Johannitern und Diakonie werde für die Anschlussunterbringung der Flüchtlinge gebraucht, kann Schwarz nachvollziehen, sagt aber, dass dafür die Kommunen im Kreis zuständig seien.
Eine solche Kommune ist die Stadt Friedrichshafen. Auch sie hat einen Vertrag mit dem DRK über die Flüchtlingsbetreuung. Der wird jedoch nicht, wie Mitglieder des Kreistags sagen, gekündigt, sondern nach Angaben einer Sprecherin der Stadt „nicht verlängert“. Er läuft zum 31. Dezember aus. „Wir beabsichtigen, die Landesprogramme in Anspruch zu nehmen“, schreibt die Stadt dazu. Genannt wird das Programm „Integrationsmanagement“, das im sogenannten Pakt für Integration vom Ministerium für Soziales und Integration am 11. Dezember aufgelegt worden ist.
Die Landesmittel, die weder für die Stadt noch für den Kreis für die bestehenden Verträge mit DRK, Diakonie und Johannitern fließen würden, sind beim Pakt für Integration für Kommunen und Landkreise gedacht, die ein eigenes Integrationsmanagement einrichten. Wie das genau aussehen wird, das konnte am Donnerstag weder in der Stadtverwaltung noch beim Landkreis jemand definieren.